Leserbrief

Handelt das Heidenheimer Ordnungsamt verhältnismäßig?

Leserbrief zu Jugendschutzkontrollen der Heidenheimer Bußgeldstelle:

Ich stelle kein Gesetz infrage, auch nicht die Existenz eines Ordnungsamtes. Das alles muss es geben, damit unser gesellschaftliches Leben so ungestört wie möglich funktioniert. Ich habe nur Fragen in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit von Bußgeldern. Dazu ein Fallbeispiel aus meinem Bekanntenkreis: Eine junge Verkäuferin hat fünf Stunden Kasse hinter sich. Fünf Stunden ein zugiger Arbeitsplatz, ungeduldige Kunden, Rufe, der Leergutautomat geht nicht, Sprachprobleme mit Kunden, Menschen, die die Taschenkontrolle verweigern, einen beschimpfen, Personalmangel, in Zeiten, wenn der Laden mal leerer ist, schnell Ware einräumen. Und das jeden Tag. Dafür gibt es keine Prämie, dafür gibt es etwas mehr als den Mindestlohn.

Wir sollten alle höchsten Respekt vor diesen Menschen haben, die es uns ermöglichen, jeden Tag in einem eingeräumten und ordentlichen Supermarkt einkaufen zu können. Und jetzt kommt eine Testperson, und in all dem Stress unterläuft ein Fehler. Vor allen Kunden – wie entwürdigend – steht diese Verkäuferin jetzt am Pranger: Sie hat gegen das Jugendschutzgesetz verstoßen. Es hilft kein Entschuldigen, keine Beschreibung der Lage, der Bußgeldbescheid ist in kürzester Zeit da. 328,50 Euro Bußgeld sind fällig. Wie viel verdienen denn Verkäuferinnen? Meist arbeiten sie in Teilzeit, weil so ein größerer Pool an Arbeitskräften vorhanden ist. Vollzeitstellen werden eher selten vergeben.

Bei 1200 Euro netto mal schlappe 328,50 Euro Strafe? Liebes Ordnungsamt, wo ist da das Verhältnis? Was bringt in diesem Fall dieses völlig überzogene Bußgeld? Eines ist sicher: Der Beruf im Einzelhandel wird dadurch nicht attraktiver. Und wer ist dieser Testkäufer? Sind das wirklich minderjährige Jugendliche? Werden die für diese Arbeit bezahlt? Ich habe da so meine Fragen. Ich denke, dass man das Verkaufspersonal auch auf anderen Wegen für die Einhaltung des Jugendschutzes sensibilisieren kann. Mit noch mehr Druck verlieren wir nur noch mehr wertvolle Fachkräfte, die täglich ihr Bestes geben. Das Gleiche gilt für die Gastronomie, wo oft unter sehr stressbehafteten Umständen gearbeitet wird. Oft lässt sich gar nicht so viel an den Umständen ändern, denn Krankheitsausfälle, eigene persönliche Probleme, und die fehlende Wertschätzung sind nur ein paar Denkanstöße. Und bitte das nächste Mal an der Supermarktkasse freundlich zum Personal sein. Es hat es verdient.
Regine Gädeke, Heidenheim