Bestattungskultur im Wandel

Warum Heidenheim einen Spielplatz auf dem Waldfriedhof plant

Über die Jahre hinweg hat sich die Bestattungskultur verändert. Wie Heidenheim mit seinem Friedhofskonzept darauf reagiert und welche Rolle ein Kinderspielplatz dabei spielt.

Wie das Leben verändert sich auch der Tod. Zumindest was die Bestattungskultur betrifft, und die hat in den vergangenen Jahrzehnten einen erheblichen Wandel erfahren, der gesellschaftlich bedingt ist. Die Tatsache, dass immer weniger Menschen bereit sind, über Jahre hinweg Gräber zu pflegen, hat dazu geführt, dass heute deutlich mehr Urnen- als Erdbestattungen stattfinden. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Friedhöfe, da hier erheblich weniger Platz benötigt wird, weil viele Flächen, die früher für Erdgräber vorgesehen waren, keine Verwendung mehr haben.

All diese Entwicklungen spiegeln sich im Friedhofsentwicklungskonzept wider, das dem Gemeinderat in dessen jüngster Sitzung vorgestellt wurde. Wie Tanja Weiss, Geschäftsbereichsleiterin für Friedhofswesen und Betriebsverwaltung, dem Gremium erläuterte, ist im vergangenen Jahr der Anteil der Urnenbestattungen erneut gestiegen und macht inzwischen 84 Prozent der Bestattungen aus. Die Nachfrage nach sogenannten pflegefreien Grabstätten sei enorm gestiegen. Dazu gehören Baumgräber, Urnengemeinschaftsgräber, gärtnergepflegte Grabanlagen, Rasengräber, Kolumbarien, Hang-Urnennischen und anonyme Gräber.

Baumgräber sind besonders gefragt

Ganz besonders gefragt seien inzwischen Baumgräber, „deshalb wollen wir diese Bestattungsart künftig nicht nur auf dem Waldfriedhof, sondern auch auf anderen Friedhöfen anbieten“, so Weiss. Ein Grund dafür sei auch, dass es inzwischen schon eine Konkurrenz bei den Bestattungen gibt: „Zwölf Prozent der Menschen, die in Heidenheim sterben, werden nicht auf Heidenheimer Friedhöfen, sondern beispielsweise im Friedwald bestattet.“

Insgesamt gibt es im Stadtgebiet sieben Friedhöfe, auf denen sich 16.610 Grabstätten befinden. Durch den enormen Rückgang an Erdgräbern gibt es viele freie Flächen, die künftig anderweitig genutzt werden könnten. „Wir erleben eine Weiterentwicklung der Friedhofskultur und müssen dem auch gerecht werden“, sagte die Geschäftsbereichsleiterin. Deshalb sind in den kommenden Jahren zahlreiche Veränderungen auf den städtischen Friedhöfen vorgesehen.

Ein Kinderspielplatz auf dem Waldfriedhof

Die gravierendsten und auch außergewöhnlichsten sieht das Konzept für den Waldfriedhof vor. Hier kann sich die Stadtverwaltung beispielsweise auch einen Kinderspielplatz vorstellen. „Ich weiß, dass das ein gewagtes Thema ist, aber es gibt schon Vorreiter“, so Weiss. „Ein Spielplatz könnte sowohl für Friedhofsbesucher als auch für Anwohner eine beliebte Anlaufstelle sein.“ Auch eine Art Begegnungsstätte, in der sich Menschen treffen und Kaffee trinken können, sieht das Konzept vor. Im östlichen Bereich des Waldfriedhofs soll aufgeforstet und zudem der Eingangsbereich neugestaltet werden. Denkbar ist auch ein Lapidarium, in dem besondere Grabsteine ausgestellt sind. „Es geht darum, Friedhöfe auch erlebbar zu machen, beispielsweise durch Stadtführungen“, sagte Weiss. Außerdem soll das muslimische Gräberfeld vergrößert werden.

Veränderungen auf allen Friedhöfen

Auch für den Totenbergfriedhof sind Veränderungen vorgesehen. Hier plant die Verwaltung, einen Bestattungshain einzurichten, mit Freiflächen zum Verweilen. Für den Friedhof in Mergelstetten ist eine Sanierung der Wege vorgesehen, außerdem sollen entlang des Hauptweges Bäume gepflanzt werden. Neben einer Erweiterung der Parkflächen an der Bolheimer Straße ist auch der Bau von Hang-Urnennischen in der Konzeption enthalten.

In Schnaitheim sollen zwei Grabfelder, die nicht mehr benötigt werden, in einen Bestattungshain umgewandelt werden. Auch auf dem Friedhof in Oggenhausen sind Baumpflanzungen für künftige Baumbestattungen geplant. Gleiches gilt für Großkuchen und auf dem Friedhof in Kleinkuchen kann sich die Stadtverwaltung vorstellen, die Lücke zwischen bestehenden Parkflächen zu schließen.

Bei den Stadträtinnen und Stadträten stieß das Konzept, das in den kommenden zehn Jahren stückweise umgesetzt werden soll, auf volle Zustimmung. Elisabeth Kömm-Häfner (Grüne) bezeichnete die Idee, auf dem Waldfriedhof einen Spielplatz zu schaffen, als „wichtig und toll“. Auch der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Ralf Willuth, lobte die Idee: „Wir brauchen Belebung auf den Friedhöfen, nur so können wir den Verstorbenen einen Platz unter den Lebenden geben.“ Auch hält er eine Begegnungsstätte auf dem Waldfriedhof für wichtig. Diese Idee befürwortet auch die Vorsitzende der SPD/Linke-Fraktion, Tanja Weiße. Auch sie würde einen Spielplatz und ein Café auf dem Waldfriedhof „toll“ finden. Gut sei auch, dass bei dem Konzept Veränderungen auf allen Friedhöfen vorgesehen sind. Als „innovativ und modern“ bezeichnete Ulrike Monz (Freie Wähler) die Planungen und Dr. Waltraud Bretzger begrüßte das große und vielfältige Angebot an Bestattungsmöglichkeiten.

16.610 Grabstätten

Auf den Heidenheimer Friedhöfen gibt es 16.610 Grabstellen. 46 Prozent davon sind freie Grabstellen mit Pflegeaufwand, 28 Prozent sind mit Pflegeaufwand, aber belegt. 21 Prozent der Grabstellen sind pflegefrei und belegt, nur vier Prozent sind ohne Pflegeaufwand und noch frei.

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