Um das Heidenheimer Klinikum finanziell abzusichern, hat der Kreistag am Mittwoch beschlossen, einen außerplanmäßigen Betrag von rund 11,8 Millionen Euro in die Kapitalrücklage des Krankenhauses einzuzahlen. Dieser Schritt war notwendig geworden, nachdem das zu erwartende Defizit der kommunalen Klinik von zunächst erwarteten 4,7 Millionen Euro auf 10,9 Millionen Euro angewachsen ist. Laut Kreiskämmerer Jürgen Eisele ist es auch durchaus möglich, dass sich das negative Ergebnis bis zum Jahresende noch erhöht.
Der Landkreis hatte im Jahr 2023 15 Millionen Euro für ein Trägerdarlehen ans Klinikum eingeplant. Dieses Geld musste nicht ausgegeben werden, weil Finanzierungsmittel vom Land für den Bauabschnitt 3A der Kliniksanierung bewilligt wurden, und kann jetzt für die außerplanmäßige Zahlung in die Klinikrücklage verwendet werden. Landrat Peter Polta stellte aber auch klar: „Damit ist Geld weg, das wir an anderen Stellen sinnvoll hätten investieren können.“
Düstere Prognose für die nächsten Jahre
Die finanzielle Lage des Klinikums ist nicht nur in diesem Jahr prekär: Das Defizit ist seit dem Jahr 2021 (-1,6 Millionen Euro) jedes Jahr größer geworden, und die Prognose für die nächsten Jahre sieht nicht besser aus: 2025 wird mit einem Zuschussbedarf von 10,7 Millionen Euro gerechnet, 2026 sollen es fast 12 Millionen Euro sein, 2027 dann rund 14 Millionen Euro. Für den Landkreis als Träger wird es immer schwieriger, das Defizit auszugleichen, weil das Geld dann für andere wichtige Aufgaben fehlt. Ärgerlich daran aus kommunaler Sicht: Das Klinikum ist nicht deshalb in einer schlechten finanziellen Situation, weil dort schlecht gearbeitet wird, sondern weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen: Weder das Land, das für die baulichen Investitionen verantwortlich ist, noch der Bund, der die Betriebskosten bezahlen müsste, kommen ihren Aufgaben in ausreichendem Maß nach.
Es werden also Einschnitte kommen müssen, die Frage ist nur an welcher Stelle. Antworten darauf soll eine Strategie zur Ausrichtung der Klinik bis zum Jahr 2030 geben. Der Kreistag hat die Klinikleitung beauftragt, diese zu erarbeiten. Im Mai 2025 soll dazu ein Zwischenbericht vorgelegt werden, im Juli 2025 erhofft man sich, dass der Kreistag die Umsetzung beschließen kann.
Was steht zur Disposition?
Das Klinikum Heidenheim habe mit 570 Betten eine respektable Größe, gleichzeitig habe man mit 15 Fachrichtungen aber auch kleinere Strukturen und sei sehr diversifiziert, beschrieb Klinikgeschäftsführer Dr. Dennis Göbel sein Haus. Die wesentlichen Fragen aus seiner Sicht sind: Was sind die Kernbestandteile der Klinik? Was benötigt man dringend? Was steht zur Disposition? Ein großes Problem im Planungsprozess stelle die anstehende Klinikreform dar, die nun zur ersten Lesung im Bundestag war und bis Jahresende verabschiedet werden soll. Aber selbst wenn diese zum 1. Januar 2025 in Kraft tritt und dann die Rahmenbedingungen klarer sind, werde es laut Gesundheitsminister Karl Lauterbach zehn Jahre dauern, bis die Reformen greifen.
Die Klinikstrategie soll zudem eingebettet werden in ein Gesundheitsversorgungskonzept für den Landkreis mit dem Zeithorizont 2035. Dabei soll die gesamte Situation im Klinikum, bei den niedergelassenen Ärzten und bezüglich ambulanter Strukturen betrachtet werden.
Beim langen Zeithorizont, den die bundesweite Klinikreform hat, setzte Bernhard Ilg, Vorsitzender der CDU-/FDP-Fraktion, an: „Das können wir nicht aussitzen“, kommentierte der frühere Heidenheimer Oberbürgermeister. Er verstehe den Strategieprozess als Hilfeschrei, machte aber auch deutlich: „Es wird nicht ohne Blessuren und Einschnitte gehen.“ Auch Dieter Henle, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler und Oberbürgermeister von Giengen, stellte fest: „So kann es finanziell nicht weitergehen.“ Seine Fraktion hätte sich den Strategieprozess schon früher gewünscht. Er äußerte den Wunsch, auch den ländlichen Raum bei Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) zu berücksichtigen und nicht alles in Heidenheim zu konzentrieren. Landratsabgeordneter und Kreisrat Andreas Stoch (SPD) bemerkte, dass ein Blick auf die Gesundheitsstruktur insgesamt notwendig sei. „Wir müssen wahrnehmen, dass sich sehr viel verändert hat“, so Stoch. Kreisrat Martin Grath (Grüne), der bis vor kurzem auch Mitglied des Landtags war, sieht die Schuld für die Krankenhausmisere vor allem beim Bund, der die Betriebskosten nicht ausreichend finanziere. „Das treibt die Kliniken in die Misere“, so Grath.
Beratung im Strategieprozess
Um über die Zukunft des Klinikums zu entscheiden, hat sich der Landkreis auch externe Beratung geholt: „In die Vorüberlegungen zum Strategieprozess des Klinikums und der Gesundheitsstrategie für den Landkreis allgemein waren sowohl die Kanzlei Menold Bezler als auch der Gesundheitsökonom Rainer Schommer involviert“, teilt die Pressestelle des Landratsamts auf Anfrage mit. Auch bei der Erstellung der Klinikstrategie könnte ein Beratungsunternehmen mitreden: „Wir sind dabei, den Prozess zu strukturieren. Es wird sich dann noch zeigen, wer dabei unterstützt“, so Pressesprecher Tobias Mayer.