Die Weltlage lädt momentan nicht wirklich zum Lachen ein. Heike Böck und ihre Mitstreiter lachen trotzdem. Sie lachen, auch wenn es eigentlich nichts zu lachen gibt. Grundlos. Wobei, das stimmt nicht ganz. Der Grund ist: Lachen ist gesund. Aber kann man sich zu guter Laune zwingen? Ein Selbstversuch bei einem Lach-Erlebnistag im Albertinum in Neu-Ulm, geleitet von Lach- und Resilienztrainerin Heike Böck aus Heidenheim und Lachyoga-Lehrerin Laura Hornung aus Pfuhl.
Power Posing in Neu-Ulm: gute Laune und Selbstvertrauen stärken
Zu Beginn soll sich jeder selbst fragen, wie er sich heute fühlt – auf einer Skala von null bis zehn. Laut sagen muss man die Zahl nicht. Ich fühle mich wie eine vier. Auch weil ich nicht so recht weiß, was auf mich zukommt. Ich bin nicht der Typ, der zum Lachen in den Keller geht, aber als die ersten Übungen losgehen, kommt die Erkenntnis sehr schnell: Ich bin gehemmter, als ich dachte. Um nicht zu sagen, verklemmt. Grundlos die Arme wie beim Torjubel hochzureißen und laut „Yeah“ auszurufen, ist gar nicht so einfach, wenn kein Tor geschossen wurde oder man nicht auf einem Konzert einer Band zujubelt. Bei den ersten Versuchen gehen die Fäuste zwar leicht in die Höhe, aber eher auf halbmast. Die Arme bleiben angewinkelt. Ein Angela-Merkel-Jubel.
Aber: nicht mitmachen, gilt nicht. Denn: „Wir wollen beim Lachyoga keine Zuschauer. Wir sind keine Clowns“, erklärt Heike Böck. Also klatschen sich sechs Frauen mit lautem „Hahaha“, „Hehehe“ und „Hihihi“ gegenseitig ab, blicken sich in die Augen, zeigen „Daumen hoch“ und rufen „sehr gut, sehr gut, yeah!“ Power Posing nennt man das und es soll das Selbstvertrauen stärken. Mal wird getänzelt, mal gewatschelt wie ein Pinguin, mal die Rücken aneinander geschrubbt, wie die Bären am Baum. Man tippt sich gegenseitig auf die Stirn, klatscht sich lachend auf die Schenkel und springt in die Luft. Ja, es ist albern, es sieht sicher albern aus und fühlt sich auch so an. Aber es ist auch lustig. Und so kommt das Lachen ganz von allein.

„Jeder kann lachen, man muss es nur wollen und tun“, sagt Heike Böck. „Lachen ist eine Entscheidung.“ Der Clou dabei: Der Körper kann nicht unterscheiden, ob man echt lacht oder ob das Lachen inszeniert ist. Biochemisch passiere genau dasselbe, das sei wissenschaftlich belegt. „Beim Lachyoga ist der positive Effekt sogar intensiver, weil wir länger lachen als etwa über einen Witz.“ Schon das Anheben der Mundwinkel zu einem Lächeln soll die Stimmung heben, weil dabei ein Nerv aktiviert wird, der Impulse zur Ausschüttung von Glückshormonen überträgt, lasse ich mir sagen. „Und kleine Kinder lachen auch ohne Grund“, sagt Heike Böck. „Nicht, weil sie irgendetwas lustig finden, sondern aus Bewegung und Lebensfreude heraus.“ Kinder lachen übrigens bis zu 400 Mal am Tag, Erwachsene im Schnitt nur 15 Mal.
Um das zu optimieren, entwickelte der indische Arzt Dr. Madan Kataria vor 30 Jahren Lachyoga. Er hatte sich wissenschaftlich damit befasst, wie gesund Lachen ist, und wollte das auch praktisch beweisen. Dazu traf er sich mit fünf Leuten in einem Park zum gemeinsamen Lachen. Die dabei entwickelten Übungen erfreuten sich so großer Beliebtheit, dass Lachyoga schnell im ganzen Land und dann in der ganzen Welt bekannt wurde. Mittlerweile gibt es Lachclubs in mehr als 100 Ländern.
Auch Lach-Spaziergänge im Heidenheimer Brenzpark
Heike Böck hat die Methode 2016 für sich entdeckt. „Mir ging es gesundheitlich nicht so gut. Ich hatte Schlafstörungen und war laufend erkältet“, erzählt sie. Eine Freundin habe ihr den Tipp gegeben. „Und ich fand es faszinierend.“ Sie hat sich zur Lachtrainerin ausbilden lassen, gibt seitdem Workshops in der Region, veranstaltet im Sommer Lach-Spaziergänge im Brenzpark oder bietet Online-Lach-Meetings (Termine findet man auf heidenheimlacht.de) an. Ihre gesundheitlichen Beschwerden sind mittlerweile längst passé und sie ist überzeugt, dass das viel mit dem Lachen zu tun hat. „Es ist gut für Geist, Seele und Körper“, erklärt sie. „Wir kommen dabei in die Tiefenatmung und der gesamte Körper profitiert von der höheren Sauerstoffzufuhr.“ Es helfe bei der Stressreduktion und wirke sich positiv auf die Rumpfmuskulatur aus. „Lachyoga ist ein Stimmungsaufheller und regelmäßig ausgeführt eine echte Gesundheitsvorsorge. Außerdem verbindet es Menschen miteinander.“
Gut für Körper, Geist und Seele
Lachyoga-Lehrerin Laura Hornung aus Pfuhl ist überzeugt, dass sich durch das regelmäßige Lachen ihr Rheuma verbessert hat. „Es hat nachgewiesenermaßen eine entzündungshemmende Wirkung, aber dafür muss man schon sehr viel lachen“, sagt sie. 15 Minuten täglich und bestenfalls am Stück sollten es dafür schon mindestens sein. Aber wie schafft man das? Heike Böck hat das Lachen in ihren Alltag integriert. Im Auto lacht sie zur Musik oder an roten Ampeln. Der Vorteil im Auto: Es sieht aus, als würde man telefonieren. Böck hat gemerkt, dass längeres Lachen einen Perspektivwechsel bringen kann und der Fokus danach nicht mehr so sehr auf dem liegt, was schlecht läuft. „Der Grund dafür ist, dass wir nicht gleichzeitig lachen und denken können. Das Gehirn wird ausgeschaltet beim Lachen. Und das kann sogar beim Ausstieg aus negativen Gedankenspiralen helfen.“

Dem stimmt Anette Schwämmle uneingeschränkt zu. Sie ist beim Lach-Erlebnistag dabei und praktiziert die Methode schon länger. „Auch in schwierigen Lebensphasen habe ich dadurch ein positiveres Grundgefühl“, sagt die Dozentin an der evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik in Herbrechtingen. „Nach einer Lach-Einheit fühle ich mich beschwingt und bin danach innerlich froher gestimmt.“ Zu Beginn sei es ihr auch schwergefallen, künstlich zu lachen. „Ich habe aber gemerkt, dass man sich einfach bewusst dafür entscheiden muss.“ Mittlerweile sei sie fast süchtig nach den Glückshormonen, die dabei ausgeschüttet werden.
Auf manche Menschen wirkt Lachyoga dennoch befremdlich. „Manche finden es einfach unangebracht, grundlos zu lachen“, berichtet Heike Böck aus eigener Erfahrung. Natürlich komme es vor, dass man gefragt wird, was man eingenommen hat. „Aber damit kann ich leben. Meist fehlt schlichtweg der Humor.“ Den braucht es laut Böck fürs Lachyoga übrigens nicht. „Im Laufe der Zeit wird man dadurch aber humorvoller.“
Humorvoller vielleicht, jedenfalls wird man schon nach kurzer Zeit lockerer. Ich reiße die Arme nach oben, lache über mich, die ganze leicht absurde Situation und stelle fest: Auf einer Skala von null bis zehn fühle ich mich nach 45 Minuten Lachyoga wie eine glatte acht. Also eine Verdopplung. Und es geht nicht nur mir so. „Ich war so angespannt, als ich hergekommen bin“, sagt eine Teilnehmerin, die auch zum ersten Mal dabei war. „Jetzt könnte ich mich hinlegen. Mein Kopf fühlt sich irgendwie fluffig an.“ Das kann ich nur unterschreiben. Gelöst steige ich ins Auto und ich nehme mir vor, in Zukunft öfter mal zu lachen. Einfach so. Auch ohne Grund.