Differenzen an der Rathausspitze

Was hat es mit der zweiten Referentenstelle des Heidenheimer OB Salomo auf sich?

Im Heidenheimer Rathaus scheint Unruhe zu herrschen: Zwischen Oberbürgermeister Michael Salomo und Bürgermeisterin Simone Maiwald gibt es Differenzen. Eine neu geschaffene persönliche Referentenstelle wirft dabei Fragen auf. Die Einzelheiten:

Seit dem 1. Januar hat Heidenheims Oberbürgermeister Michael Salomo zwei persönliche Referenten. Der Besetzung der zweiten, neu geschaffenen Stelle, hatte der Gemeinderat in seiner letzten Sitzung des vergangenen Jahres zugestimmt. In der Vergangenheit gab es nur einen persönlichen Referenten für den Oberbürgermeister, das war schon zu Zeiten Bernhard Ilgs so, dem Amtsvorgänger Salomos.

Dass es nun eine zweite Referentenstelle gibt, die mit einer Frau besetzt wurde, wirft Fragen auf, auch was die Aufgaben der beiden direkt dem OB unterstellten Rathaus-Mitarbeiter betrifft. Wie auf HZ-Anfrage von Seiten der Stadtverwaltung mitgeteilt wird, habe man die zweite Stelle auf Grundlage eines Gutachtens für die zentrale Steuerung geschaffen, das im Zuge einer Organisationsberatung erstellt worden war. Aus diesem Gutachten aus dem Mai 2024 sei hervorgegangen, dass der Oberbürgermeister gesamtverantwortlich für die Verwaltung ist. „Deswegen ist es üblich, dass zur Projektsteuerung Spiegelreferenten eingesetzt werden“, heißt es in der städtischen Stellungnahme.

Referentin ist dem OB unterstellt

Seit Januar ist der bisherige OB-Referent für Steuerung und Koordination im Dezernat I zuständig, seiner neuen Kollegin ist der gleiche Aufgabenbereich fürs Dezernat II zugeteilt. Das Dezernat I untersteht OB Salomo, fürs Dezernat II ist Bürgermeisterin Simone Maiwald zuständig. Die neue Referentin ist jedoch nicht ihr, sondern dem Oberbürgermeister unterstellt.

Den beiden Dezernaten im Rathaus sind jeweils mehrere Fachbereiche zugeordnet, die wiederum eigene Leiter haben. Zu Salomos Dezernat I gehören die Fachbereiche Finanzen und Controlling, Zentrale Dienste, Stadtentwicklung Umwelt und Vermessung und der Fachbereich Bauen. Maiwalds Dezernat II gehören die Fachbereiche Bürgerservice, Kultur, Familie, Bildung und Sport sowie die Städtischen Betriebe an. Wäre es da nicht logischer, wenn auch der Bürgermeisterin eine persönliche Referentenstelle zugeteilt wäre, die für Steuerung und Koordination der Fachbereiche zuständig ist? „Da laut Gemeindeordnung . . . der gesetzliche Vertreter der Stadtverwaltung nach außen der Oberbürgermeister ist, ist es üblich, dass die Spiegelreferenten direkt dort angesiedelt sind, da das Stadtoberhaupt auch die Gesamtverantwortung trägt“, heißt es dazu von der Pressestelle der Stadt.

Kommunikation ist stark eingeschränkt: nur noch persönliche Gespräche

Der genaue Aufgabenbereich der beiden persönlichen OB-Referenten erschließt sich nicht auf den ersten Blick: „Da die politische Planung und Stabsstellenleitung jetzt direkt vom Oberbürgermeister . . . erarbeitet werden, wird die Dokumentation und das Controlling durch die Spiegelreferenten übernommen“, so die offizielle Auskunft. Im Klartext könnte das bedeuten, dass die Referenten Salomo aus den unterschiedlichen Fachbereichen beider Dezernate berichten und diese auch überwachen. Das jedenfalls ist nicht unwahrscheinlich. Denn der Oberbürgermeister hat die bisher einmal wöchentlich abgehaltenen Besprechungen, an denen alle Fachbereichsleiter teilgenommen haben, dauerhaft abgesagt.

Anstelle dieser Konferenzen führt Salomo dem Vernehmen nach nur noch persönliche Gespräche mit den Leitern der einzelnen Fachbereiche. Das wiederum hat zwangsweise den Effekt, dass die Kommunikation der Fachbereiche untereinander stark eingeschränkt ist, was das tägliche Miteinander und Abstimmungen untereinander erschwert. Aus rathausinternen Kreisen wird das auch bestätigt.

Und was bedeutet das für die Zusammenarbeit innerhalb des Dezernats II von Simone Maiwald und für die dezernatsübergreifende Arbeit? Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass sich Salomo und die Bürgermeisterin in persönlicher und fachlicher Hinsicht nicht unbedingt ergänzen. Vielmehr ist von großen Differenzen zu hören, die beiden sollen sich schon mehrfach überworfen haben, was auch teils in öffentlichen Gemeinderatssitzungen zutage tritt. Gut informierten Quellen zufolge hat sich der Gemeinderat auch bereits mehrfach nichtöffentlich mit diesem Zerwürfnis auseinandergesetzt und versucht, gangbare Lösungen zu finden – bisher wohl erfolglos.

Die jüngste Eskalation des Konflikts: Maiwald wurde aus dem Ältestenrat ausgeladen. Diesem Gremium gehören die Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats der OB und die Bürgermeisterin an. Rathaus-Insider reden von einer schrittweisen Unterhöhlung des Dezernats. Auf die Frage, ob sich durch die neue Referentin fürs Dezernat II etwas an den Aufgaben der Bürgermeisterin geändert hat, gibt es von der Pressestelle eine lapidare Antwort: „Die Aufgaben des Oberbürgermeisters und der Bürgermeisterin sind gesetzlich definiert.“

"Spiegelreferenten" gibt es in Ministerien

Sogenannte Spiegelreferenten, wie es sie jetzt im Heidenheimer Rathaus gibt, sind für größere Verwaltungseinheiten nicht ungewöhnlich. So verfügen etwa zahlreiche Ministerien auf landes- und Bundesebene über Spiegelreferate, um einzelne Bereiche zu koordinieren. Für eine Stadt der Größenordnung Heidenheims jedoch ist das eher die Ausnahme.

„Die Praxis, Spiegelreferenten einzusetzen, wird in vielen Kommunen erfolgreich angewandt. Städte wie Freiburg und Mönchengladbach zeigen, wie diese Aufteilung in der Verwaltungsstruktur effizient umgesetzt werden kann“, so die Auskunft der städtischen Pressestelle. Zum Vergleich: Freiburg hat etwa 238.000 Einwohner, Mönchengladbach knapp 270.000 – in Heidenheim leben etwas mehr als 50.000 Menschen.

Also scheinen Spiegelreferenten in einer Verwaltung der Größe Heidenheims nicht alltäglich zu sein, weil hier die Kommunikation eigentlich auch ohne diese Positionen funktionieren müsste. Doch gerade mit der Kommunikation scheint es im Heidenheimer Rathaus nicht zum Besten bestellt zu sein.

Hinter vorgehaltener Hand heißt es bei den Beschäftigten, dass die genannten Stellen geschaffen wurden, um das Dezernat II zu „bespitzeln“ und besser kontrollieren zu können, eventuell sogar, um Informationen zu sammeln, die gegen die Bürgermeisterin und manche Fachbereichsleiter verwendet werden können. Aber all dies sind nur Gerüchte.

Schlechtes Arbeitsklima im Rathaus?

Derartiger rathäuslicher Flurfunk wirkt sich natürlich auch aufs Arbeitsklima und die Stimmung der Beschäftigten aus. Und auch die ist seit Monaten nicht unbedingt gut. Wie aus Insider-Kreisen zu hören ist, herrscht über die Hierarchien hinweg teils ein Klima der Verunsicherung, gar der Verängstigung.

Der Gemeinderat scheint über die aus Arbeitnehmersicht für viele Rathausbedienstete unbefriedigende Situation Bescheid zu wissen, das wurde durch die Blume immer wieder bei öffentlichen Redebeiträge deutlich. Doch so richtig auseinanderzusetzen scheinen sich mit dem Thema die wenigsten zu wollen. Denn in der Dezembersitzung des Gemeinderats hatte das Gremium gegen eine Mitarbeiterbefragung durch Externe zur Stimmungslage gestimmt, obwohl der Verwaltungs- und Finanzausschuss sich Anfang Dezember dafür ausgesprochen hatte.

In der Gemeinderatssitzung hatte sich vor allen Dingen OB Salomo vehement gegen eine Befragung zum jetzigen Zeitpunkt ausgesprochen. Auf die Anregung von Michael Rieck (CDU), dazu auch die Meinung des Personalrats einzuholen, reagierte der Oberbürgermeister unwirsch und verwies auf die ihm obliegende Sitzungsleitung.

Auf die Frage, ob die Stimmung im Heidenheimer Rathaus schlecht sei, antwortete OB Salomo in einem HZ-Interview Ende Dezember: „Nein, ich glaube, das ist wie überall. In allen Rathäusern fehlt aufgrund des demografischen Wandels Personal. Eine gewisse Fluktuation gibt es in allen Häusern, schauen Sie mal in den „Staatsanzeiger“.

Viele Gemeinderäte stehen hinter der neuen Stelle

Der Gemeinderat jedenfalls hat im Frühjahr 2024 beschlossen, eine zweite persönliche Referentenstelle für den Oberbürgermeister zu schaffen. Und das trotz der schon damals geführten Diskussion um die Reduzierung von Ausgaben. Auf Nachfrage erklärt Ralf Willuth, Vorsitzender der Freie-Wähler-Fraktion, dass man sich davon eine effizientere Vernetzung zwischen Verwaltungsspitze und den Fachbereichen versprochen habe.

Die zweite Referentenstelle stelle ein Bindeglied dar, das die kurzfristige beiderseitige Ansprechbarkeit auf allen Ebenen verbessern solle. „Wir glauben, dass durch die verbesserten Handlungsabläufe Kosteneinsparungen erzielt werden können, die die Mehrkosten der zweiten Stellenschaffung mindestens kompensieren“, so Willuth: „Wir halten eine modern strukturierte und effektive Verwaltungsspitze nicht für einen Kostenfaktor, sondern für eine sinnvolle Investition in die Zukunft.“

Die SPD/Linke-Fraktion im Gemeinderat begrüßt die zweite Referentenstelle. „Wir denken, dass es bei der Größe unserer Stadt angemessen ist, zu zwei Ober/Bürgermeistern auch zwei Referenten zu haben“, so Fraktionschefin Tanja Weiße. „Die Umsetzung/ausarbeitung unserer Beschlüsse ist uns wichtig, deshalb müssen hierfür auch Voraussetzungen geschaffen sein, dies zu bewältigen und auch voranzutreiben.“

„Es ist bei der Größe unserer Stadt nicht ungewöhnlich, den Stab ähnlich groß zu besetzen“, so die Vorsitzende der Grünen/ÖDP-Fraktion, Anamari Filipovic. Städte vergleichbarer Größe hätten mehr Dezernenten und einen noch größeren Stab. „Auch ist es meist üblich . . ., dass sich die neugewählten Amtsinhaber einen eigenen Stab einrichten.“ Gutes Personal sehe die Fraktion nicht als Kostenfaktor, sondern als Mehrwert für die Stadt.

Ganz anders sieht das die Vorsitzende der CDU/FDP-Fraktion, Dr. Waltraud Bretzger. Ihre Fraktion habe dem Haushaltsplan 2025 mit dem Stellenplan nicht zugestimmt. Auf die Frage, was sie sich von der neu geschaffenen Referentenstelle verspricht, ist die Antwort deutlich: „Nichts!“

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