Landesmissionsfest

Heidenheims Dekan Gerd Häußler: Welche Bedeutung hat Mission in der heutigen Zeit?

Hunderte von Menschen strömten am Wochenende zum zweitägigen Landesmissionsfest nach Heidenheim. Was Heidenheims Dekan Gerd Häußler zur Bedeutung von Mission in unsere Zeit sagt.

Grenzenlos – Vereint durch die Mission: So war das zweitägige Landesmissionsfest in Heidenheim überschrieben, zu dem Hunderte von Menschen nach Heidenheim gekommen waren und friedliche Multi-Kulti-Stimmung in die Stadt brachten. Viele in der Mission aktive Gruppen präsentierten sich im Park rund um die Pauluskirche.

Zuvor hatte Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl beim mehrsprachigen Festgottesdienst in der rappelvollen Pauluskirche den Bogen zum Fußball geschlagen, aber auch die Neiddebatte in der Gesellschaft angesprochen mit ernsten Worten: „Wenn populistische Parteien den größten Stimmenzuwachs in Europa haben, Parteien, die zu gesellschaftlichen Problemen nichts beitragen außer, dass sie Vorurteile bedienen, Angst schüren und Hass säen, woher kommt das?“ Man habe es sich nicht hart erarbeitet, dass man in Deutschland und nicht in einem Slum geboren wurde. Vielmehr sei das ein Geschenk.

Gerd Häußler, Dekan im evangelischer Kirchenbezirk Heidenheim. Oliver Vogel

Wie definiert die evangelische Landeskirche Württemberg heute den Begriff „Mission“?

Dekan Gerd Häußler: Mission liegt im Kern unserer Botschaft. Es ist ein natürlicher Effekt: Wenn ich von etwas völlig überzeugt bin, dann möchte ich es auch weitersagen. Wir sehen es beim Kinderwerk Lima. Bei Mission geht es nicht nur darum, Inhalte zu verbreiten, sondern auch um Entwicklungszusammenarbeit. Beim Kinderwerk Lima ist es Bildungsarbeit mit benachteiligten Kindern. Oder Brot für die Welt, wo soziale Projekte auf der ganzen Welt unterstützt werden. Mir ist wichtig: Die Botschaft von Jesus und Gottes Liebe und ein gerechter Umgang in Wort und Tat in die Welt zu tragen, das gehört zusammen.

Wie geht die Landeskirche mit aktuellen gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen um in ihrer Missionsarbeit?

Da braucht es ganz viel Sensibilität und gegenseitige Wertschätzung. In totalitär strukturierten Ländern ist offene Mission nicht möglich, da wird christlicher Glauben nur in kleinen Hausgemeinschaften weitergegeben. Ein Vertreter der Schneller-Schulen berichtete über die Friedenserziehung von christlichen und muslimischen Kindern im Libanon und in Jordanien, bei der bewusst alternative Konzepte aufgezeigt werden, anstatt Konflikte immer weiter anzuheizen.

Es geht nicht nur darum, den Menschen unseren Glauben zu bringen, sondern zwischen den Religionen zu vermitteln?

Ja, auch das gehört dazu. Es gibt auch eine dunkle Geschichte der Mission, als zu Zeiten des Imperialismus Mission mit der Ausbreitung der eigenen Machtsphäre zu tun hatte und im Gefolge der Eroberer die Missionare kamen, um den christlichen Glauben mit Gewalt weiterzuverbreiten. Davon sind wir ganz weit weg.

Was ist das Hauptanliegen des Landesmissionsfestes?

Es ist ein Markt der Möglichkeiten, eine Messe der Mission, um zu zeigen, was es auf diesem Feld alles gibt. Hier stellen sich viele Organisationen vor, die auf unterschiedliche Weise im In- und Ausland Mission machen. Ich wünsche mir, dass viele Leute den Tag mit positiven Gefühlen und Zuversicht verlassen.

Es hieß, dass die Gäste aus Kamerun nicht kommen konnten, weil Visa nicht erteilt wurden. Wie international sind diese Tage hier?

Es gibt viele Organisationen, die im Ausland tätig sind. Aber Gäste sind es nicht so viele. Wir sind enttäuscht, es ist wahnsinnig schwer, Visa zu bekommen, vor allem für Menschen aus Afrika. Deutschland hat Angst, dass die Gäste nicht mehr heimgehen. Wir haben seit Anfang des Jahres versucht, die Einreise zu ermöglichen. Die Menschen haben sich neue Pässe machen lassen, sich um Gesprächstermine bei der deutschen Botschaft in Kamerun bemüht. Es hat nicht geklappt. Unsere Bundestagsabgeordnete hat beim Auswärtigen Amt vorgesprochen, auch das hat nichts gebracht. Wir haben die lapidare Antwort der deutschen Botschaft erhalten. Aus technischen Gründen ist die Visa-Stelle bis auf Weiteres geschlossen. Auch die Mitarbeiter des Kinderwerks Lima berichten, es sei schwierig, Gäste zu uns einzuladen. Das ist traurig, wenn man sieht, wie in den 1990er-Jahren gegenseitige Besuche noch selbstverständlich waren. In dieser Hinsicht ist das jetzt ein Rückschritt.

Die Mergelstetterin Maria Schlenker arbeitete früher in Kamerun und hat auch heute noch Kontakt zu Kamerunerinnen, die in Deutschland leben. Oliver Vogel

Welche Rolle wird in Heidenheim die Missionsarbeit künftig spielen?

Die Missionsarbeit hat in unserem Kirchenbezirk eine alte Tradition. Gerade das Kinderwerk Lima ist eine bekannte Einrichtung. Wir werden versuchen, trotz der Schwierigkeiten, unsere Partnerschaft mit Kamerun weiter zu pflegen. Es gib auch Gemeinden, die zum Teil persönlich Missionare und Pastoren unterstützen, auch finanziell. Wort und Tat gehen immer Hand in Hand.

Kann man eigentlich die Jugend begeistern für den Missionsgedanken?

Ja durchaus. Sehen Sie den Jugendfreiwilligendienst, bei dem junge Menschen nach der Schule ein Auslandsjahr bei einer solchen Organisation machen können. Es ist nicht die Masse, aber die Teilnehmer sind durchaus künftige Unterstützer.

Welche Botschaft möchten Sie der breiten Bevölkerung mitgeben in Sachen Mission?

Ich möchte, dass wir uns nicht in unseren Problemen abschließen, sondern einen Blick hinaus auf diese Welt haben. Die Klimakrise zum Beispiel betrifft Länder in Afrika viel stärker als uns. Ich wünsche mir mehr Gelassenheit bei uns und Solidarität mit den Ländern, die noch viel stärker unter diesen Problemen leiden. Noch etwas ist mir wichtig: Es war eine große Aufgabe im Vorfeld, dieses Missionsfest zu organisieren. Das ging nur mit großem ehrenamtlichen Engagement vieler Menschen. Dafür danke ich.

Als Dekan zurück in die Heimat

Gerd Häußler ist seit 2021 Dekan im Kirchenbezirk Heidenheim und hat während seiner Laufbahn viele Facetten in der Württembergischen Landeskirche kennengelernt. Als Dekan kehrte Häußler in seine Heimat zurück. Geboren und aufgewachsen in Sontheim an der Brenz, wuchs er dort in das Leben der Kirchengemeinde hinein. Nach dem Theologiestudium in Tübingen und Rom, dem Vikariat in Sindelfingen und Stationen in Marbach am Neckar, Mutlangen, Gerlingen und Hattenhofen bei Göppingen führte ihn sein Weg schließlich an die Lukas-Kirche im Stuttgarter Osten. Sowohl in Göppingen als auch in Stuttgart hatte Gerd Häußler die Position des stellvertretenden Dekans inne. Gerd Häußler ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder.

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