Eines der wichtigsten Themen der Kommunalpolitik ist das Geld. Sie selbst haben in Ihrer Haushaltsrede gesagt, der Haushalt der Stadt sei nicht generationengerecht. Was haben Sie damit gemeint?
Michael Salomo: Wir sollten als Stadt in einem Jahr eigentlich das erwirtschaften, was wir in dem Jahr auch ausgeben. Das hat sich bei der Haushaltseinbringung noch schlechter dargestellt, als es jetzt gerade ist. Wir sind bei der Finanzplanung gerne ein bisschen konservativer. Man kann sich einen Haushalt entweder schönrechnen, oder man geht erstmal mit gedämpften Erwartungen rein und hat dann am Schluss mehr Geld übrig. Wir hatten für 2025 mit einem negativen Ergebnis von 4,9 Millionen Euro gerechnet. Durch verbesserte Einnahmen sehen wir jetzt, dass das Defizit nur bei 2,55 Millionen Euro liegen wird. Wenn bei den laufenden Sanierungsprojekten Rathaus oder Kläranlage fünf Prozent Kostensteigerungen auf uns zukommen, sind das gleich richtig große Summen, und deswegen rechnen wir lieber vorsichtig. Bei neuen Projekten, die wir starten wollen, müssen wir immer schauen, dass wir die Abschreibungen wieder erwirtschaften können. Aber in Summe sieht es in Heidenheim immer noch besser aus als bei anderen Kommunen in der Region.
Was kann denn die Stadt Heidenheim tun, um entweder mehr Geld einzunehmen oder Kosten einzusparen?
Die Einnahmenerhöhung hatten wir ja schon im vergangenen Jahr mit der Erhöhung der Grundsteuer und der Gewerbesteuer. An dieser Schraube wollen wir nicht mehr weiterdrehen. Und dann sind wir sehr schnell bei den Freiwilligkeitsleistungen und bei Themen, wo Vereine betroffen sind. Aber man sieht ja im Haushaltsentwurf 2025, dass wir selbst noch den Hallenneubau des SV Mergelstetten vorgesehen haben. Mir ist es wichtig, das Ehrenamt und damit den Kitt der Gesellschaft zu festigen. Wenn ich im Vereinswesen jetzt den Rotstift ansetze, spare ich zwar Geld, mache aber auch ganz viel soziales Engagement kaputt. Deswegen bin ich da sehr vorsichtig. Deshalb möchte ich lieber konservativer planen und am Schluss besser rauskommen, als jetzt noch mal drei Großprojekte aufzusatteln und dann kommt das böse Erwachen.
Zu den Freiwilligkeitsleistungen gehören auch die Opernfestspiele. Der Gemeinderat hätte gerne die Eintrittspreise schon fürs kommende Jahr noch stärker erhöht als die Verwaltung dies vorgesehen hatte.
Bei der Oper haben wir ein interessantes Phänomen: Wir haben eine extrem hohe Qualität, und die Leute, die auch in Salzburg, Bregenz oder Bayreuth unterwegs sind, die wissen, was so eine Opernkarte normalweise kostet. Bei uns wird die Oper aber auch von vielen Einheimischen besucht, und die sind vielleicht die Preise noch nicht so gewohnt. Deswegen versuchen wir, die Opernpreise mittelfristig auf das Niveau anzuheben, das ja auch geboten wird.
Die Stadt Giengen hat mit dem Industriepark A7 durch den Grundstücksverkauf relativ viel Geld eingenommen. Hat Heidenheim da auch Möglichkeiten?
Das Problem ist, das sind ja Einmaleffekte. Das ist wie die zehn Millionen Euro, die wir in Heidenheim 2024 als Nachzahlung an Gewerbesteuer bekommen haben. Das ist schön, dass wir die haben, aber ich kann damit nicht dauerhaft kalkulieren. Für mich ist es wichtig, dass wir Flächen ausweisen für neue Wohn- und Gewerbegebiete, und damit bekommen wir natürlich auch Gewerbesteuerzahler, die laufend etwas abführen.
Wohnungsbau ist auch eines Ihrer großen Themen. Von den Projekten, die Sie im vergangenen Jahr benannt haben, ist noch keines umgesetzt.
Also auf dem Schlossberg beim Klinikum wird gebaut, das Areal Kleehof läuft und der Baubeginn im Schlachthof kommt aus meiner Sicht zu einer ganz perfekten Zeit, weil wir gerade in der Bauwirtschaft einen Abschwung erfahren, und die regionalen Bauunternehmen und Handwerker jetzt froh sind, wieder Aufträge zu bekommen. Und fürs Haintal wurde der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan gefasst. Mein Vorgänger Bernhard Ilg hatte sich schon etwas dabei gedacht, dort das Tübinger Modell ausprobieren zu wollen und alternative Bauformen wie beispielsweise Tiny-Häuser zuzulassen. Aber das Haintal ist von der Topografie her eben nicht so, dass man dort unbedingt sein Tiny-Haus hinstellen möchte. Deshalb muss man die Bebauung ein bisschen anders angehen.
Ein großes Projekt mitten in der Stadt ist der Rathausumbau, bei dem es Verzögerungen gibt. Wie ist da der Stand?
Der Fassadenbau soll im Januar weitergehen, im Herbst kommenden Jahres sollte die Fassade fertig sein. Dann geht es weiter mit dem Rathausumfeld. Der Michael-Rogowski-Platz ist die nächste Maßnahme. In die Rathaus-Tiefgarage dringt Wasser ein, die müssen wir abdichten, damit keine weiteren Bauschäden entstehen.
Der neue Straßenbelag im Innenstadtbereich folgt nach dem Rathausvorplatz, oder?
Ja, wir arbeiten uns vom Rathaus in die Innenstadt vor. Es gab den Innenstadt-Entwicklungsprozess, und jetzt werden die ersten Bemusterungen für den Michael-Rogowski-Platz vorgenommen. Von dort aus geht das dann in einer Wellenbewegung in die Stadt hinein. Wir beginnen Anfang 2025 mit den Vorbereitungen, um das Meeboldhaus abzureißen, damit wir die Raumkante schaffen können. Darüber, welchen Belag wir nehmen, entscheidet der Gemeinderat.
Ein großes Vorhaben mitten in der Innenstadt ist der Umbau des Elmar-Doch-Hauses, für das Sie sich eine Gastronomie wünschen. Dort ist in diesem Jahr nichts Sichtbares passiert. Was lief denn hinter den Kulissen und wie geht es weiter?
Wir haben die europaweite Ausschreibung gemacht, wofür wir eine Stuttgarter Rechtsanwaltskanzlei beauftragt haben, die das Ganze federführend macht. Da sieht man, wie sensibel so etwas ist: Wir als Verwaltung dürfen so ein Verfahren gar nicht eigenständig machen. In diesem Verfahren sind wir in der Auswertungsphase. Im Januar wird dem Gemeinderat einen Gastronom präsentiert, der das Elmar-Doch-Haus bespielen möchte.
Wenn der Gemeinderat dem zustimmt, was passiert dann als nächstes?
Dann folgt die nächste europaweite Ausschreibung für die Planungsleistungen, danach kommt die Bauphase.
Dauert diese Ausschreibung wieder ein Jahr?
Ich hoffe, dass das Verfahren deutlich zügiger geht. Aber wenn die Verwaltung etwas macht, muss das sehr transparent sein und den Vorschriften entsprechen, denn wir hantieren ja mit öffentlichen Steuermitteln.
2025 wird also noch kein Restaurant im Elmar-Doch-Haus eröffnet werden?
Nein, mit Sicherheit nicht. Aber mein Ziel ist schon, dass wir im kommenden Jahr damit beginnen, den Platz zu gestalten. Dafür sind schon Mittel im Haushalt vorgesehen. Aber es gibt noch gewisse Eigentumsverhältnisse, die zu klären sind. Ich finde es wichtig, dass man den Menschen, die überlegen, ob sie etwas abgeben wollen oder nicht, nicht einfach die Pistole auf Brust setzt.
Sie sprechen vom Haus neben dem Café Sonnleiter. Können Sie denn jemanden zwingen, seine Immobilie an die Stadt zu verkaufen?
Nein, zwingen kann man niemanden. Wir können einen Teilabriss machen, und der soll auf jeden Fall im nächsten Jahr kommen.
Die Stadt hat den Breitbandausbau durch die Firma BBV („Toni“) unterstützt und auch die städtischen Anschlüsse an das Unternehmen vergeben. Jetzt wurde das Unternehmen von der UGG (Unsere Grüne Glasfaser) übernommen und gehört damit der Allianz und der Telefónica-Gruppe. Kommt der Breitbandausbau nun oder nicht?
„Toni“ hatte eine Vermarktungsquote, die in Heidenheim nicht erreicht wurde. Das liegt daran, dass wir eine relativ hohe Dichte am Coax-Netz haben und die Kunden damit zufrieden sind. Außerdem haben wir in der Stadt sehr viele Mehrfamilienhäuser und dadurch die Situation, dass der Mieter vielleicht gerne anschließen würde, aber der Hausbesitzer nein sagt. Jetzt ist die Frage, wie die UGG sich positioniert und ob sie das Projekt in Heidenheim weiterverfolgt. So viel ich weiß, hat die UGG keine Vorvermarktungsquote, was für uns sehr positiv wäre. Ich bin optimistisch, dass das klappen wird.
Schauen wir mal nach vorne auf das Jahr 2025. Was sind für Sie die großen Themen und Projekte?
Die Sanierung der Kläranlage für 50 Millionen Euro bindet immer noch sehr viel Personal, ebenso die laufende Rathaus-Renovierung. Und die konservative Haushaltsgestaltung lässt keine großen neuen Projekte zu. 2024 war das Lichtkunstfestival ein absoluter Renner und deshalb möchte ich, was Veranstaltungen angeht, den Bürgerinnen und Bürgern etwas mehr bieten. Dafür ist es notwendig, dass wir die Stelle des Beauftragten für die Innenstadt des Oberbürgermeisters endlich adäquat besetzen können. Wir haben schöne Locations, aber das muss man konzeptionell erst mal ausbauen und umsetzen.
Das Thema lebenswerte Innenstadt ist Ihnen ja sehr wichtig. Neben dem Großprojekt Elmar-Doch-Haus gibt es auch kleine Dinge, mit denen man die Aufenthaltsqualität verbessern kann. Ein Beispiel war die Genehmigung der Außengastronomie im Winter, die der Gemeinderat beschlossen hatte, aber die Umsetzung durch die Verwaltung kam nicht. Warum war da so?
Die Herausforderung war, dass wir zwei Dinge miteinander gekoppelt haben: Auf der einen Seite die Sondernutzungssatzung mitsamt Gebührenverzeichnis, wozu die Außenbestuhlung gehört, auf der anderen Seite haben wir jetzt auch einen Gestaltungsleitfaden, der erst am 17. Dezember dem Gemeinderat zum Beschluss vorgelegt wurde. Hätten wir beides getrennt als Satzung erlassen, hätte die erste Satzung ab Oktober gegolten und wäre im Januar schon wieder von einer neuen Satzung abgelöst worden. Das wollten wir vermeiden.
Hätte man dann nicht eine unbürokratische Übergangslösung finden können?
Wir als Verwaltung müssen alle gleichbehandeln und das gültige Recht berücksichtigt. Wir können es nicht einfach tolerieren, wenn jemand eine Außengastronomie macht und keine Genehmigung dafür hat. Wenn es zu einer besonderen Einsatzlage kommt, beispielsweise bei einem Fußballspiel, dann werden wir auch gefragt, warum wir nichts unternommen haben.
Die CDU-FDP-Fraktion hat den Antrag gestellt, die Mitarbeiter im Rathaus hinsichtlich ihrer Arbeitszufriedenheit zu befragen. Es gibt eine gewisse Fluktuation, manche Stellen sind nicht besetzt. Ist die Stimmung im Heidenheimer Rathaus schlecht?
Nein, ich glaube, das ist wie überall. In allen Rathäusern fehlt aufgrund des demografischen Wandels Personal. Bis 2030 werden eine Millionen Menschen im öffentlichen Dienst fehlen, und das trifft auch Heidenheim. Eine gewisse Fluktuation gibt es in allen Häusern, schauen Sie mal in den „Staatsanzeiger“. Ich kenne keinen Arbeitgeber, der so viel und so breit Ausbildungsberufe anbietet wie die Stadt. Wir haben 22 Berufe, in denen man eine Ausbildung oder ein Studium machen kann. Und wir sind ein sicherer Arbeitgeber.
Bei den Heidenheimer Firmen ist die Lage momentan nicht so einfach, bei TDK soll ein großer Arbeitsplatzabbau kommen und auch Voith reduziert sein Personal. Was bedeutet das für die Stadt?
Das ist ein ganz spannendes Thema, das die Stadtverwaltung nur bedingt beeinflussen kann. Wenn jemand aus der Komfortzone rausfliegt, gibt es immer zwei Möglichkeiten: Es gibt die, die den Kopf in den Sand stecken und sagen: „Ohje, jetzt warten wir erstmal, was kommt.“ Und es gibt Andere, die sehen die Chancen und ergreifen diese auch. Auch wenn das eine oder andere Marktsegment momentan schwächelt, zieht die Wirtschaft in anderen Bereichen an. Wir haben in der Region beides, man muss nur zu Zeiss schauen, wie dort die Einstellungslage ist. Als Kommune muss man den Unternehmen die Möglichkeiten zur Transformation bieten, und das geht nur, wenn wir Flächen bereitstellen.
Was wünschen Sie sich persönlich fürs neue Jahr?
Ich hoffe, dass unsere Gestaltungssatzung für die Innenstadt gut ankommt und das positiv umgesetzt wird. Ich wünsche mir fürs neue Jahr, dass die ganzen Bemühungen, die die Stadt, aber auch die Gastronomen anstellen, positiv von der Bevölkerung wahrgenommen und die Angebote angenommen werden. Finanziell ist es nicht die Zeit, in der man als OB zehn große Projekte aus dem Hut zaubern kann, auch wenn ich solche Projekte in petto hätte. Aber es ist jetzt einfach die falsche Zeit dafür. Ich würde mir auch wünschen, dass die Stadtverwaltung als attraktiver Arbeitgeber wahrgenommen wird. Natürlich ist es toll, dass es Zeiss, Hartmann, Voith und alle anderen Firmen gibt, aber sie alle brauchen eine funktionierende Infrastruktur, die die Stadt zur Verfügung stellt. Und deshalb ist es super, wenn wir neben guten Verwaltungsfachleuten auch gute Ingenieure, gute Architekten oder gute Stadtgärtner bekommen.