Die Sonne ist an diesem frühen Samstagmorgen noch nicht ganz zu sehen, dafür viele Frauen und Männer am Rande des Heidenheimer Brenzparks. Noch stehen sie mit beiden Beinen fest auf dem Boden, doch das wird sich in den nächsten Minuten ändern, denn die alljährliche Freundschaftsfahrt des Ballonsportclubs Hellenstein (BSC) steht an. Abgehoben wird um kurz nach 6 Uhr.
Eine wacklige Angelegenheit über dem Hellenstein
Vor dem Start wird eine Vorrichtung mit den Gasbrennern auf den Ballonkorb montiert. Diese erhitzen die Luft über Gas, welches im Korb in vier Gasflaschen in ausreichender Menge mitgeführt wird. Die Gasbrenner werden geprüft, die Flamme sieht beeindruckend aus. Noch liegt der Korb seitlich, die Ballonhülle seitlich davon ausgebreitet, um sie mit heißer Luft zu füllen. 25.000 Euro aufwärts kostet so eine Hülle. Der Ballon wird größer und größer.
Das übrige Team, das nicht mit in die Luft geht, steht ebenso bereit, denn der Heißluftballon landet nicht dort, wo er startet. Das Verfolger-Fahrzeug fährt dem Ballon bis zur Landung hinterher, um das Equipment wieder auf den Anhänger zu laden. Alles ist also vorbereitet – vor dem Reinklettern in den Korb gibt es von Elmar und Hilmar aus Schweinfurt noch Sicherheitsanweisungen, die immer wieder von einem lauten Zischen unterbrochen werden, das vom Gasbrenner kommt. „Bei der Landung die Knie leicht beugen und an den Halterungen im Korb festhalten“, dringt als Rat nicht mehr richtig ans Ohr, weil der Herzschlag lauter ist.
In den einmal jährlich geprüften Ballonkorb passen vier Menschen. Auf den ersten Blick scheint das eng werden zu können. Der Ballon hebt ab und hier gilt es: Geradeaus Richtung Schlossberg und ja nicht runtergucken. Die Welt wird kleiner. Frei nach Reinhard May ist die Freiheit über den Wolken wirklich grenzenlos. Das Wetter spielt heute mit – und das ist für Ballonfahrten ausschlaggebend. „Lieber unten denken, man wäre gerne oben, als oben zu denken, man wäre gerne unten“, so heißt wohl ein Sprichwort der Ballonfahrer. Aber heute ist das Wetter gut und es kann losgehen.
Die verkrampfte Hand löst sich hunderte Meter über dem Hellenstein
Mit jeder Minute steigt der Ballon höher. Die anfangs verkrampften Hände am Seil im Korb lösen sich und die aufgehende Sonne taucht den Horizont in ein goldenes Licht. Ein benachbarter Ballon kommt gefährlich nahe und dann beginnt das Kopfkino: Was ist, wenn beide kollidieren? Elmar nimmt als routinierter Ballonfahrer im übertragenen Sinne die Luft raus und sagt: „Gefährlich kann es nur werden, wenn der Korb oben auf die Ballonhülle prallt“, denn so könnten Risse entstehen. „Diese Gefahr besteht aber nicht.“ Trotzdem setzt ein leichtes Unwohlsein ein, denn wie im Flugzeug auch überlässt man jemand anderem die Kontrolle. „Das Ballonfahren ist für mich Routine. Gefährlich wird es, wenn es zur Gewohnheit wird“. Doch Elmar ist erfahren, hat die Situation im Griff und kontrolliert die Gasflaschen, die Temperatur im Inneren der Ballonhülle und erzählt Anekdoten seiner Fahrten.
Den Wind spürt man heute nicht – die Stille hier oben ist überwältigend. Abgesehen vom gelegentlichen Fauchen des Brenners hört man nichts. Es ist ein Moment der vollkommenen Ruhe und des Friedens und wieder kommen einem Reinhard May oder Tom Schilling in den Kopf. Die Aussicht ist grandios.
Nach rund einer Stunde über den Dächern Heidenheims, über Mergelstetten in Richtung Bolheim, die sich sehr kurz anfühlt, lässt Elmar seinen Heißluftballon auf einem Feld absteigen. Der Ballon bleibt etwas ruckelig stehen. So schön und einmalig die Fahrt über die Stadt bis nach Bolheim war, so schön ist es, auch wieder festen Boden unter den Füßen zu haben. Das Team hilft tatkräftig mit, den Korb und die Ballonhülle wieder zu verstauen und einzuladen. Alleine schaffe man das nicht, und das wird dabei auch deutlich. Doch dabei bleibt es nicht: Noch ein ganz besonderes Geschenk halten die Piloten Elmar, Hilmar und sein Team bereit.
Taufe nach der ersten Ballonfahrt
Im Vereinsheim folgt nämlich die Ballonfahrertaufe für alle, die zum ersten Mal Heißluftballon gefahren sind. Nachdem die Anfänge der Ballonfahrten erzählt werden, bekommt man nach alter Tradition einen adeligen Namen und wird zum Freiherrn oder zur Freifrau getauft. Zu Beginn war das Ballonfahren nämlich nur Adeligen vorbehalten, die über ihren eigenen Ländereien fahren durften. „Früher hat man die Ballonfahrer an Brandlöchern in der Kleidung und am Champagner-Geruch erkannt“, sagt Elmar. Grund dafür: In den ersten Heißluftballons der Gebrüder Montgolfier wurde in der Mitte ein Feuer entzündet, dessen Rauch den Ballon in die Lüfte hob. Durch die Funken entstanden nicht selten Löcher in der Kleidung und in den Perücken der Ballonfahrer. Gelöscht wurden die kleinen Funken mit Champagner – es war ja schließlich ein Abenteuer des Adels. Ebenso wird heute noch neuen Ballonfahrern eine Haarsträhne versenkt, die mit Sekt gelöscht wird.
So bleibt die allererste Ballonfahrt auf schöne und feuchtfröhliche Weise in Erinnerung und ein unvergessliches Erlebnis. „Dreimal macht man es und danach ist man süchtig“, sagt Elmar, lacht und winkt zum Abschied.
Menschen fürs Ballonfahren begeistern
Am Wochenende vom 19. bis 21. Juli haben sich Ballonfahrerinnen und -fahrer verschiedener Vereine aus ganz Süddeutschland in Heidenheim getroffen. Bei dem jährlichen Treffen geht es um Freundschaftspflege – und das tut man am besten beim gemeinsamen Hobby. Außerdem ist es den Fahrern wichtig, Menschen für diesen Sport zu begeistern. Auch Heißluftballone aus dem Allgäu und dem Frankenland waren zu sehen.
Kontakt zum Ballonsportclub Hellenstein ist unter www.bsc-hellenstein.de möglich.