Hohe Zinsen bremsen beim Kauf von Häusern und Wohnungen
Die beiden örtlichen Kreditinstitute Kreissparkasse Heidenheim und Heidenheimer Volksbank sind einerseits auf dem Immobilienmarkt aktiv, anderseits sind sie auch für viele Finanzierungen verantwortlich. Wir haben ihnen einige Fragen zu den lokalen Entwicklungen gestellt, die von den Pressesprechern Jürgen Pröbstle (Volksbank) und Edgar Klaiber (Kreissparkasse) beantwortet wurden:
Wie hat sich der Markt zwischen 2021 und heute verändert und gibt es wieder mehr Immobilien zu kaufen?
Pröbstle: Im ersten Quartal 2021 wurden zehn Objekte vermittelt. Im gleichen Zeitraum 2023 noch sieben. Insgesamt sind die Transaktionen am Immobilienmarkt noch deutlicher zurückgegangen. Das Angebot ist deutlich höher als die Nachfrage
Klaiber: Nach spürbarer Zurückhaltung zu Beginn des Jahres aufgrund der unsicheren Umfeldfaktoren hat das Immobilienangebot wieder zugenommen. Dies ist insbesondere im Bereich der Bestandsimmobilien erkennbar. Entgegen dem aktuellen Trend verzeichnete die Kreissparkasse ein Plus in der Immobilien-Vermarktung, sowohl bei der Anzahl an verkauften Immobilien als auch beim Umsatz. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum – Stand 30. Juni 2023 – wurden zehn Prozent mehr Immobilen verkauft. Das Umsatzplus beträgt 25 Prozent.
Die Nachfrage nach Immobilien ist gesunken
Jürgen Pröbstle, Pressesprecher der Volksbank
Ist die Nachfrage gestiegen oder gesunken?
Pröbstle: Die Nachfrage ist gesunken.
Klaiber: Die Immobiliennachfrage ist weiterhin vorhanden, wenngleich nicht mehr auf dem hohen Niveau wie im ersten Halbjahr 2022.
Wie haben sich die Preise entwickelt?
Klaiber: Aktuell bleiben die Neubaupreise eher wertstabil während Bestandsobjekte eine leichte Preisrückläufigkeit verzeichnen. Eine pauschale Aussage hierzu ist jedoch nicht seriös, zumal die Immobilienpreise stark von Standortfaktoren oder dem energetischen Standard abhängen.
Pröbstle: Es gibt dazu keine regionale Statistik, aber die Immobilienpreise gehen insgesamt zurück, wobei die Verkäufer sich immer noch an den hohen Verkaufspreisen aus der Vergangenheit orientieren. Wohnimmobilien, die energetisch in gutem bis sehr gutem Zustand sind, verzeichnen – je nach Lage – geringe bis keine Preisrückgänge. Bestandsimmobilien mit hohem energetischen Sanierungsbedarf müssen deutlich höhere Abschläge in Kauf nehmen.
Gibt es einen Unterschied zwischen Eigentumswohnungen und Häusern?
Pröbstle: Gefühlt sind die Preise für Eigentumswohnungen weniger stark zurückgegangen als die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser.
Klaiber: Häuser sind in der Regel kostenintensiver als Wohnungen. Wir stellen fest, dass Immobilienkäufer aufgrund der Marktsituation ihre Ansprüche reduzieren und somit tendenziell den Wohnungskauf bevorzugen.
Wie steht es um die Nachfrage nach Krediten zum Immobilienkauf?
Klaiber: Im bundesweiten Vergleich hat sich die Nachfrage nach Wohnimmobilien in etwa halbiert. Diese Entwicklung lässt sich im Grundsatz auch auf den Landkreis Heidenheim übertragen.
Pröbstle: Weniger Immobilientransaktionen bedeuten automatisch weniger Neufinanzierungen. Im Vergleich zwischen dem ersten Quartal 2022 und dem ersten Quartal 2023 haben wir einen Rückgang von rund 67 Prozent. Wobei zu berücksichtigen ist, dass es im ersten Quartal 2022 aufgrund des zu erwartenden Zinsanstiegs zahlreiche Vorzieheffekte – auch über so genannte Forwardvereinbarungen für in der Zukunft auslaufende Zinsfestschreibungen – gab. Wer damals gehandelt hat, kann heute von Glück reden.
Spielen die gestiegenen Zinsen bei der Marktentwicklung eine große Rolle?
Pröbstle: Auf jeden Fall, die Zinsen sind immerhin von rund ein Prozent auf rund vier Prozent gestiegen. Bei Eigennutzern sprengt die monatliche Darlehensrate inzwischen häufig die Grenze des Machbaren. Kapitalanleger müssen den höheren Zins bei der Rentabilitätsbetrachtung kalkulieren und hier sind häufig noch die Immobilienpreise zu hoch bzw. die Mieteinnahmen zu gering.
Klaiber: Bei einem finanzierten Immobilienkauf spielen die Zins- und Tilgungsbelastung in der Regel eine große Rolle. Durch den deutlichen Zinsanstieg seit dem vergangenen Jahr werden die finanziellen Spielräume für viele Käufer spürbar enger.
Geht der aktuelle Trend weiter oder ist die Spitze erreicht? Wie schätzen Sie die Entwicklung in den kommenden Monaten ein?
Klaiber: Eine seriöse Einschätzung ist aktuell sehr schwierig. Aufgrund der vorherrschenden Anzeichen gehen wir jedoch davon aus, dass die veränderten Marktgegebenheiten seitens der Marktteilnehmer immer mehr akzeptiert werden. Dieser Gewöhnungseffekt ist bereits im Gange.
Pröbstle: Das Spannungsfeld zwischen hohen Immobilienpreisen, stark gestiegenen Bau- und Modernisierungskosten und den höheren Zinsen muss ins Gleichgewicht kommen. Dann wird es auch wieder mehr Immobilientransaktionen und damit Finanzierungen geben. Der Wunsch nach Wohneigentum ist nach wie vor bei vielen Privathaushalten vorhanden. Die gesetzgeberischen Unsicherheiten sollten in den nächsten Monaten zurückgehen. Die wirtschaftlich sinnvollen Entscheidungen sollten mehr in den Vordergrund rücken.
Würden Sie derzeit empfehlen, zu kaufen oder zu verkaufen oder ist es besser, abzuwarten?
Pröbstle: Dazu kann keine pauschale Aussage getroffen werden. Um eine Empfehlung abgeben zu können, nehmen wir uns Zeit für Kunden und Interessenten und helfen diesen eine fundierte Entscheidung zu treffen. Sonst müssen wir uns doch noch nach einer Glaskugel umschauen.
Klaiber: Ein Immobilienkauf hat oft strategische und langfristige Gründe. Ein Käufer bzw. Verkäufer sollte in seiner Entscheidung nicht ausschließlich die Baupreise oder das gestiegene Zinsniveau betrachten. Wir sehen die Immobilie auf lange Sicht weiterhin als eine sehr wertstabile Anlage. Wir beraten interessierte Käufer und Verkäufer jederzeit gerne und finden maßgeschneiderte Lösungen.