Kommunale Gesundheitskonferenz

Immer weniger Hausärzte: Was auf die Patienten im Landkreis Heidenheim zukommt

Die Zahl der Hausärztinnen und Hausärzte im Landkreis Heidenheim nimmt stetig ab, immer mehr Patienten suchen vergeblich nach einer Praxis, die sie aufnimmt. Wie dieses Problem gelöst werden könnte und worauf man sich in Zukunft einstellen muss, darum geht es bei der Kommunalen Gesundheitskonferenz am Mittwoch, 6. November:

Im Landkreis Heidenheim gibt es laut dem Versorgungsbericht der Kassenärztlichen Vereinigung aktuell 82 Hausärztinnen und Hausärzte, von denen 38 Prozent über 60 Jahre alt sind. 2009 waren es noch 91 Allgemeinmediziner, die als erster Ansprechpartner bei gesundheitlichen Problemen da waren. In den vergangenen 15 Jahren hat sich schon vieles verändert: „Es gibt einen Trend zu größeren Praxen und mehr Teilzeitarbeit“, erläutert Christoph Bauer, Leiter des Heidenheimer Gesundheitsamts. Bislang konnten Praxisschließungen aufgefangen und Patientinnen und Patienten bei anderen Hausärzten aufgenommen werden. „Diese Kompensationsmöglichkeiten sind jetzt erschöpft“, sagt Christoph Bauer.

Für Fachpersonal und Laien

Um die Bevölkerung darüber zu informieren, was sich in Bezug auf die ärztliche Versorgung verändert und welche Auswirkungen der Mangel an Hausärzten auf jeden Einzelnen haben wird, findet am Mittwoch, 6. November, am Nachmittag eine Kommunale Gesundheitskonferenz im Konzerthaus statt. „Neue Wege in der ambulanten Versorgung“ ist der Titel der Veranstaltung, die sich ebenso an Ärztinnen und Ärzte, medizinisches Fachpersonal und Kommunen richtet wie an die breite Öffentlichkeit.

Was muss passieren, damit weniger Praxen immer mehr Patienten versorgen können? „Wir versuchen momentan, Medizinstudentinnen und – studenten zu rekrutieren und an den Landkreis Heidenheim zu binden“, erläutert Gesundheitsamtsleiter Bauer. Dies geschieht, indem den jungen Menschen Stellen für Praktika und das Praktische Jahr angeboten werden, in der Hoffnung, dass diese dann auch danach hierbleiben. „Aber das machen andere auch“, so Bauer, sprich: Die Landkreise stehen in Konkurrenz zueinander.

Deshalb müsse es auch um die Frage gehen, wie man ärztliche Ressourcen effektiver einsetzen könne, meint Bauer. „Man muss die Praxis als Team sehen“, sagt er. Die Patienten müssten sich in Zukunft daran gewöhnen, dass sie beim Besuch der Hausarztpraxis nicht zwingend Kontakt zum Arzt oder zur Ärztin haben, sondern vorgelagerte Tätigkeiten auch von anderen Berufsgruppen übernommen werden. So wird es auch bei der Gesundheitskonferenz, die Dr. Dorothee Thierer-Graß und Judith Weißer vom Landratsamt zusammen organisiert haben, um neue Berufe in diesem Umfeld gehen.

Assistenz für den Hausarzt

An der Hochschule Aalen gibt es beispielsweise einen Bachelorstudiengang, der zum Physician Assistant (Arztassistent) ausbildet. Während des Studiums werden den angehenden Arztassistenten vertiefte Kenntnisse in Medizin und Medizinmanagement vermittelt, damit sie später übertragbare ärztliche Aufgaben übernehmen können. Schon länger im Einsatz sind Verahs (Versorgungsassistenz in der Hausarztpraxis), die beispielsweise Hausbesuche bei Patienten übernehmen. Über eine Weiterbildungsmaßnahme können sich medizinische Fachangestellte zur Verah qualifizieren. Auch für Krankenpflegerinnen und Krankenpfleger gibt es die Möglichkeit, im hausärztlichen Umfeld tätig zu sein: Was früher als Gemeindeschwester bekannt war, könnte nun als Community Health Nursing eine Renaissance erfahren und ein „niederschwelliger Ansprechpartner vor Ort“ sein, so Christoph Bauer.

Über diese Berufsgruppen hinaus glaubt der Leiter des Gesundheitsamts, dass auch die Technik in Arztpraxen künftig für Arbeitserleichterungen sorgen kann: Bereits heute werden in vielen Praxen sogenannte Chatbots auf der Homepage eingesetzt, die bei der Organisation von Terminen helfen. Künstliche Intelligenz (KI) verspreche Unterstützung in der Diagnostik, beispielsweise bei der Analyse von Röntgenbildern. Ganz sicher ist für Bauer, dass sich sowohl die Ärztinnen und Ärzte als auch ihre Patienten in einer Umbruchphase befinden: „Die Zeit der klassischen Landarztpraxis ist vorbei“, meint der Leiter des Gesundheitsamts.

Das Programm bei der Gesundheitskonferenz

Infostände und Vorträge wird es bei der Kommunalen Gesundheitskonferenz geben, die am Mittwoch, 6. November, von 13.30 bis 18.30 Uhr im Konzerthaus Heidenheim stattfindet. Nach der Begrüßung durch Landrat Peter Polta und eine Einführung von Prof. Dr. Anne Barzel von der Universität Ulm, die auch durchs Programm führt, stellt zunächst Dr. Dorothee Thierer-Graß den Versorgungsatlas Landkreis Heidenheim 2024 vor. Dr. Jörg Sandfort aus Steinheim spricht über den Weg von der Landarztpraxis zum Versorgungszentrum, Klinik-Geschäftsführer Dr. Dennis Göbel stellt die Medizinischen Versorgungszentren im Klinikum Heidenheim vor. Um die neuen medizinischen Berufe und innovative Technologien geht es in einem Referat von Prof. Dr. Ralf von Baer von der Hochschule Aalen. Regina Orouyo und Sonja Enderle stellen dann die Arbeit von Verah und Verag vor, Melina Hendlmeier und Barbara Boßler sprechen abschließend über Community Health Nursing. Der Eintritt zur Veranstaltung ist frei.

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