Humphrey Bogart hätte vielleicht gesagt: „Ich schau’ Dir in die Augen, Forschung.“ Weil wir aber weder in Casablanca sind, noch die Rede auf berühmte Schauspieler kommen wird, soll die Abteilung Zitate hier recht unspektakulär mit dem Titel einer Ausstellung geschlossen werden: „Faszination Wissenschaft.“
Unter diesem Namen wird seit Donnerstag in der Dualen Hochschule in Heidenheim eine in der Tat faszinierende und höchst sehenswerte Schau mit Fotografien präsentiert, die uns ins Gesicht der Wissenschaft blicken lassen. Wir sehen Forschergesichter. Und wir schauen Forschern in die Augen, die, das kann man so sagen, allesamt die Welt bewegt, ja verändert haben. Es wimmelt geradezu von Nobelpreisträgern.
Charme und Persönlichkeit
Auch die Fotografin ist ein Star: Herlinde Koelbl. Und was sie betrifft, musste man sich am Mittwochabend bei der Vernissage noch nicht einmal mit einem Konterfei an der Wand begnügen. Herlinde Koelbl war da. In Heidenheim.
Das versetzte nicht nur den Hausherrn in Hochstimmung. Rektor Prof. Dr.-Ing. Dr. Rainer Przywara, der die große Gästeschar sowohl launig begrüßte, als auch gemeinsam mit dem Gitarristen Alexander Botzenhart ganz nebenbei als Keyboarder und Sänger musikalisch verwöhnte, hielt freudig und völlig zutreffend fest: „Diese Ausstellung verkörpert geradezu unser aller gemeinsames Anliegen.“ Da wollte niemand widersprechen. Zumal sich alle Besucher im fünften Stock des markanten Gebäudes der Heidenheimer Skyline darüber hinaus auch noch gerne von der Persönlichkeit und vom Charme einer der angesehensten Fotografinnen unserer Zeit gefangen nehmen ließen.
Fünf Jahre unterwegs
Was Herlinde Koelbl nach Heidenheim mitgebracht hat, sind Porträts von 55 Nobelpreisträgern und Nobelpreisträgerinnen sowie anderen renommierten Forscherinnen und Forschern aus aller Welt. Und im Gespräch mit Dr. Wolfgang Hansch, dem früheren Leiter des Naturhistorischen Museums und des Science Centers „Experimenta“ in Heilbronn, verriet Herlinde Koelbl interessante Details bezüglich des Zustandekommens dieses Projekts und der Idee dahinter.
Wissenschaft in die Öffentlichkeit zu bringen und Forschenden ein Gesicht geben sind dabei nur zwei Aspekte, die diese 2015 begonnene und 2020 abgeschlossene Werkserie auszeichnen. Wobei zu den Porträts auch höchst interessante, sehr persönlich gefärbte ausführliche Interviews mit allen Porträtierten gehören, die die dafür rund um den Globus reisende Fotografin geführt hat. „Ich wollte wissen, wie sie denken und mit welchen Erkenntnissen sie unser Leben und vor allem unsere Zukunft beeinflussen. Und ich möchte junge Menschen für Wissenschaft begeistern“, sagt die Fotografin. Dafür hängt diese Ausstellung am richtigen Ort.
Quintessenzen auf der Hand
Wer die erwähnten Interviews lesen möchte, muss freilich zur Buchform des Projekts „Faszination Wissenschaft“ greifen. Dem Betrachter der über gleich vier Stockwerke präsentierten Ausstellung in Heidenheim wird zu jedem Foto jedoch zumindest ein immer interessanter Satz aus dem Munde des Fotografierten mitgegeben, den man vielleicht auch als charakteristisch für die jeweilige Person werten darf, wobei bei einem Blick auf all die Forscherinnen und Forscher insgesamt höchst augenfällig ist, wie unverstellt und gelöst diese in die Kamera von Herlinde Koelbl schauen. Da muss eine Menge Vertrauen mit im Spiel gewesen sein.
Ein Umstand, den man vielleicht auch an einem weiteren wesentlichen Bestandteil dieser Fotoserie festmachen kann. Denn Herlinde Koelbl porträtierte in ihrer Serie nicht nur die Menschen hinter den wichtigsten Entdeckungen unserer Zeit, sondern sie bat die Wissenschaftler auch, die Quintessenz ihrer Forschung auf der Handfläche zu notieren. Das Ergebnis ist in der Tat eine einzigartige und sehr persönliche Visualisierung wissenschaftlicher Erkenntnis.
Und eine Erkenntnis wiederum, die Herlinde Koelbl aus den vielen intensiven Begegnungen mit den von ihr porträtierten Wissenschaftlern mitgenommen hat, ist die, „dass sie Fehler vor allem als Erkenntnisse betrachten“. Darüber hinaus zeigte sie sich insbesondere „von der unermesslichen Leidenschaft“ ihrer Gesprächspartner, „die freilich auch viel Leidensfähigkeit mit einschließt“, fasziniert. „Immer neugierig bleiben“, gab die inzwischen 85-jährige Fotografin den Besuchern der Vernissage mit auf den Heimweg. „Neugier hält jung.“ Und ist sicherlich auch ein Teil des Faszinosums Wissenschaft.
Bis zum 28. Februar auf vier Stockwerken
Die Ausstellung „Faszination Wissenschaft“ mit Fotografien von Herlinde Koelbl wird im zweiten, dritten, fünften und sechsten Stockwerk der Dualen Hochschule in Heidenheim präsentiert und ist dort von Montag bis Freitag jeweils von 9 bis 17 Uhr noch bis zum 28. Februar zu sehen.