Land reduziert finanzielle Förderung

Integration Geflüchteter: Warum die Stadt Heidenheim weiterhin das Heft in der Hand behält

Ab 2025 stellt das Land weniger Geld für die Integration geflüchteter Menschen bereit. Weshalb die Stadt Heidenheim diese Aufgabe trotzdem weiterhin selber wahrnehmen will.

Inmitten der zahlreichen Ansprachen und Feiern zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes wird er dieser Tage unablässig beschworen: der gesellschaftliche Zusammenhalt. In großem Maße hängt er davon ab, wie die Integration geflüchteter Menschen gelingt. Eine Änderung bei der Finanzierung dieser umfassenden Aufgabe sorgt auch in Heidenheim für Diskussionen und Kritik.

Das sogenannte Integrationsmanagement, also die Beratung und Unterstützung Geflüchteter, die sich im hiesigen Alltag zurechtfinden müssen, sei Aufgabe des Landes, sagt Oberbürgermeister Michael Salomo. Bedauerlicherweise fahre dieses die dafür vorgesehenen Mittel „massiv nach unten“. Das komplette System wird mit Beginn des Jahres 2025 neu strukturiert. Das sind die wichtigsten Punkte:

Bisherige Regelung

Mit Blick auf die große Zahl der nach Baden-Württemberg kommenden Flüchtlinge schloss das Land im April 2017 mit den kommunalen Landesverbänden einen Pakt für Integration. Es überweist den Kommunen seither jährlich Fördermittel, mit denen die Personalkosten der Integrationsmanager und -managerinnen gedeckt werden. Verbünde stellen sicher, dass auch kleinere Gemeinden daran teilhaben können. So übernahm Heidenheim das Integrationsmanagement für Gerstetten, Steinheim, Königsbronn und Nattheim. Aktuell sind aufgrund der Landesförderung neun Männer und Frauen bei der Stadt Heidenheim beschäftigt, hinzu kommt eine Integrationsmanagerin bei der Caritas für das Quartier Härtsfeldstraße.

Künftiger Ablauf

Ab kommendem Jahr ist das Vorgehen ein anderes. Die Mittel des Landes fließen dann an die Landkreise, welche sie ihrerseits an die Kommunen weiterleiten können, sofern diese das Integrationsmanagement in Eigenregie erfüllen wollen. Heidenheim wählt – gestützt auf ein einstimmiges Votum des Gemeinderats – diesen Weg. Auch die anderen Gemeinden haben die Wahl, die Aufgabe abzugeben oder aber selber tätig zu werden. Um die Vielzahl der Aufgaben meistern zu können, sei es erforderlich, so OB Salomo, bei der Stadt vier Stellen vorzuhalten, eine weitere im Quartier Härtsfeldstraße, wo die Caritas das Integrationsmanagement wahrnimmt. „Um den Integrationsprozess und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Stadt Heidenheim nachhaltig zu fördern, ist es unabdingbar, das Integrationsmanagement unabhängig von der Förderlandschaft zu verstetigen“, heißt es in der Beschlussvorlage des Gemeinderats zur Begründung.

Finanzielle Auswirkungen

Aufgrund der Zahl der Geflüchteten überweist das Land dem Landkreis für das Jahr 2025 knapp 307.000 Euro. Davon werden 92.000 Euro an die Stadt Heidenheim weitergeleitet. Übernimmt eine Kommune das Integrationsmanagement, so fördert der Kreis jede dafür vorgesehene Stelle mit weiteren 20.000 Euro. Bedeutet für Heidenheim unterm Strich: Die fünf Stellen (einschließlich der einen bei der Caritas angesiedelten, aber von der Stadt finanzierten) schlagen mit 409.000 Euro zu Buche. Abzüglich der Landesförderung von 92.000 Euro und dem Zuschuss des Landkreises in Höhe von 100.000 Euro hat die Stadt kommendes Jahr somit 217.000 Euro zu tragen. Bislang finanziert sie das Integrationsmanagement komplett aus Landesmitteln.

Kritik

Der Vorwurf, das Land mache sich einen schlanken Fuß, schwang jüngst in mehreren Stellungnahmen der Gemeinderatsfraktionen mit. Tanja Weiße (SPD) kritisierte, es sei „kein guter Zug, dass sich das Land aus der Verantwortung nimmt, weil es nämlich um den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft geht“. Ihre Unterstützung für das Vorgehen der Stadt signalisierte sie ebenso wie Petra Saretz (CDU), die eine „unstrittig notwendige Aufgabe“ ausmachte. Verärgert über die Kürzungen zeigte sich auch Ralf Willuth (Freie Wähler). „Wir stimmen aber zähneknirschend zu“, sagte er, „weil es am Ende viel teurer kommt, wenn man den Leuten nicht hilft.“ Ähnlich argumentierte Anamari Filipovic (Grüne). Sie sprach sich dafür aus, die Investition zu tätigen, „denn jeder Euro für Prävention kommt irgendwann zurück“.

2.026 Geflüchtete

Derzeit leben in der Stadt Heidenheim 2.026 geflüchtete Personen, davon 792 aus der Ukraine. 342 wohnen Angaben des Rathauses zufolge im Rahmen der Anschlussunterbringung in städtischen Unterkünften. Sie erhalten ebenso Unterstützung durch das Integrationsmanagement wie Geflüchtete in Privatwohnungen.

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