Als ich damals in Deutschland in den Flieger gestiegen bin, dachte ich nicht, dass Neuseeland, diese kleine Gruppe von Vulkaninseln am anderen Ende der Welt einmal mein Zuhause werden würde.
Vor fünf Jahren – nach meinem Studium an einer landwirtschaftlichen Hochschule im Frankenland – hat es mich sehr gereizt, mehr von der Welt zu sehen. Da ich zuvor noch nie allein verreist geschweige denn so weit weg von zu Hause weg war, dachte ich, es wäre um einiges spannender, ein Working Holiday in Australien zu starten. Jobs zu finden gestaltete sich dank voranschreitender weltweiter Pandemie komplizierter als gedacht, und so hangelte ich mich von Apfel- und Mandarinenplantagen über den Rebschnitt am Wein bis hin zu härtester körperlicher Arbeit bei einer Baumschule und Bartending in einem Hotel.
Im Dachzelt durch Australien
Als ich noch in den ersten Monaten mein Visum verlängerte, konnte keiner ahnen, wie streng und lang die Lockdowns um Melbourne sein würden und dass ich dort fast zwei Jahre lang wortwörtlich eingesperrt sein würde. Als der ganze Spaß aber endlich vorüber war, nutzte ich die Chance, um so ziemlich jede Ecke Australiens in meinem selbst ausgebauten Fourwheeler Dachzelt zu bereisen.
Ich habe sehr viel erlebt und gelernt, die wunderschönsten Erinnerungen gesammelt, und in dieser Zeit kristallisierte sich auch heraus, dass ich beruflich gerne in die Wein-Branche einsteigen möchte. Mein Wohnsitz war inmitten von Yarra Valley, einer Weinregion im Nordosten von Melbourne, wo ich schnell Arbeit auf einem Weingut fand. Die große Passion fürs Weinmachen entwickelte sich rapide, ich habe extrem viel gelernt – und 2024 zur Weinlese in Deutschland gearbeitet.
Das mit der großen Love-Story in Australien hat leider nicht geklappt. Außerdem starb ein für mich sehr wichtiger Mensch Anfang des Jahres, weshalb ein weiteres Visum für mich nach vier Jahren nicht mehr infrage kam und ich eigentlich schon fest entschlossen war, wieder nach Deutschland zu ziehen. Dafür bin ich umso zufriedener wie mein Leben jetzt aussieht.
Zwischen Meer, Flüssen, Bergen und Weinreben
Die Entscheidung für eine Weinlese in Neuseeland war vielleicht etwas unüberlegt, aber die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Ich bin hier sehr glücklich! Nach kurzer Zeit im Job habe ich einen großen beruflichen Fortschritt gemacht, werde gesponsert, um dort zu bleiben und trage nun offiziell den Titel „Winemaker“.
Vor kurzem habe ich auch den ersten Besuch aus der Heimat erhalten. Meine beste Freundin hat sich vier Wochen Zeit genommen, um mit mir gemeinsam Neuseelands Nord- und Südinsel zu erkunden. Die Landschaften hier sind vielfältig, abwechslungsreich und einfach atemberaubend: Den einen Tag geht man noch am Strand spazieren, und am nächsten Tag steht man plötzlich auf einem Gletscher inmitten der Berge.
Mittlerweile ist es das fünfte Weihnachten, das ich ohne meine Familie und Freunde in Übersee verbringen werde. Es ist noch immer etwas ungewohnt, dass Weihnachten im Sommer stattfindet – und mehr einer Gartenparty mit BBQ ähnelt. Feiern werde ich mit neu gewonnenen Freunden und der Familie meiner Mitbewohner in Blenheim, Marlborough – einem Ort zwischen Meer, Flüssen, Bergen und Weinreben und meine neue Heimat.
Viele Grüße an alle meine Liebsten fühlt euch fest gedrückt. Meine Türen stehen jederzeit offen für euch. Merry Christmas!