Leserbrief

Jeder kann eigene Verirrungen korrigieren

Leserbrief zum Beitrag „Wird alles schlimmer“ (Ausgabe vom 13. Januar):

Am Schluss ihrer Kolumne schreibt die Autorin: „Vielleicht ist die Angst vor Veränderung auch eine Typfrage“. Ein sehr bemerkenswerter Gedanke, denn möglicherweise entspringt dem Persönlichkeitstyp auch die Neigung zu einer politischen Richtung. So gibt es in individuell unterschiedlich starker Ausprägung und Mischung „Jägernaturen“ und „Bauernnaturen“. Die „Jägernatur“ sucht Neues und scheut dabei keine Abenteuer, die „Bauernnatur“ setzt auf Bewahrung und wünscht Sicherheit.

Politisch gesprochen: Die eine ist eher progressiv, die andere eher konservativ. Die eine mit „links“ und die andere mit „rechts“ zu identifizieren, erscheint mir zu kurz gegriffen. Denn gerade die eher dem linken politischen Spektrum zuzuordnenden Grünen haben sich die Bewahrung unserer natürlichen Lebensgrundlagen zum Ziel gesetzt, während die eher konservativen Unionsparteien sehr offen gegenüber technologischem Fortschritt sind. Die politischen Verortungen „links“ und „rechts“ sind aber auch aus anderen Gründen ungenau, da ineinanderfließend.

Dass jeder Mensch in seiner Natur gefangen ist, ist allein schon Grund für gegenseitigen Respekt. Schon weniger gefangen ist er in seinem Denken. Jeder kann von der Möglichkeit der Selbstreflexion Gebrauch machen und damit auch eigene Verirrungen erkennen und korrigieren, ja er kann sogar an seiner eigenen Natur arbeiten (siehe Boris Palmer), was zusätzlich Respekt verdient. Das Gleiche gilt für seine Aufgeschlossenheit und Urteilsfähigkeit gegenüber dem Neuen.
Dr. Veit Gruner, Heidenheim