Mit Lieferwagen auf Diebestour

Junges Paar klaute dreist Metallschrott von Baustellen in Heidenheim und Herbrechtingen

Eine 22-jährige zweifache Mutter hätte wegen zahlreicher einschlägiger Vorstrafen für ihre Diebstähle im Landkreis Heidenheim fast ins Gefängnis gemusst. Richter Dr. Christoph Edler gab ihr eine allerletzte Chance.

Randvoll mit geklautem Metallschrott war der Lieferwagen eines jungen Paares, als die Polizei das Fahrzeug im März dieses Jahres in Herbrechtingen stoppte. Doch allzu ernst nahmen die beiden die daraus resultierende Anzeige offenbar nicht, denn bereits im Juli bedienten sie sich ein weiteres Mal an Metallteilen, die auf einem Privatgrundstück in Heidenheim gelagert waren. Auch dabei wurden sie ertappt und mussten sich jetzt für die Taten vor dem Heidenheimer Amtsgericht verantworten.

Den Ernst der Lage schienen die 22-jährige Frau und der 28-jährige Mann aber immer noch nicht so wirklich erfasst zu haben. Die Frau unterdrückte mühsam ein Gähnen, während Richter Dr. Christoph Edler ihr Vorstrafenregister verlas. Dabei wären am Ende eben genau die dort verzeichneten sechs einschlägigen Vorstrafen und die seit 2023 bestehende Bewährung der Frau fast zum Verhängnis geworden.

Angeklagte bestreiten, von Diebstählen zu leben

Dass das Paar, das in Neu-Ulm wohnt, immer wieder unterwegs war, um Schrott zu sammeln, bestritten die beiden nicht. Sie hätten aber ein „vernünftiges Leben“ und würden nicht von Diebstählen leben, betonte der Mann, der aber in den vergangenen Jahren nur Gelegenheitsjobs hatte. Für Entsorgungsarbeiten habe er ab und zu Aufträge erhalten, eine entsprechende Gewerbeanmeldung gab es aber nicht. Immer wieder seien sie aber auch auf der Suche nach Metallschrott einfach in der Gegend herumgefahren. Sie hätten aber nichts mitgenommen, ohne die Besitzer um Erlaubnis zu bitten. Die Gespräche seien auf Deutsch geführt worden, bestätigte der Angeklagte auf Nachfrage von Richter Dr. Christoph Edler, der nachhakte, da die beiden Angeklagten im Prozess jedes Wort durch den rumänischen Dolmetscher übersetzen ließen.

In allen drei angeklagten Fällen waren die Besitzer aber nachweislich nicht um Erlaubnis gefragt worden. In Herbrechtingen hatten die beiden gegenüber einem Handwerker auf der Baustelle dreist behauptet, dass der Hausbesitzer Bescheid wisse. Der Handwerker hatte jedoch Zweifel, fotografierte den Lieferwagen samt Kennzeichen und kontaktierte seinen Auftraggeber, der die Polizei einschaltete. Kaum eine Stunde später entdeckten die beiden Angeklagten ausgebaute Alu-Fensterrahmen, die an einem Haus in Heidenheim standen. Auch diese verschwanden im Lieferwagen. Sie wurden dabei vom Besitzer beobachtet, der sich ebenfalls Polizei wandte. Eine Streife konnte das Fahrzeug in Herbrechtingen stoppen.

Der Sprinter sei komplett überladen gewesen, erinnerte sich der Polizeibeamte als Zeuge vor Gericht. Man habe die Alufenster gefunden und der Herbrechtinger Hausbesitzer habe seine Sachen direkt wieder aussortiert. Übriggeblieben sei dann aber immer noch ein Schrotthaufen mit unbekannter Herkunft. Der Wert des Diebesguts in diesen beiden Fällen wurde von der Polizei auf rund 300 Euro geschätzt.

Wenige Monate später schon wieder auf Diebestour

Um deutlich mehr Geld ging es bei dem Diebstahl, den die beiden Angeklagten wenige Monate später in der Heidenheimer Weststadt verübten. Eine abgebaute Dachrinne, Kupferkabel und anderer Metallschrott im Wert von rund 3000 Euro verschwanden in Windeseile an einem Sonntagmorgen im Lieferwagen des Paares. Eine Nachbarin wunderte sich über das laute Geklapper und beobachtete das Diebespaar, das „sehr fleißig gearbeitet habe“. Der Frau kam das seltsam vor, sie merkte sich das Kennzeichen, das wiederum zu den beiden Angeklagten führte.

Der 28-Jährige gab vor Gericht an, dass er zuletzt immer mal wieder gejobbt habe, aber keine feste Arbeit gefunden habe. Seine Partnerin, mit der er ein gemeinsames dreijähriges Kind hat, hatte bis zur Geburt ihres zweiten Kindes vor wenigen Monaten gearbeitet. Die beiden sind schon länger kein Paar mehr, wohnen aber zusammen. Seit einigen Wochen arbeitet der Mann nun bei einem Lieferdienst.  

Staatsanwältin forderte Gefängnisstrafe für die Angeklagte

Die Staatsanwältin ging bei der knappen finanziellen Lage des Paares davon aus, dass die Schrottdiebstähle als gewerbsmäßig anzusehen seien, weil damit Einkommen generiert wurde. Für die 22-Jährige sah sie angesichts der einschlägigen Vorstrafen und weil die Angeklagte unter Bewährung stand, keinen Spielraum mehr und forderte eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Sie gehe nicht davon aus, dass sich die Angeklagte durch eine weitere Bewährungsstrafe von Straftaten abhalten lassen werde.

Auch der 28-Jährige hat bereits sieben Einträge ins Bundezentralregister, hauptsächlich ging es dabei um Betrugs- und Körperverletzungsdelikte. Bisher war er mit Geldstrafen davongekommen, jetzt forderte die Staatsanwältin eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, allerdings zur Bewährung ausgesetzt, sowie eine Geldauflage von 3500 Euro. 

Die beiden Verteidiger zweifelten vor allem die Höhe des geschätzten Schadens an. Der Anwalt der 22-Jährigen sah in der Tat seiner Mandantin allenfalls eine „Beihilfehandlung“.

So begründet der Richter sein Urteil am Amtsgericht Heidenheim

Am Ende verurteilte Richter Edler beide Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Diebstahls. Der Mann erhielt eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten, zuzüglich einer Geldauflage von 1500 Euro. Die Frau wurde zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten und einer Geldauflage von 1200 Euro verurteilt. Für beide wurde die Strafe auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt.

Er habe sehr mit sich kämpfen müssen, so Richter Edler in seiner Urteilsbegründung. Eine weitere Bewährung für eine Straftat, die unter laufender Bewährung begangen wurde, sei äußerst schwierig. Er habe aber die junge Mutter davor bewahren wollen, dass sie mit ihren beiden kleinen Kindern ins Gefängnis müsse. Die geschätzte Höhe des Schadens nahm er zugunsten der Angeklagten mit 2000 Euro an. Diese Summe muss als sogenannter Wertersatz ebenfalls zurückbezahlt werden.

Zwei- bis dreimal die Woche Schrott angeliefert

Metallschrott zu verkaufen, kann ein einträgliches Geschäft sein. Wie ein Polizeibeamter als Zeuge vor Gericht berichtete, habe nach seinen Recherchen das Paar zwei bis dreimal wöchentlich Material an einen Schrotthändler geliefert und dabei laut Rechnungen jeweils an die 500 Euro erhalten.

Die beiden Angeklagten müssen zusätzlich zu den Geldauflagen, zu denen sie verurteilt wurden, auch noch den Wert des Diebesgutes als sogenannten Wertersatz bezahlen. Zu ihren Gunsten bezifferte Richter Dr. Christoph Edler den Wert des gestohlenen Metallschrotts auf 2000 Euro.

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