Käse selber machen? Molkereimeisterin Carmen Schwarz verrät, warum sich das lohnt
Worauf kommt es bei der Käseherstellung an? Molkereimeisterin Carmen Schwarz erklärt, wie es geht - und warum jeder das selbst zu Hause ausprobieren sollte.
Frau Schwarz, gibt es in der Käserei einen Ausbildungsberuf?
Ja, ich habe zunächst eine Ausbildung zur Milchtechnologin gemacht, danach den Meister und jetzt bin ich Molkereimeisterin.
Dann können Sie mir sicherlich erzählen, was beim Käse den Unterschied macht zwischen industrieller und handwerklicher Herstellung.
Bei uns kommt die Milch frisch vom Melken, ist höchstens 24 Stunden alt. Wir verwenden in erster Linie unsere eigene Joghurtkultur. Wenn die Bakterien aus dem eigenen Betrieb angesetzt werden, macht das einen großen Unterschied beim Aroma. Aus der Industrie schmeckt immer alles gleich, bei uns hängt der Geschmack von vielen Faktoren ab: Wer macht den Käse, wie sind die Temperaturen, welche Jahreszeit herrscht gerade? Das und viele andere Faktoren wirken sich aus, wir kommen dem Naturprodukt deutlich näher. Auch der Geschmack der Milch verändert sich übers Jahr, je nach Fütterung. Der Geschmack ist davon abhängig, ob die Kühe das Gras frisch (Frühling bis Herbst) oder im Winter als Heu oder Grassilage essen. Egal in welcher Form, bei uns bekommen die Tiere immer nur Gras.
Verwenden Sie auch Zusatzstoffe?
Ja, wir kaufen auch Kulturen dazu, damit die Grundmasse passt. Und wir verwenden tierisches Lab, weil das hochwertiger ist. Anderes Lab wird meist mithilfe von Gentechnik hergestellt, das ist im Bio-Bereich nicht erlaubt.
Wie entsteht Käse?
Zuerst muss die Milch angesäuert werden. Dann kommt Lab dazu, das macht die Milch dick und es entsteht Gallerte. Die wird dann geschnitten, die Milch wird ziemlich lange gerührt. Der so entstandene Bruch kommt dann in die Formen, die Molke kann ablaufen und über Nacht ist der Käse dann genügend gesäuert, wenn er bei Raumtemperatur steht. Am nächsten Tag kommt er dann in ein Salzbad, das ist wichtig für den Geschmack und die Haltbarkeit. Dann beginnt der Reifungsprozess.
Ist diese Grundmethode bei allen Käsesorten die gleiche?
Grundsätzlich ja, aber es gibt ganz viele Faktoren, die mit hineinspielen: Wie lange wird gerührt, wie viel Zeit gibt man dem Käse, wie lange liegt er im Salzbad? Eine wichtige Rolle spielt auch, wie grob man den Bruch schneidet. Weichkäse schneidet man größer, Hartkäse kleiner. Natürlich spielt auch die Reifezeit eine entscheidende Rolle.
Wie viele Käsesorten stellen Sie selbst her? Und welche Mengen produzieren Sie?
Insgesamt sind es sechs Sorten. Wir verarbeiten pro Woche 1200 Liter Milch zu Käse. Zehn Liter braucht man, um ein Kilogramm Käse herzustellen.
Würden Sie Leuten empfehlen, Käseherstellung mal selbst auszuprobieren?
Auf jeden Fall. Ich finde den Prozess sehr interessant, auch Kinder sollten mal erleben, wie das funktioniert. Einen Fetakäse kann eigentlich jeder herstellen. Man sieht gleich ein Ergebnis und kann es auch probieren.
Wie es ist, Käse einmal selbst herzustellen: Redakteur Andreas Uitz hat es ausprobiert
Und dann ist er endlich da, der Moment. Drei Wochen lang wurde der kleine Laib im Keller beobachtet, war mitzuverfolgen, wie sich allmählich die Rinde gebildet hat, die Außenseite farblich immer mehr von Weiß ins Gelbliche gewechselt hat. Inzwischen ist sie hart geworden, bildet einen Schutzschild fürs Innere. Doch wie sieht es da wohl aus?
Vorsichtig wird das Messer angesetzt, ein wenig Druck ist schon nötig, um die Rinde zu durchdringen, dann gleitet es weich durch die Masse und der Duft nach feinen Kräutern und frischem Käse verbreitet sich im Raum. Gelungen.
Milch, Lab und Joghurt - mehr braucht es nicht
Noch vor drei Wochen war dieser Käselaib nichts als ein paar Liter Milch. Um daraus selbst Käse herzustellen, bedarf es keiner großen Ausrüstung, sondern in erster Linie Zeit. Freilich lässt sich in der heimischen Küche nicht jede Art von Käse so einfach herstellen, doch der Versuch, mitzuerleben und dabei mitzuwirken, wie ein Lebensmittel entsteht, ist faszinierend. Am Anfang waren nur Milch, eine Labtablette und etwas Joghurt. Immer wieder wird leicht erhitzt, abgekühlt, erhitzt, abgekühlt und schon verwandelt sich die flüssige Milch wie durch Zauberhand in Gallerte.
Schon beim Schneiden dieser Masse, dem sogenannten „Bruch machen“ verändert sich die Konsistenz wieder, setzt sich die Molke vom späteren Käse ab. Natürlich muss während dieses Prozesses auch immer wieder längere Zeit gerührt werden, bevor der Käse abgeschöpft werden kann. In einem Abtropfbehälter hat die klumpige Masse jetzt Zeit, sich unter Druck zu verbinden, und einen Tag lang abzutropfen. Im Anschluss wird der inzwischen zum Laib gewordene Käse auf der Außenseite gesalzen und darf – unter regelmäßiger Salzpflege – ein paar Wochen lang reifen. Wie lange, ist reine Geschmackssache.
Feta und andere Käsesorten - ganz einfach Zuhause selber machen
Ein Hexenwerk ist die Herstellung eines einfachen Hartkäses, der durchaus auch mit Kräutern gewürzt werden kann, also keinesfalls. Ebenso einfach lässt sich auch feiner Feta produzieren, genauso wie viele andere Käsesorten. Der eigentliche Prozess ist dabei meist identisch, auch wenn es bei Zutaten und Verarbeitung Unterschiede gibt.
Ja, Käse gibt es in den unterschiedlichsten Varianten im Supermarkt, auf Wochenmärkten und in Hofläden zu kaufen. Warum also sollte man sich überhaupt die Mühe machen, selbst welchen herzustellen? Aus Spaß! Es ist die Faszination, selbst zu sehen und zu erleben, wie etwas entsteht, einen Prozess mitzumachen, über den man bisher eigentlich gar nicht nachgedacht hat. Das steigert die Wertschätzung für ein Produkt ungemein, auch wenn es nur im Einkaufswagen landet. Und es ist die Freude, nach Wochen des Wartens, in denen der Käse reift, den Anschnitt zu machen, das erste Stückchen zu probieren und zu erkennen: Wow, gelungen!