Ein Trägerverein für ein mögliches Kulturzentrum Michaelskirche gehört zur Vision, die das Architektenduo von Prinzmetal am Mittwochabend den mehr als 50 Interessierten vorstellte. Sie präsentierten die Erkenntnisse, die sie aus der zweimonatigen Veranstaltungsreihe im Sommer 2023 gewonnen haben sowie die Ideen, die sie daraus für die Zukunft der Michaelskirche entwickelt konnten. Dekan Gerd Häußler war angetan von dem großen Interesse an der Veranstaltung in der Kirche. Und auch dem Publikum gefiel überwiegend, was es zu hören und sehen bekam, stellte Fragen, applaudierte ab und zu und entwickelte selbst Ideen.
Ensemble aus Kirche und Pfarrhaus im Zentrum Heidenheims
Die größte Überraschung war ein Konzept, das ganz am Ende eines mehrjährigen Prozesses stehen könnte. Dabei wird die Michaelskirche zum ganzjährig bespielten Kulturzentrum, bei der das benachbarte Pfarrhaus mit einbezogen wird für Infrastruktur wie WC und Aufzug, aber auch für Ateliers und Probenräume. Begriffe wie literarischer Tisch oder Kultursalon tauchten in einer Visualisierung auf, die die Architekten an diesem Abend erstmals vorstellten.
Die Kirche selbst wird als Veranstaltungsort begriffen, in dem durch die flexible Bestuhlung und die Höhe des Raums von Subkultur bis hin zu Kunst und Sport vieles machbar ist. Die Freifläche zwischen Pfarrhaus und Kirche trägt den Namen "romantischer Winkel". Die Stufen werden zur Tribüne und die Plätze zur Konzertbühne, so wie es im Sommer 2023 schon geschehen war. Bestückt wird die Freifläche mit einer Klause und einer Boulderwand.
Michaels Freunde: Was hat es damit auf sich?
Ob das alles so einmal aussehen wird? Wahrscheinlich eher nicht. Aber dass man durchaus solche Visionen haben sollte, um sich auf den Weg zu machen, davon waren die beiden Architekten überzeugt. „Wenn man mit weniger Investitionen etwas Anderes erreicht, umso besser“, sagte Gerald Klahr, der gemeinsam mit Aaron Werbick den Prozess in den vergangenen beiden Jahren begleitet hat.
Ins Spiel bringen die beiden einen Trägerverein, den sie „Michaels Freunde“ nennen und der in den nächsten Monaten sukzessive entstehen könnte. Mit im Boot wären im Verein nicht nur die Kirche, sondern auch weitere Kulturschaffende oder Institutionen, die sich schon im vergangenen Jahr engagiert und die Kirche mit Leben gefüllt haben. Aber auch die Kooperation mit bereits bestehenden Strukturen wäre denkbar, wie etwa dem Bürgerhaus.
Fragen aus dem Publikum: Von Verein bis Aufzug
Aus dem Publikum kam eine Reihe an Fragen, die teils erst im Prozess selbst geklärt werden sollen. Welche Struktur soll der Verein haben? Wer ist haftungsrechtlich verantwortlich? Kann nicht zur Kirche hinauf selbst ein Aufzug eingebaut werden? Wurde geprüft, ob es in Heidenheim ein Potenzial für ein weiteres Kulturzentrum gebe?
Zumindest innerstädtisch gebe es keinen vergleichbar großen Raum, so die Antwort. Es gebe zwar das Bürgerhaus, aber das sei nichts für junge Kultur. Vermisst würden zudem Ateliers, Musikräume, wie eine Studie der Stadt ergeben habe. „Die Aktionswochen waren klasse, seien Sie optimistisch“, kam es ebenfalls aus den Reihen der Zuschauer sowie die Einschätzung, es werde keinen Konkurrenzkampf, sondern eine gegenseitige Bereicherung geben.
Finanzierung: Welche Möglichkeiten gibt es neben der Vermietung?
Wie kann die Finanzierung aussehen? Auch dazu machten die Architekten Vorschläge. Bisher trägt die evangelische Kirche die Unterhaltskosten. Die Veranstalter im Sommer hätten sich eine Miete von 100 Euro oder eine Halbierung der Einnahmen vorstellen können, sagte Klahr. „Damit erzielen wir einen vierstelligen, maximal einen niedrigen fünfstelligen Betrag.“
Allerdings gebe es zur Finanzierung andere Gedanken: Die Kirche als Begegnungsort mache sie für Sponsoren interessant. „Wir haben im Sommer erlebt, dass Sponsoren da waren, deshalb ist diese Annahme nicht aus der Luft gegriffen“, so Aaron Werbick. Über den Förderverein könnte man weitere Fördertöpfe erschließen, sagte Klahr. Ein weiterer Aspekt sei die Gewinnung von vertraglich festen Partner, die mit wiederkehrenden Veranstaltungen die Kirche nutzen könnten. Klahr blickte dabei auf Institutionen wie die Diakonie, aber auch die Stadt Heidenheim oder die Duale Hochschule. Weitere Säule sei die Vermietung, wie zum Beispiel für Firmenevents oder Hochzeitsfeiern.
Aus dem Boden gestampft werden soll erst einmal nichts. Die Architekten empfahlen einen sukzessiven Prozess, bei dem sich die Strukturen verstetigen und der Ort sich weiterentwickeln könne. Der Prozess müsse von unten beginnen. Falsch wäre es, für einen Umbau gleich Millionen von Euro in die Hand zu nehmen. Womöglich reiche es, zur Kirche erst einmal Transportschienen auf den Treppen anzubringen. Solche kleinen Schritte könnten der Anfang sein, um weiterzuwachsen.
Heidenheims Dekan Gerd Häußler: Schwierige Besitzverhältnisse
Die Michaelskirche gehört der evangelischen Kirche. Aktuell könne sie so, wie sie ist, genutzt werden, sagte Dekan Gerd Häußler auf Nachfrage. Es gebe keinen akuten Sanierungsbedarf. Vor einigen Wochen seien leichte Schäden am Dach behoben worden, es seien einzelne Dachziegel ausgetauscht worden.
Ganz anders sehe es beim Pfarrhaus aus. „Da ist eine vertrackte rechtliche Situation“, so der Dekan. Das Gebäude gehöre dem Land Baden-Württemberg. Aber die Kirche habe das Recht, es als Pfarrhaus zu nutzen. „Eigentlich brauchen wir es aber als Pfarrhaus nicht mehr, deshalb hat das Land auch kein Interesse, es zu sanieren.“ Verkaufen wolle das Land seine Gebäude aber auch nicht. Man habe nun erste Gespräche mit dem Land aufgenommen.
Aktionszeit in der Heidenheimer Michaelskirche steht
Damit sich die Bespielung der Michaelskirche fortsetzt und die Interessierten dranbleiben, soll es in diesem Jahr erneut eine Aktionszeit geben, die von 21. Juni bis 19. Juli dauern wird. Das erste Vorbereitungstreffen dafür findet am Freitag, 9. Februar, 19 Uhr, im ersten Stock des Paulusgemeindehauses statt.