Etwas abgeben vom eigenen Glück, geht das eigentlich? Die Mergelstetterin Brigitte Schwenk hat ihren Weg gefunden. Sie schenkt Menschen, die weniger als andere auf der Sonnenseite des Lebens stehen, Liebe und Achtung durch ihre ehrenamtliche Arbeit im Tafelladen und in der Wärmestube für Obdachlose.
Was ist wirklich wichtig im Leben? Es gibt keine universelle Antwort auf diese existenzielle Frage. Für Brigitte Schwenk liegt die Antwort in ihrem christlichen Glauben und der Liebe zu den Menschen. Das ist einer der Gründe, warum der heute 75-Jährigen vor zehn Jahren klar war: Wenn sie nicht mehr als Allgemeinärztin Menschen hilft, wird sie sich im Ruhestand ehrenamtlich für Menschen engagieren. Bewusst hat sie sich dem Tafelladen zugewandt, weil sie dort Minderprivilegierten helfen kann, was ihr persönlich wichtig ist. Später kam dann noch das Engagement für Wohnungslose dazu.
Anderen helfen: Deshalb war Allgemeinärztin Brigitte Schwenks Traumberuf
Der Wunsch, für andere Menschen da zu sein, zieht sich bei Brigitte Schwenk wie ein roter Faden durchs Leben. Schon als Kind lebte ihre Familie ehrenamtliches Engagement im Elternbeirat, in der Kirchengemeinde und in der kommunalen Parteiarbeit vor. Sie selbst habe nie einen anderen Berufswunsch gehabt, als Ärztin zu sein für Allgemeinmedizin. Bezeichnend für sie: In der klinischen Ausbildung wurde sie in den Gipsraum gerufen, wenn soziale Härtefälle zu verarzten waren. „Die anderen wussten, die Brigitte wird das schon richten.“ Nämlich mit Einfühlungsvermögen und den richten Worten.
Vor 47 Jahren zog Brigitte Schwenk mit ihrem Mann nach Heidenheim, hier kamen die beiden Kinder zur Welt. Ihr Mann, Dr. Harald Schwenk, leitete viele Jahre die Volkshochschule. Brigitte Schwenk bildete sich in der Suchtmedizin weiter. In ihrer Hausarztpraxis auf dem Erbisberg in Mergelstetten wandte sie sich wieder Menschen mit psychischen Problemlagen zu: Sie substituierte Suchtkranke mit Methadon. Parallel dazu war sie 25 Jahre lang im Kirchengemeinderat der Christkönigsgemeinde aktiv, brachte sich dort im Sozialausschuss und Missionsausschuss ein.
Was ist die Triebfeder für dieses Engagement?
Warum dieser Fokus, anderen zu helfen? „Dankbarkeit ist für mich eine starke Motivation“, sagt Brigitte Schwenk. „Dankbarkeit für die Dinge, die vom Himmel kommen und die wir nicht beeinflussen können. Dankbarkeit dafür, dass ich so gesund, fit und flexibel bin, diese ehrenamtliche Arbeit machen zu können.“ Ihre Tochter, die als Sozialpädagogin tätig ist, habe einmal gesagt: Das Wichtigste in diesem Beruf sei, die Menschen zu lieben. „Das ist auch meine Triebfeder.“
Seit zehn Jahren arbeitet Brigitte Schwenk im Tafelladen, kümmert sich dort um den Non-Food-Bereich, füllt die Regale auf, sortiert Kleider und spricht auch mit den Menschen, die mit kleinem Geldbeutel zum Einkaufen kommen. „Gerade die sozialen Kontakte sind für die Menschen oft sehr wichtig.“ Diakon Zumbel habe im alten Tafelladen einmal wöchentlich ein Gesprächskreis angeboten. Es seien weitgehend immer die gleichen Menschen gekommen, die dieses Schwätzchen sehr genossen hätten, erzählt Schwenk.
Wie hat sich die Klientel in den zehn Jahren verändert? Vor allem seien es viel mehr Menschen geworden, die hier einkaufen würden. Seit dem Zustrom durch Ukrainer falle ihr zudem eine Neiddebatte auf, die sie früher so nicht festgestellt habe.
Was Mergelstetter Firmlinge bewirkten
Zum Engagement im Tafelladen kam vor einiger Zeit noch der Einsatz in der Wärmestube für Wohnungslose dazu, was eher dem Zufall geschuldet war. Brigitte Schwenk begleitete eine Gruppe von Firmlingen. Die Jugendlichen schlugen von sich aus vor, für Wohnungslose zu kochen und tischten in der Wärmestube Chili con Carne und Erdbeerquark auf. Wie für die Firmlinge war es auch für Brigitte Schwenk der erste Kontakt zu Wohnungslosen, wobei sie ihr Engagement fortsetzte. Etwa einmal im Monat ist sie im Winter sonntags in der Wärmestube vor Ort, hilft bei der Essensausgabe, spricht mit den Menschen, gibt ein Teil ihres Glücks weiter. Und fährt auch schon mal nach Hause, um aus der eigenen Vorratskammer aufzufüllen, falls zum Beispiel die Knödel zum Gulasch knapp werden.
Dass sich die 75-Jährige in jüngster Zeit etwas zurücknimmt, hat nicht damit zu tun, dass ihr die Arbeit zu viel wird. Vielmehr sind mittlerweile andere Dinge ins Leben getreten, die einen wichtigen Platz einnehmen: die Familien ihrer Kinder am Bodensee sowie im Odenwald mit den Enkelkindern. „Die gehen vor.“
Kleider einkaufen auch ohne Tafelladen-Ausweis
Im November ist die Heidenheimer Tafel in größere Räumlichkeiten umgezogen. Der Laden befindet sich seitdem im Eckgebäude an der Wilhelmstraße 49. Mehr Platz gibt es seitdem auch für den Non-Food-Bereich, für den es eine Neuerung gibt: Seit der Eröffnung in den neuen Räumen kann jeder im sogenannten Fairkauf-Laden einkaufen, nicht nur Berechtigte mit Einkaufsausweis. Die Kundinnen und Kunden ohne Einkaufsausweis bezahlen den doppelten Preis.