Kultur

Kein Skandal um Rosi: Kulturbündnis Heidenheim startet mit Dreifach-Konzert ins Jahresprogramm

Die Bands "Cages", "Jeanny" und "Kuadra" präsentierten am Freitag, 28. Februar, im Heidenheimer Treff 9 spannende Facetten harter, zeitgenössischer Musik.

Skandal um Rosi? Wohl eher ein Drama: „Rosi“ heißt der Tour-Transporter der Wiener Band „Jeanny“, und genau dieser betagte T4 begann am Donnerstag in Münster zu röcheln. Zwar ließ sich die alte Dame noch dazu bewegen, die Band zum Auftritt am Freitagabend im Heidenheimer Treff 9 zu bringen, aber „Rosi“ rollte erst wenige Minuten vor Showtime ächzend auf den Hof.

Intensiver Sound mit Tiefgang: "Jeanny" aus Wien. Jens Eber

Wien? „Jeanny“? Genau, da kommt doch noch der Skandal ins Spiel. Mitte der 1980er-Jahre landete Falco mit dem gleichnamigen Song einen Riesenhit, der heute in seiner unangenehmen Art der Andeutung einer Gewalttat an einer jungen Frau nicht mehr vorzustellen wäre. Die zeitgenössischen „Jeanny“ spielen womöglich mit dem Querverweis zum Skandal, ihre Inhalte passen aber besser in die Gegenwart. Es geht um Alkoholismus und Depression, nicht plakativ, sondern mit Verstand und Tiefe. Als Sänger und Gitarrist Pablo Scheuhammer mit „Cecilia“, dem Titelsong des aktuellen Albums, ein Lied über seine jung verstorbene Mutter ankündigte, sah man den mitfühlenden Gesichtern seiner Bandkollegen an, wie viel Schmerz er in diese Zeilen legt.

Publikum im Heidenheimer Treff 9 blieb überschaubar

Musikalisch kombiniert „Jeanny“ den kantigen Post-Hardcore einer Band wie „Fjort“ mit dem intensiven Sprechgesang von Casper, während dank Orgel und Trompete auch mal „Element of Crime“ um die Ecke zwinkert. Die Österreicher hätten sich zum Tourabschluss ein deutlich größeres Publikum verdient gehabt, die Gäste im Jugend- und Kulturzentrum zeigten aber viel Gegenliebe.

Die Vermengung von Hardcore und Hip-Hop ist spätestens seit dem Crossover-Boom der Neunzigerjahre keine Neuigkeit mehr, dennoch gelang es den vier Italienern von „Kuadra“, das Klangbild in die Kälte und Hoffnungslosigkeit der neuen Zwanzigerjahre zu übertragen. Angetrieben von einer geradezu brutal verzerrten Gitarre, versiertem Bassspiel und gutem Schub vom Schlagzeug skandierte Yuri La Cava seine Texte in italienischer Sprache, indem er durch den Raum rannte, auf die Theke stieg und sich auf den Boden warf. Mangelndes Engagement wollte sich der Frontmann sichtlich nicht vorwerfen lassen.

"Kuadra": brachiale Musik aus Italien

Ließe man das politische Bewusstsein und die energische Dringlichkeit von „Rage Against The Machine“ auf die industrielle Kühle von „Nine Inch Nails“ und die musikalische Dichte des Post-Metal treffen, käme man der Intensität von „Kuadra“ schon recht nah. Getaucht in Nebel und rotes Licht hatte der brachiale Auftritt eine ebenso bedrückende wie befreiende Wirkung. Großes Kino auf kleiner Bühne, das live im Vergleich zu den elektronisch geprägten Studioaufnahmen lebendiger, aber auch noch härter wirkte.

Düster, brachial, mitreißend: "Kuadra" aus Italien. Jens Eber

Den Beginn des Abends hatte die Ludwigsburger Band „Cages“ gestaltet. Mit zeitgenössischem, sehr emotionalem Hardcore erinnerten sie an „Touché Amoré“. Die Mischung aus rabiaten Ausbrüchen, Melancholie, treibenden Beats und verzweifeltem Gesang hinterließ jedenfalls mehr als nur eine Duftmarke in Heidenheim. Starker Abend.

"Duft" und Kleiderkreisel

Das Konzert am Freitagabend im Treff 9 war für das 2024 gegründete Kulturbündnis Heidenheim der Start ins Jahresprogramm. Die nächste Veranstaltung steht bereits fest: Am Samstag, 22. März, treten ab 20 Uhr ebenfalls im Treff 9 die Bands „Duft“ (Electro-Pop), „Long Lost Radio“ (Indie-Rock) und „We Say So“ (Pop-Punk) auf. Am selben Tag findet ab 10 Uhr in der Stadtbibliothek die zweite Auflage des Heidenheimer Kleiderkreisels statt. Ausrangierte, aber noch tragbare Kleidung kann von 10 bis 13 Uhr gebracht werden, wer stöbern möchte, muss aber nicht zwingend selber Stücke mitbringen.

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