Die Mischung macht's, so viel ist bekannt. Ob die Mischung jedoch selbst immer will, liegt nicht automatisch auf der Hand. Hat denn jemals jemand Gelb und Blau gefragt, ob sie überhaupt Lust haben, gemeinsam Grün zu werden? Gefragt hat man zumindest Jakob Bareiß und Renato Settembre. Die Künstler sind beide Gewächse der Kunstakademie Stuttgart. Und wie jedes Jahr dürfen zwei Absolventen jener Akademie den Ausstellungszyklus der Heidenheimer Kunstvereins eröffnen – auch wenn sie sich zuvor zumeist gar nicht wirklich kannten. Doch die Mischung – um sich kurz zu wiederholen –, sie macht's bekanntlich.
Wenn die erste Kunstverein-Ausstellung des Jahres am kommenden Freitag, 12. Januar, eröffnet wird, steht nicht nur das Teamwork von Bareiß und Settembre auf dem Programm. Jeder für sich vereint in seinen jeweiligen Arbeiten Aspekte und Materialien, die auf den ersten Blick nicht zwangsläufig zusammengehören.
Der 1991 im italienischen Genua geborene und heute in Brüssel arbeitende Renato Settembre kombiniert etwa fragmentarische Abstraktionen und Figurationen. Die Ergebnisse hält er in Malereien, Zeichnungen und Druckgrafiken fest. Häufig findet dabei Stencil beziehungsweise Schablonenkunst Verwendung in seinen Werken. "Irgendwann ist in meinen Bildern dann die Schrift aufgetaucht. Vor allem Worte", erzählt Settembre.
Eines seiner Bilder weckt sofort Assoziationen mit einem Mund samt grüner Lippen – gleichzeitig ähnelt die Form einem schräg liegenden "e". Dieser Mund formt den Laut "Ah", im Hintergrund der Arbeit ist die Buchstabenfolge "AM" zu erkennen. Ein Stockwerk höher präsentiert Settembre eine Abfolge von Drucken, in diesem Fall Monotypien, also Druckergebnisse, die nur ein einziges Mal in dieser Form entstehen. Was am Ende des künstlerischen Prozesses herauskommt, weiß selbst Settembre bis zum Schluss nicht so recht.
Viele hängende Kunstwerke im Heidenheimer Türmle
Ganz anders und doch recht ähnlich geht Jakob Bareiß in seinem Schaffensprozess vor. Bareiß, der 1990 in Mutlangen geboren wurde und heute in Stuttgart arbeitet, kreiert in erster Linie Bildlandschaften. Welche Materialien er dafür verwendet, welche Untergründe, und ob der Prozess physisch oder digital vonstattengeht, variiert praktisch ständig.
Bei seinen im Türmle ausgestellten Arbeiten hat Bareiß oftmals zum Wachsmalstift gegriffen. Menschen, Tiere und auffallend viele Hände finden sich in seinen Werken wieder. Bareiß hat diese häufig auf Handtüchern, Decken und anderen Textiluntergründen verewigt. „Ich mag das Hängen“, erklärt der Künstler schlicht. Dadurch wirke die Arbeit leichter und flexibler, sowohl was das Material angehe als auch gedanklich.
Hin und wieder greift Bareiß dabei auf Künstliche Intelligenz zurück. Mittels ihrer generiert er gewollt überfüllte Szenerien, die im starken Kontrast zu den weiteren verwendeten Materialien und Mustern stehen. Bareiß schichtet, vernäht, verknüpft und vermischt unterschiedliche Bildsprachen zu einer. Es ist diese collagenartige Vorgehensweise, die Jakob Bareiß mit Renato Settembre gemeinsam haben, auch wenn ihre Stile bisweilen fast schon diametral entgegengesetzt sind.
„Maybella“ lautet der Titel der gemeinsamen Ausstellung. Der Begriff kombiniert – wie könnte es anders sein – das englische Wort „maybe“ und das italienische „bella“. „Vielleicht schön“, verkünden und fragen die beiden Künstler zeitgleich. Die Antwort darauf gibt's ab Freitag im Türmle.
Ausstellung im Türmle in Heidenheim ab 12. Januar
„Maybella“ wird am Freitag, 12. Januar, ab 19 Uhr mit einer Vernissage im Türmle eröffnet. Die Einführung erfolgt durch Professor Rolf Bier. Die Ausstellung selbst ist in Kombination mit einer Führung besuchbar, diese findet immer mittwochs ab 16 Uhr sowie samstags ab 11.30 Uhr statt. Die Finissage wird am Sonntag, 11. Februar, ab 11 Uhr in Verbindung mit einem Künstlergespräch abgehalten.