Aha. „Wenn ich weder eine Entschuldigung noch eine Unterlassung unterzeichnen muss, das spricht für sich.“ Heißt: Wenn jemand einen Ausfall Kiesewetters nicht juristisch verfolgt, dann war‘s auch keiner. Entgleisungen des Abgeordneten gab und gibt es immer wieder, deswegen überrascht eine weitere wie der genauso haltlose wie unsägliche Tweet nicht wirklich. Der Umgang damit allerdings schon. Die Strategie, sich im Vorfeld einer zu erwartenden rechtlichen Folge zu entlasten, ist auch nicht neu: löschen, entschuldigen, verharmlosen. Durch seine öffentliche Äußerung treibt Kiesewetter seine Kaltschnäuzigkeit auf die Spitze.
Als Betroffene einer seiner üblen Ausfälle, die diese – wie andere auch – nicht instrumentalisiert hat, weder rechtlich noch politisch, frage ich mich angesichts dieser, ob mein damaliges Entgegenkommen diese Verhaltensweise bestärkt hat. Reagiert Kiesewetter seinerseits doch sehr empfindlich mit juristischem Instrumentarium, auch gegenüber der Presse. Seine Grenzüberschreitungen werden zur Methode, seine Verleumdungen, wie hier geschehen, subtiler, dadurch aber nicht weniger verwerflich. Offenbar handelt Kiesewetter nach dem Motto „Frechheit siegt“. Und man lässt es ihm kommentarlos durchgehen.
Angesichts des immer aufgeheizteren Diskursklimas in unserer Gesellschaft, in der Rechtschaffenheit scheinbar galoppierend an Wert verliert, und Politikerinnen, egal auf welcher Ebene, ohnehin ein Mangel unterstellt wird, hat dies eine fatale Wirkung. Meiner Ansicht nach ist Kiesewetters Haltung verantwortungslos und eines Abgeordneten, der demokratische Werte und Redlichkeit leben sollte, unwürdig.
Margit Stumpp, Königsbronn