Wir sind uns alle einig: Weihnachten ist zauberhaft, voller Magie. Vor allem für Kinder. Es ist die Zeit der Traditionen und Bräuche. Und in das Sammelsurium unserer eigenen Bräuche hat sich jüngst eine skandinavische Tradition eingereiht. Denn auch im Kreis Heidenheim wächst die Anzahl der Familien, die in der Vorweihnachtszeit Besuch bekommen von sogenannten Weihnachtswichteln. Sie sind klein, unsichtbar – und ganz schön magisch.
Noch nichts von Wichteln gehört? Dann gibt es hier eine kurze Einführung.
Die kleinen Wesen heißen Lasse, Bosse und Co., wohnen in Hausmauern, was sich anhand vielfältig kreativ geschmückter Türchen oder ganzer Wichtelhäuser zeigt. Der ursprünglich skandinavische Brauch hat sich auch hier bei uns verbreitet und erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Im hohen Norden sind Weihnachtswichtel schon jeher Tradition. Die kleinen magischen Wesen sollen Helferlein des Weihnachtsmannes sein. Sie sind nachtaktiv, kommunizieren per Brief im Miniformat. Und nachts so ganz allein kommen die Wesen mitunter auf allerlei Ideen – und treiben regelrechten Schabernack.
Noch bevor sie laut Brauch am 24. Dezember, wieder ausziehen, haben wir einige Wichtel und ihre Gastfamilien besucht, allerlei erfahren – und sogar einen Wichtelweg gefunden.
Bei Familie Walter in Heidenheim wohnt Wichtel Snorre
Ein kleiner süßer Kerl namens Snorre lebt in der Vorweihnachtszeit bei Familie Walter in Heidenheim. Für den fünfjährigen Kilian ist der kleine Wichtel ein echter Freund geworden. In den ersten Dezembertagen war Kilian früh auf den Beinen, um auch alles mitzubekommen und sicherzugehen, dass Wichtel Snorre wieder einzieht. „Da ging der Tag um 5.30 Uhr los“, sagt Mama Nicola Walter. Snorre verzauberte der Familie die Zeit bis Weihnachten – und machte allerlei Streiche, tauschte etwa die Adventskranzkerzen gegen Karotten aus oder packte Nüsse in die Schuhe. Mama Nicola sagt: „Das ist einfach schön und es macht Spaß. Warum soll man nicht auch mal einen neuen Brauch einführen?“ Die Familie jedenfalls ist ganz im Wichtel-Fieber. „Das greift tatsächlich um sich“, sagt Nicola Walter.
Lasse macht bei Familie Baygin in Nattheim allerlei Unfug
Bei Familie Baygin in Nattheim treibt Lasse bereits seit fünf Jahren sein Unwesen. Immer pünktlich zur Vorweihnachtszeit zieht er ein – lässt sich für seine Anreise aber jedes Jahr etwas Neues einfallen. „Dieses Jahr kam er mit einem Mini-Heißluftballon“, sagt Mama Esra Baygin. Den Kindern Zaira und Suat versüßt das die Adventszeit. Der Lohn für die Mama: „Die leuchtenden Augen meiner Kinder.“ Lasse gehört so schon fest zur Familie – und jeder freut sich, wenn er wieder da ist. Er lässt Zahnbürsten gefrieren, schmeißt Partys und kann aus einem Frühstücks-Ei ein Schoko-Ei zaubern. Mama Esra Baygin ist ganz verzückt, selbst ihr macht der Wichtel-Zauber viel Spaß. Fest steht: Der kleine Wichtel ist der Familie ziemlich ans Herz gewachsen. Hach, Lasse.
In Demmingen gibt es sogar Klassenwichtel
Im Klassenzimmer der Kombiklasse 1c/2c in Demmingen wohnen im Dezember auch Wichtel. Klassenwichtel sozusagen. Klassenlehrerin Jessica Haschka freut sich mit ihren Schülerinnen und Schülern jedes Jahr über den Einzug. Dieses Jahr waren Wichtelfrau Irmelie und Wichtel Tom in Demmingen untergekommen – die beiden brachten ganz schön viel Zauber ins Klassenzimmer. So haben Irmelie und Tom einen Adventskalender für die Schüler mitgebracht, und auch ein Freundebuch, in das sich alle Kinder eintragen dürfen. Und Streiche gab es sowieso. Ob hier dann noch Unterricht möglich war? „Wir brauchten morgens zehn Minuten länger, aber sonst klappte alles“, sagt Jessica Haschka und freut sich, dass sie mit Irmelie und Tom den Weihnachtszauber ins Klassenzimmer tragen kann.
Wichtel Nisse sorgt bei den Kochs in Bolheim für leuchtende Augen
Ein kleiner Wichtel namens Nisse war beim dreijährigen Ben Koch und seiner Familie in Bolheim zu Besuch. Nisse war nun schon zum zweiten Mal bei den Kochs eingezogen. Mama Sandy hatte den Brauch entdeckt und direkt für schön und magisch befunden. Sie sagt: „Das kommt richtig gut an bei uns.“ Jedenfalls war es morgens immer erste Amtshandlung von Ben, nach „seinem Nisse“ zu schauen. Der Wichtel schrieb Briefe und stellte auch mal was an. So hatte Nisse etwa bereits einen Schneemann aus Klopapierrollen oder einen Mini-Adventskranz aus Pfeifenputzern gezaubert. Für Ben gab es auch schon geheime Botschaften, die mit der Taschenlampe entziffert werden mussten. Ganz klar: Bei Mama Sandy, Papa Steffen und Sohn Ben gehört Nisse zur Familie. „Das Magische ist so toll und die glücklichen Kinder sind das Schönste“, sagt Sandy Koch.
Beate Niedrist-Wernitz hat in Stetten einen ganzen Wichtelweg organisiert
Klein, aber oho: In Stetten ob Lontal ist quasi der ganze Ort im Wichtelfieber. Hier gibt es bereits zum zweiten Mal einen Wichtelweg, den Besucher ablaufen können. Beate Niedrist-Wernitz hat diesen initiiert und andere Stettener mit ins Boot geholt. So sind heuer 26 Stationen, verteilt in ganz Stetten, entstanden. Kleine Häuschen, zauberhafte Türchen, Hügel mit Baumwurzeln: Die Stettener haben sich ordentlich was einfallen lassen. „Das ist absoluter Wahnsinn, was hier entstanden ist“, sagt Beate Niedrist-Wernitz. Die Erzieherin freut sich an dem neuen Brauch: „Das ganze Magische daran ist so herrlich. Und wenn man den Kindern eine Freude machen kann, ist doch alles gewonnen.“ Übrigens: An der Mitteldorfstraße 25 kann man sich kleine Wichtelweg-Pläne abholen, anhand derer man sich durch Stetten hangeln kann. Laut der Initiatorin benötigt man zirka eine Stunde.