Opernfestspiele Heidenheim

Könner treffen in der Pauluskirche auf Könner

Wie der Kammerchor und das Barockorchester Stuttgart unter der Leitung von Frieder Bernius in der Heidenheimer Pauluskirche für "Seelenheil" sorgten.

Könner treffen in der Pauluskirche auf Könner

Seelenheil – nie war es so wertvoll wie heute, angesichts der Unruhe, die in den heutigen Zeiten steckt. Das mag ein Grund sein, warum das Konzert „Seelenheil“ am Sonntagabend die Zuhörer in Scharen anzog und die Pauluskirche nahezu voll werden ließ. Ganz sicher ein Grund war aber der Ruf, der den Ausführenden vorauseilt: Der Kammerchor Stuttgart war zusammen mit dem Barockorchester Stuttgart zu Gast und unter der Leitung von Frieder Bernius und mit ihrer makellosen Darbietung erreichten sie tatsächlich, dass all das Unruhige des Alltags verschwand und eine tiefe seelenvolle Ruhe einkehren konnte.

Glücklich mag sich der Chorleiter schätzen, der einen Chor voller Solisten leiten darf, die ein Gesangserlebnis bieten können, das seinesgleichen sucht. Kristallklar, präzise, perfekte Harmonie und das in einer Intensität, die vermuten lassen könnte, es handle sich um einen Chor von vier Dutzend Sängerinnen und Sängern. Gerade mal achtzehn Mitglieder hat der Chor, fünf Sängerinnen und 13 Sänger. Und alles, was der Chor singt, verblüfft durch eine ungeheure Homogenität, die auch das Barockorchester miteinschließt. Hier wird alles zur Einheit, alle Künstler gleichberechtigt, keiner in den Vordergrund drängend, selbst die Solisten unter den Chorsängern verstanden es, sich zugunsten des großen Ganzen einzufügen.

Publikum Teil der Einheit

Und das war es: ein großes Ganzes, ein ganz großes Konzert, in dem auch das Publikum Teil dieser Einheit wurde. Sich hineinfallen zu lassen in das brillante Gesangserlebnis war der Schlüssel hierzu, und der war bereits in den ersten Takten des Konzerts mühelos zum Öffner geworden. Die gehörten zur Motette „Singet dem Herrn“ von Johann Sebastian Bach, und das ihm inne wohnende Jubilieren erfüllte Ohr und Herzen der Zuhörer ebenso wie die bewegenden, berührenden Passagen. Glanzvoller hätte der Auftakt nicht sein können, zumal der Chor hier bereits sein feines Gespür für Tempo und Dynamik bewies – alles, alles war pure Makellosigkeit. Sie zeigte sich in den schnellen, überschäumenden Sätzen, sie zeigte sich in den ruhig und innig fließenden Melodien, sie zeigte sich in Artikulation und Modulation, sie zeigte sich auch in Energie und Strahlkraft. Chorleiter Frieder Bernius kann hier offenbar bei seinen Sängerinnen und Sängern aus dem Vollen schöpfen – und er tut dies in völliger Unaufgeregtheit. Vielmehr wirkt hier die volle Konzentration, die auch Chor und Orchester zu eigen ist. Könner treffen auf Könner – das mag das Geheimnis dieser Makellosigkeit sein.  

Ergriffenheit im Publikum

Die sich im Übrigen nahtlos fortsetzte in Johann Sebastian Bachs Kantate „Du wahrer Gott und Davids Sohn“ und Jan Dismas Zelenkas „Missa Corporis Domini“, die ebenfalls zum Programm gehörten. Die Hingabe des Publikums war den Ausführenden auch bei diesen Werken gewiss. Eine solche Ergriffenheit machte sich breit, dass es ein paar Sekunden der Sammlung benötigte, bis das Publikum applaudieren konnte. Das tat es dann aber lang und anhaltend, nicht selten im Stehen, im Herzen den Wunsch, dass dieser Vortrag nicht enden möge, das „Singet! Singet“ aus dem Auftaktstück wäre hier den Zuhörern aus dem Herzen gesprochen. Darin eingeschlossen wäre auch das Barockorchester, das seinerseits seinen nicht zu unterschätzenden Beitrag für dieses ganz herausragende Konzert im Rahmen der Opernfestspiele leistete.

Zugabe als Geschenk ans Publikum

Sicherlich gibt es viele Wege, Seelenheil zu finden. Vielleicht gehört das so unerhört konzentrativ und intensiv betriebene Singen, wie an diesem Abend gezeigt, dazu. Ganz sicher aber ist ein Weg, Auge, Ohr und Herz für diesen Vortrag zu öffnen und sich ganz durchströmen zu lassen. Das „Dona nobis pacem“, das Geschenk an das Publikum als Zugabe, gab dazu abermals Gelegenheit. Allergrößten Respekt und tiefe Bewunderung erhielten die Ausführenden für diese phänomenale Leistung in Form von langem Beifall und der immer noch anhaltenden andächtigen Ruhe, in der er gegeben wurde.