Die Kreistagsfraktionen signalisieren, welche Punkte sie mitgehen und an welchen Stellen Änderungen wahrscheinlich sind. Für die 14-köpfige stärkste CDU-FDP-Fraktion sprach Bernhard Ilg, früherer Oberbürgermeister von Heidenheim. Der Giengener Oberbürgermeister Dieter Henle vertrat die Freien Wähler, die mit zehn Kreisrätinnen und Kreisräten die zweitgrößte Fraktion sind. Beide Verwaltungsfachmänner verknüpften mit ihren Reden zahlreiche Anträge zum Haushalt. In den Punkten, in denen beide übereinstimmten, sind Änderungen am wahrscheinlichsten, sollten alle Mitglieder ihrer Fraktionen diese mittragen.
Seine erste Haushaltsrede im Kreistag hielt Heidenheims Oberbürgermeister Michael Salomo für die SPD/Die Linke-Fraktion, die neun Mitglieder hat. Sein Ansatz: Um den Kreishaushalt zu sichern, werde sich die Fraktion dafür einsetzen, dass Bund und Land ihren Verpflichtungen nachkommen und ausreichend Mittel zur Verfügung stellen.
Michael Sautter sprach für die zusammengeschrumpften Grünen, die mit der ÖDP eine Fraktion mit sechs Mitgliedern stellen. Der reaktivierte Fraktionsvorsitzende, der auf 40 Jahre kommunalpolitische Erfahrung zurückblickt, fokussierte sich stark auf originär grüne Umwelt-Themen und sah auch die Verantwortlichen vor Ort in der moralischen Pflicht, „alle erdenklichen Maßnahmen zu ergreifen, um dem Klimawandel und seinen Folgen zu begegnen.“ Kuriosum in der Grünen-Haushaltsrede: Sautter forderte eine Veranstaltung zur Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen im Landkreis, die „teilweise zu erheblichen Kollateralschäden geführt haben.“ Dass die Regelungen von Bund und Ländern erlassen wurden, merkte er aber auch an.
Überhaupt zum ersten Mal war im Kreistag eine Haushaltsrede der AfD zu hören, Heiko Röllig vertrat die fünfköpfige Fraktion. Noch stärker als die anderen Fraktionen ließ er bundespolitische Themen in seinen Vortrag einfließen, vermischte an manchen Stellen auch die Ebenen und Zuständigkeiten. Er schloss mit einer pauschalen Ablehnung des vorgestellten Haushalts und forderte im Namen seiner Fraktion „deutliche Nachbesserungen“, ohne diese konkret zu benennen oder Anträge dazu zu stellen.
Mehr Geld durch höhere Kreisumlage
Über allen Themen, die im Einzelnen angesprochen wurden, stand die schwierige finanzielle Lage des Landkreises, die vor allem durch die hohen Ausgaben für das Klinikum belastet wird. Um mehr Einnahmen zu generieren, kann der Landkreis nur die Kreisumlage erhöhen. Diese Abgabe müssen die elf Gemeinden im Landkreis proportional zur Höhe ihrer eigenen Steuereinnahmen bezahlen, den Prozentsatz bestimmt der Landkreis. Nicht weiter erstaunlich also, dass die beiden Fraktionen CDU/FDP mit acht Bürgermeistern in ihren Reihen und die Freien Wähler mit dem Oberbürgermeister der zweitgrößten Kommune an der Spitze der geplanten massiven Erhöhung der Kreisumlage um 4,5 Punkte auf 37,5 Prozent widersprachen und übereinstimmend eine Erhöhung von 2,5 Prozentpunkten beantragten. Für die Grünen hingegen führt an der geplanten immensen Erhöhung „kein Weg vorbei“. Michael Sautter signalisierte Landrat Peter Polta: „Wir werden ihn mitgehen.“ Heidenheims OB Michael Salomo kritisierte zwar die Erhöhung der Kreisumlage und rechnete vor, dass die Stadt Heidenheim 2025 einen Betrag von 33,44 Millionen Euro an den Landkreis abführen müsste. Mit einem Antrag war diese Bemerkung aber nicht verbunden.
Weg mit den Kreisbau-Anteilen?
Konträrer Ansicht sind die beiden größten Fraktionen hinsichtlich der Kreisbau-Gesellschaft: Die letzte im Landkreis verbliebene kommunale Wohnungsbaugesellschaft befindet sich zu 27,1 Prozent im Besitz des Landkreises, weitere 37,3 Prozent halten Städte und Gemeinden. Bernhard Ilg (CDU), der als Oberbürgermeister der Stadt Heidenheim auch den Verkauf der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GBH vorangetrieben hatte, stellte den Antrag, den Wert dieser Kreisbau-Anteile sowie die Voraussetzungen für einen möglichen Verkauf prüfen zu lassen. Dafür gab es prompten Widerspruch von Dieter Henle (Freie Wähler), dessen große Kreisstadt Giengen mehr als zehn Prozent der Kreisbau-Anteile besitzt: „Der Verkauf von Anteilen an der Kreisbau durch den Landkreis käme einem Verscherbeln von Tafelsilber gleich und wäre für uns inakzeptabel“, so Henle.
Geld für Radweg einsparen
Quasi schon vom Tisch sind die Ausgaben von rund 500.000 Euro für einen Radweg von Aufhausen nach Großkuchen. Die Planung dafür ist nicht abgeschlossen, ein sinnvoller Verlauf des Wegs konnte noch nicht gefunden werden. Die CDU beantragte die Herausnahme aus dem Haushalt und die Prüfung, wie viele Nutzer dieses Weges es gäbe. Auch die Freien Wähler beantragten die Einsparung einer halben Million Euro an dieser Stelle. Die AfD hingegen hat einen Vorschlag eingereicht, um den geplanten Radweg sicherer zu machen.
Zentrum für Klimaschutz abschaffen?
Kontrovers waren die Ansichten zum vom Landkreis erst vor einem Jahr gegründete Zentrum für nachhaltige Energieversorgung, Klimaschutz und Klimafolgenanpassung, kurz Zekk. Bernhard Ilg beantragte für die CDU-/FDP-Fraktion eine Aufstellung aller Koordinatoren-Stellen beim Landkreis und die Benennung der damit verbundenen Kosten, hob aber das Zekk besonders hervor, da dieses wegen der vom Land vorgegebenen Gesellschaftsform eines Wirtschaftsprüfers bedarf, was Kosten von knapp 10.000 Euro nach sich ziehe. Die Freien Wähler gingen noch einen Schritt weiter und stellten den Antrag, das Zekk „zum frühestmöglichen Zeitpunkt abzuwickeln“, so Dieter Henle. Ganz anders die Meinung der Grünen/ÖDP-Fraktion: Michael Sautter versicherte volle Unterstützung für das Zekk und sprach davon, dass das Zekk auf Dauer sicherlich mehr Personal brauche.
Brenzbahn-Ausbau bleibt wichtig
Konsens herrschte darüber, dass der Ausbau der Brenzbahn wichtig ist und so schnell wie möglich kommen sollte. Allerdings beantragte die CDU, die für 2025 veranschlagten Ausgaben von vier auf zwei Millionen Euro zu reduzieren, da die Finanzierungsvereinbarungen mit allen beteiligten Landkreisen noch ausstehen. Die gleiche Stoßrichtung hat der Antrag der Freien Wähler, die eine Reduzierung auf ein bis zwei Millionen Euro vorschlagen. Michael Salomo nannte den Ausbau der Brenzbahn ein wichtiges Thema, da der Nahverkehr „für unsere Klimaziele und die regionale Entwicklung“ eine entscheidende Rolle spiele. Michael Sautter lobte das Engagement von Landrat Polta für die Brenzbahn und betonte, dass bereits die Ausbauphasen 1 und 2 mit einem einstündigen Takt des Regionalexpress (RE) eine bessere Anbindung an den Fernverkehr in Ulm und Aalen bringen würden. Auch die AfD sieht großes Potenzial im Ausbau der Brenzbahn, allerdings wolle die Fraktion „dieses Projekt vorsichtig angehen“.
Wo geht es hin mit dem Klinikum?
Bekenntnisse zur kommunalen Trägerschaft beim Klinikum Heidenheim gab es auch allenthalben. Große Hoffnung setzt man auf die in Auftrag gegebene Strategie, wobei die CDU/FDP beantragte, zunächst einmal das Ziel der Strategie festzulegen und damit auch, ob das Klinikum ein Level-3-Haus mit Maximalversorgung werden soll oder man sich mit dem Level 2, der Regel- und Schwerpunktversorgung zufriedengeben wolle. Die Freien Wähler hätten sich gewünscht, früher über eine Strategie informiert zu werden, die Grünen finden den Schuldenstand „mehr als besorgniserregend“. Michael Salomo sagte: „Einsparungen allein werden nicht ausreichen.“ Es gehe um gezielte Investitionen und eine sinnvolle Kostenstruktur. Die AfD-Fraktion hat es nicht geschafft, sich über den gesamten Prozess der Klinikmodernisierung, der seit 2009 läuft, einen Überblick zu verschaffen. „Das Konzept, das die Zustimmung zu einer Investition von 140 Millionen Euro für das Klinikum sicherte, ist uns nicht in allen Details bekannt“, so Heiko Röllig. Er versprach aber, die AfD-Fraktion werde dies „nicht politisch ausschlachten“. Grundsätzlich unterstütze die AfD die neue Klinikstrategie.
Bei der Sozial- und Jugendhilfe sparen?
Bezüglich der Sozial- und Jugendhilfe, die im Kreishaushalt ein Budget von knapp 100 Millionen Euro umfasst, forderten sowohl CDU/FDP-Fraktion als auch die Freien Wähler, dass der Landkreis hier zwei Millionen Euro einsparen soll. Bernhard Ilg beantragte, dies in den Bereichen zu tun, in denen die Bundes- oder Landesförderung deutlich hinter den Ausgaben zurückstehe. Dieter Henle verwies auf die präventiven Maßnahmen, die zuletzt betont worden seien, um spätere höhere Kosten zu vermeiden. Heiko Röllig verknüpfte die sogenannten Transferleistungen ausschließlich mit „unkontrollierter Migration“, einer angeblich gescheiterten Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt und mit der Tatsache, dass fast jeder zweite Empfänger von Bürgergeld keinen deutschen Pass habe. Deshalb sollen die Ausgaben in diesem Bereich reduziert werden.
Was sind Transferleistungen?
Als Transferleistungen werden staatliche Hilfen an Privatpersonen oder Unternehmen bezeichnet, für die keine Gegenleistungen erbracht werden müssen. Beim Landkreis sind die größten Posten Jugendhilfe, Grundsicherung und Eingliederungshilfe. Viele Transferleistungen sind gesetzliche Pflichtleistungen, bei denen der Landkreis keinen Handlungsspielraum hat. Aber es gibt auch freiwillige Ausgaben, beispielsweise die Unterstützung von Vereinen oder präventive Maßnahmen.