65 Millionen für Neubau und OP-Roboter

Kreistag beschließt Zukunftspaket fürs Klinikum

Das Heidenheimer Klinikum wird modernisiert und bekommt hochmoderne Technik für Operationen. Der Beschluss des Kreistags und welche Auswirkungen er hat:

Kreistag beschließt Zukunftspaket fürs Klinikum

Der Kreistag hat in seiner Sitzung am Montag beschlossen, das Klinikum mit 65 Millionen Euro zu unterstützen. Davon fließen 4,5 Millionen Euro in die Anschaffung von hochmodernen OP-Robotern, 60,5 Millionen Euro bezahlt der Landkreis für den nächsten Bauabschnitt der Kliniksanierung. Dieser wird insgesamt 138,5 Millionen Euro kosten, wovon das Land Baden-Württemberg 78 Millionen Euro übernimmt. Noch im Juli sollen die Rohbauarbeiten für das neue Gebäude L ausgeschrieben werden. Bei einer Beauftragung im November oder Dezember hoffen die Verantwortlichen, dass der Bau des neuen Gebäudes im Januar 2024 beginnen könnte. Der dafür erforderliche Abriss und der Aushub der Baugrube sind bereits im vergangenen Jahr erfolgt.

Landrat Peter Polta sprach in der Kreistagssitzung von einer „wichtigen Weichenstellung“ für das Klinikum, die das Gremium dann auch einstimmig vornahm. Das Förderangebot des Landes von 78 Millionen Euro bezeichnete Polta als „vergleichsweise hohe Förderung“, die das Ergebnis guter und harter Verhandlungen gewesen seien. Dr. Dennis Göbel, Geschäftsführer des Klinikums, stellte den Stand der Planungen für das neue Haus L vor. Es entsteht südwestlich auf dem Klinikgelände, und zwar dort, wo das Bettenhaus A und die Strahlentherapie abgerissen wurden. Es soll neue Kreißsäle enthalten, Bereiche für Eingriffe in der invasiven Kardiologie, der Endoskopie und der Urologie, die Kinderklinik inklusive der Kinderambulanz und eine Wahlleistungsstation. Außerdem finden hier in Zukunft die Personalumkleide, der Reinigungsdienst und die Bettenaufbereitung einen Platz.

Roboter als Wettbewerbsvorteil

Der Kreistag hat aber nicht nur die räumliche Modernisierung des Klinikums beschlossen, sondern auch den Weg frei gemacht für die Anschaffung von OP-Robotern, die laut Dr. Göbel in den vergangenen Jahren einen enormen Aufschwung erlebt haben. Diese moderne Technik sei mittlerweile ein wichtiges Kriterium bei der Wahl einer Klinik: „Viele Patienten rufen an und fragen, ob wir damit schon arbeiten“, berichtete der Geschäftsführer. Heidenheim könne sich damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber umliegenden Kliniken verschaffen. 

Das Klinikum bleibt noch einige Jahre eine Baustelle: Erst Ende 2026 soll das neue Haus L (Baugrube links oben im Bild) in Betrieb gehen. Geyer Luftbild

Bernhard Ilg, Vorsitzender der CDU/FDP-Fraktion im Kreistag, bekundete die Zustimmung seiner Fraktion: „Wir haben nicht nur die Verantwortung für die medizinische Versorgung der Bevölkerung im Landkreis, sondern auch die für rund 1800 Mitarbeitende im Klinikum“, sagte er. Ilg beglückwünschte Peter Polta zu seinem Verhandlungsgeschick gegenüber dem Land, kritisierte aber auch, dass das Land „seine eigenen Gesetze nicht einhält“. Denn eigentlich müsste das Geld für die Klinik-Infrastruktur komplett aus Stuttgart kommen. „Wir bezahlen das, weil wir ein attraktives und leistungsfähiges Krankenhaus haben wollen“, so Ilg. Die Kehrseite: Der Landkreis muss immer mehr Kredite bedienen, die Kreisumlage wird stetig ansteigen. „Die Städte und Gemeinden müssen das tragen, obwohl sie selbst immer mehr Aufgaben haben“, merkte der frühere Heidenheimer Oberbürgermeister an.

Eine finanzielle Mammutaufgabe

Walter Macher (SPD) versicherte auch die Zustimmung seiner Fraktion: „Wir halten es für sehr wichtig, unser Klinikum zukunftsfähig zu machen.“ Auch er sprach von einer finanziellen Mammutaufgabe, „der wir uns stellen müssen“. Matthias Kraut (Freie Wähler) betonte für seine Fraktion, dass „uns das Klinikum immer wichtig war”. Die Kreisbevölkerung brauche eine gute medizinische Versorgung. „Es ist traurig genug, dass man für ein dringend benötigtes Klinikum so kämpfen muss“, so Kraut.

„Wir waren uns im Kreistag selten so einig wie beim Klinikum“, betonte Margit Stumpp (Grüne). Die Qualität der Arbeit im Klinikum habe die Entscheidung erleichtert. „Jetzt müssen wir aber auch investieren, um sie zu halten“, so Stumpp. Das Klinikum sei ein Standortfaktor auch für zukünftige Arbeitskräfte, die in den Landkreis Heidenheim kommen sollen. „Wir haben jetzt als Landkreis priorisiert, die Gesundheitsversorgung steht an erster Stelle“, sagte Stumpp. Bildung, Betreuung und Sozialbereich dürften aber nicht vergessen werden und seien genauso wichtig.

Kreiskämmerer Jürgen Eisele sagte, dass die Eckpunkte zur Klinikreform für ihn bisher enttäuschend seien, „da keine Aussagen zur Finanzierung enthalten sind“. Noch immer seien die Träger der Kliniken gefordert, die entstehenden Lücken zu füllen. Er werde sich nun mit Hilfe eines externen Beraters daran machen, einen Kreditvertrag für die 65 Millionen Euro auszuarbeiten. Die Kapitalbeschaffung werde die künftigen Jahresergebnisse des Landkreises belasten und die Handlungsfreiheit einschränken. Die Klinik selbst müsse bei der Finanzierung auch mit ins Boot geholt werden, allerdings erst nach dem erfolgten Neubau, wenn auch höhere Einnahmen beispielsweise durch mehr ambulante Operationen möglich seien.

2022 fehlten 3,2 Millionen Euro

Das Klinikum macht Jahr für Jahr Verluste, weil die Erlöse aus den Leistungen die Kosten nicht decken können. 2022 lag der Fehlbetrag bei rund 3,2 Millionen Euro. Im Jahr zuvor waren es rund 1,6 Millionen Euro. Geschäftsführer Dr. Dennis Göbel stellte dem Kreistag den Halbjahresbericht für das laufende Jahr vor. Auch für 2023 muss mit einem Verlust von rund 1,5 Millionen Euro gerechnet werden. „Wir haben kein Kostenproblem, sondern ein Erlösproblem“, erläuterte Göbel. Die Fallzahlen im Klinikum liegen zwar über denen des Vorjahres, aber nach wie vor unter dem Vor-Corona-Niveau.