Die Staatsanwaltschaft Ellwangen ist die für den Landkreis Heidenheim zuständige Strafverfolgungs- und Vollstreckungsbehörde. Die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte haben ihren Sitz in Ellwangen im benachbarten Ostalbkreis und sind für ein Gebiet zuständig, das bis nach Crailsheim und Bad Mergentheim reicht. Am Freitag berichteten sie bei einer Pressekonferenz von den aktuellen Herausforderungen ihrer Arbeit und zogen Bilanz für das Jahr 2023. Das waren die wichtigsten Fragen, die vom leitenden Oberstaatsanwalt Andreas Freyberger und Staatsanwalt Maximilian Adis, der für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, beantwortet wurden:
Wie hoch ist die Kriminalitätsbelastung?
Wie viele Verbrechen passieren, kann man an den sogenannten Häufigkeitszahlen ablesen. Diese geben die Zahl der Fälle pro 100.000 Einwohner an. 2023 lag die Häufigkeitszahl bundesweit bei 7042 Fällen, in Baden-Württemberg bei 4952 Fällen. „Das ist ein sicheres Bundesland“, so Oberstaatsanwalt Andreas Freyberger.
Hat die Staatsanwaltschaft Ellwangen viel zu tun?
„Mehr als in den letzten zehn Jahren“, ist die Antwort von Andreas Freyberger auf diese Frage: Die Zahl der Fälle, bei denen bekannte Personen beschuldigt wurden, lag mit 23.309 Fällen höher als in den Jahren zuvor, und auch die Fälle, bei denen gegen Unbekannt ermittelt wurde, erreichte mit 16.546 einen Höchststand.
Hat die Staatsanwaltschaft genug Personal für ihre Arbeit?
Die Zahl der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte lag 2023 bei 35, mittlerweile sind es 36. Dazu kommen aktuell sechs Rechtspfleger, 13 mittlere Beamte, 32 Tarifbeschäftigte und zwei Justizwachtmeister. „Trotzdem fehlen uns 3,5 Staatsanwälte“, erläutert Freyberger. Dies sei aber im Vergleich zu anderen Staatsanwaltschaften „gar nicht so schlecht“. Trotzdem muss jeder Staatsanwalt rein rechnerisch pro Tag sieben Fälle abarbeiten.
Geht das?
„Wir tun unser Bestes, um hinterherzukommen. Aber es wird immer schwieriger“, so Freyberger. 2023 wurden 22.855 Verfahren erledigt, 2959 Verfahren blieben offen. Auch die Zahl der offenen Verfahren ist in den letzten zehn Jahren angestiegen. „Ich fürchte, das wird auch so bleiben“, sagt Freyberger angesichts der steigenden Zahlen von Verfahren. Hinzukommt, dass die Fälle, in denen gegen unbekannte Täterinnen oder Täter ermittelt wird, immer aufwendiger werden. Oft handle es sich dabei um Betrug im Internet. „Wenn wir Glück haben, floss Geld auf ein deutsches Konto“, so Freyberger. Wenn es ins Ausland ging, seien die Ermittlungen entweder sinnlos oder zumindest sehr aufwendig, da ein Rechtshilfeersuchen gestellt werden müsse. „Solche Verfahren machen uns mehr und mehr Arbeit“, erläutert der Oberstaatsanwalt.
Endet jedes Ermittlungsverfahren in einem Gerichtsprozess?
Nein, das ist nur bei einem sehr kleinen Teil der Verfahren der Fall: In 5,9 Prozent der Fälle wird von der Staatsanwaltschaft Anklage erhoben. Wesentlich häufiger, nämlich in 13,6 Prozent der Fälle, ergeht ein Strafbefehl. „Das ist nicht nur gut für die Gerichte, die damit nicht belastet werden, sondern auch gut für den Täter, der sich keiner öffentlichen Verhandlung stellen muss“, meint Oberstaatsanwalt Freyberger. 35,5 Prozent der Fälle werden mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt und weitere 29,3 Prozent auf andere Art erledigt. Dies kann die Abgabe an eine andere Staatsanwaltschaft sein, aber auch die vorläufige Einstellung des Verfahrens.
Wie lange dauert es, bis ein Verfahren abgeschlossen wird?
Die durchschnittliche Verfahrensdauer liegt bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen bei 47,26 Tagen. „Damit sind wir nicht mehr die schnellste Staatsanwaltschaft im Bezirk“, bedauert Freyberger. Aber auch nicht die langsamste, denn im Durchschnitt dauern Verfahren im Bezirk der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart 56,44 Tage.
Welche Delikte sind am häufigsten?
Straßenverkehrsdelikte machen mit 15,88 Prozent den größten Anteil aus. Danach folgen Betrugs- oder Untreuevergehen mit knapp 13 Prozent, gefolgt von Diebstahl (9,82 Prozent) und Körperverletzung (knapp 9 Prozent). Verschiedene Delikte mit geringeren Anteilen werden unter Sonstige mit 41,38 Prozent zusammengefasst. „An dieser Zusammensetzung hat sich in den letzten Jahren nicht viel verändert“, sagt Freyberger.
Behörde vor dem Umzug
Die Staatsanwaltschaft ist in Ellwangen derzeit am Marktplatz im ehemaligen Stiftsrathaus untergebracht. Dieses wurde 1748 unter Mitwirkung von Balthasar Neumann, der auch das Kloster Neresheim entworfen hat, in unmittelbarer Nähe der Basilika St. Vitus gebaut. In dem historischen Gebäude befindet sich auch das Landgericht. Da nicht genug Platz vorhanden ist, ist die Vollstreckungsabteilung der Staatsanwaltschaft in einem anderen Gebäude untergebracht.
In der Nähe des Bahnhofs soll nun ein neues Gebäude für die Staatsanwaltschaft gebaut werden, der Bezug soll Ende 2025 erfolgen. Ein Behördenumzug sei zwar „nicht ganz so einfach zu bewältigen“, sagt der leitende Oberstaatsanwalt Andreas Freyberger, jedoch sei der Neubau gut für den Standort, gut für die Staatsanwaltschaft und würde auch dem Landgericht mehr Platz bescheren.