Die Bundestagswahl am 23. Februar rückt näher und der Wahlkampf nimmt zunehmend an Fahrt auf. In Heidenheim sind besonders an den Samstagen viele Parteien in der Fußgängerzone mit Infoständen vertreten. Eine Gruppierung fällt besonders auf, sie platziert sich auf der Karlstraße mit einer Reihe von Schildern, die dann abwechselnd durch die Fußgängerzone getragen werden. Darauf finden sich Schmähungen von Parteien, aber auch von einzelnen Politikern wie Gesundheitsminister Karl Lauterbach.
Laut Auskunft der städtischen Pressestelle handelt es sich dabei um eine Schilder-Demo, die vom 4. Januar bis zum 22. Februar an jedem Samstag in der Heidenheimer Fußgängerzone stattfindet. Es sei also kein Informationsstand, „sondern eine angemeldete Versammlung, die von uns genehmigt ist“, so Pressesprecher Christoph Steeger. Die Versammlungsteilnehmer würden in Gruppen die Fußgängerzone auf und ab gehen. Die Schilder erinnern in ihrer Zielrichtung an die der sogenannten Montagsspaziergänger, auch soll es bei der Aktion in der Fußgängerzone personelle Überschneidungen mit der AfD geben.
Banale Sprüche in vier Meter Höhe
Mittendrin sieht man seit Ende Dezember 2024 noch ein anderes Schild, das besonders hoch über den Passanten schwebt. „Wenn es nur darum geht, banale Sprüche hochzuhalten, dann wählt doch mich“, ist auf vier Meter Höhe zu lesen. Schildträger ist meistens der Heidenheimer Künstler und Kommunikationsdesigner Rainer Jooß. Auslöser dafür, mit einem eigenen Schild unterwegs zu sein, war für den Heidenheimer der Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt.
Eine ernsthafte Auseinandersetzung
Er sagt, es gehe ihm mit der Aktion „Banale Sprüche“ darum, der Banalität vieler Wahlplakate mit Humor zu begegnen. „Die Komplexität vieler gesellschaftlicher Probleme verdient eine ernsthafte Auseinandersetzung, anstatt mit hetzerischen Sprüchen auf Stimmenfang zu gehen“, so Jooß. Leider setze gerade der rechte Rand der Parteienlandschaft, aus seiner Sicht insbesondere die AfD, auf diese Methode, die letztlich niemandem gerecht werde und lediglich Empfindlichkeiten hofiere. Er wundere sich nicht, dass eine mit banalen und hetzerischen Wahlaussagen gefütterte Gesellschaft ihre Dialogfähigkeit verliere.
Die Komplexität vieler gesellschaftlicher Probleme verdient eine ernsthafte Auseinandersetzung...
Rainer Jooß, Künstler
Zum Dialog bereit zeigt Jooß sich jeden Samstag – und auch seine Mitstreiterinnen, die das Schild abwechselnd tragen. Mitinitiatorin der Kunstaktion ist Anamari Filipovic, Vorsitzende der Grünen-ÖDP-Fraktion im Heidenheimer Gemeinderat. Auch Tanja Weiße, Vorsitzende der SPD-Linke-Fraktion, ist mit dem „Banale Sprüche“-Schild unterwegs.
Beide Kommunalpolitikerinnen betonen, dass es ihnen bei dieser Aktion nicht um Parteipolitik gehe – diese vertreten beide am jeweiligen Stand ihrer Partei. „Wir würden uns auch noch weitere Mitstreiter und Mitstreiterinnen wünschen, die kein politisches Amt haben“, sagt Anamari Filipovic.
„Wir haben uns überlegt, wie man klug und lustig auf die Schilder reagieren kann, die mich sehr ärgern“, erzählt die Grünen-Stadträtin. So sei die Idee entstanden, der Schilder-Demo künstlerisch Paroli zu bieten. Nicht immer würden die Passanten den Sinn der Aktion auf Anhieb verstehen, aber man komme mit vielen Menschen ins Gespräch, wobei sich dann die Gelegenheit ergebe, das eigene Tun zu erklären, so Filipovic.