Preisverleihung

Kurt-Bittel-Preis für Bamberger Archäologin

Im Rahmen eines Festaktes im Konzerthaus Heidenheim wurde am Freitagabend Dr. Iris Nießen mit dem Kurt-Bittel-Preis für Süddeutsche Altertumskunde der Stadt Heidenheim geehrt. Nießen ist die 18. Preisträgerin.

Kurt-Bittel-Preis für Bamberger Archäologin

Dr. Iris Nießen ist die 17. Trägerin des Kurt-Bittel-Preises für Süddeutsche Altertumskunde. Ausgezeichnet wurde sie für ihre Dissertation mit dem Titel „Donau-Ufer Regensburg: Genese einer Ufersiedlung zum mittelalterlichen Stadtquartier“, mit der sich die Forscherin in den Augen der sechs Mitglieder der Preisfindungskommission gegen fünf andere nominierte Arbeiten durchsetzen konnte. Im Rahmen eines Forschungsprojekts fanden von 2009 bis 2015 umfangreiche Ausgrabungen am Regensburger Donaumarkt statt. In die interdisziplinäre Studie waren neben umweltarchäologischen Erkenntnissen auch Daten aus der Archäobotanik, der Geologie, der Anthropologie und Dendrochronologie sowie der Archäozoologie eingeflossen.

In ihrer Dankesrede sagte Iris Nießen, dass es ihr eine besondere Freude sei, mit dieser Preisverleihung in die Fußstapfen von Kurt Bittel treten zu dürfen, denn dieser Preis genieße ein hohes Ansehen in der archäologischen Forschung. „Für mich ist es eine große Ehre, Anerkennung für die Arbeit zu bekommen. Wenn man an seiner Dissertation sitzt, dann macht man das häufig allein. Und dann fragt man sich schon das eine oder andere Mal: Wer liest das denn überhaupt?“ So gesehen sei sie sehr überrascht und erfreut, dass es Menschen gebe, die sich für ihre Arbeit interessierten, so Nießen.

"Und dann fragt man sich schon das eine oder andere Mal: Wer liest das denn überhaupt?“

Dr. Iris Nießen

Die heutige Menschheit stehe angesichts des von ihr ausgelösten Anthropozäns und der damit einhergehenden „immensen Umweltzerstörung“ vor „gewaltigen Herausforderungen“, erläuterte Iris Nießen in ihrer Dankesrede. Unsere Gesellschaft sei auf der Suche nach einer neuen Beziehung zum Planeten Erde, nach einer „neuen Verortung im naturalen System“. So gesehen lebe man gerade in einer „ideengeschichtlichen Zeitenwende“. Die Archäologie, aber auch andere historische Forschungen hätten das Potenzial, für diese gesellschaftliche Entwicklung einen „Reflexionsraum zum Umgang mit der Natur“ und Orientierungswissen anbieten zu können, erläuterte sie.

Im Anschluss an die Preisverleihung trug sich Iris Nießen auch in das Goldene Buch der Stadt Heidenheim ein. Foto: René Rosin

Überreicht wurden die Urkunde und das Preisgeld von Heidenheims Bürgermeisterin Simone Maiwald. Die hatte in ihrer Rede die außerordentliche Bedeutung materieller Zeugnisse vergangener Lebenswelten für die heute Lebenden betont. „Über Herkunft und Geschichte Bescheid zu wissen, kann Verständnis für lokale Entwicklungen entstehen, kann Bindungen wachsen lassen und die Identifikation mit dem Umfeld steigern“, so Maiwald. Angesichts der Tatsache, dass viele Menschen zugewandert seien, hätten solche Erkenntnisse heutzutage eine „immer größere Bedeutung“.

Iris Nießen wurde 1989 in Köln geboren und verbrachte ihre Kindheit und Jugend in Frankfurt am Main. „Ich habe schon während meiner Schulzeit im Rahmen eines Praktikums meine erste Ausgrabung am römischen Theater in Mainz mitgemacht“, sagt sie. Familiär geprägt worden sei sie - was ihren Beruf angeht - nicht, sie habe schon immer ein Interesse für die Vergangenheit gehabt. Für ihr Studium der Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit schrieb sie sich nach dem Abitur an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg ein, dort hat sie 2014 auch ihren Master erlangt. Nießen lebt mit ihrer Familie in Bamberg.

Akademisch tätig in Bamberg, Jena, Berlin, Leipzig und Tübingen

Für ihre Promotion wechselte Iris Nießen anschließend an das Seminar für Ur-und frühgeschichtliche Archäologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Anschließend forschte sie an der Technischen Universität Berlin im Rahmen eines Projekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG zu Stadthäusern aus der Zeit vor dem 13. Jahrhundert. Noch während der Projektlaufzeit arbeitete sie bis zum Jahr 2022 auch als Assistentin ihres Seminarleiters Prof. Dr. Peter Ettel an dessen Lehrstuhl in Jena.

Zur Zeit ist Dr. Iris Nießen am sogenannten „LeipzigLab“, einem Laboratorium der Universität Leipzig beschäftigt. In der interdisziplinären Arbeitsgruppe „Historische Anthroposphären“ erforscht sie menschengemachte Veränderungen von Auen und Mooren und die daraus resultierenden Folgen für die Biodiversität. Dabei untersucht sie nicht nur den menschlichen Einfluss, sondern auch die Wechselwirkungen mit der Natur. Damit soll Wissen über den ökologischen Wandel in komplexen Systemen bereitgestellt werden, dass zur Erhaltung heutiger Ökosysteme unverzichtbar ist. Parallel dazu forscht Iris Nießen im Rahmen eines Forschungsprojekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft zu Auen-Räumen auch an der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Kurt Bittel: Namhafter Archäologe

Der Kurt-Bittel-Preis ist mit 5.500 Euro dotiert und wird seit 1989 für herausragende wissenschaftliche Arbeiten - publiziert oder unpubliziert - auf dem Gebiet der süddeutschen Altertumskunde verliehen. Benannt ist er nach dem gebürtigen Heidenheimer Prof. Dr. Dr. hc Dr. hc Kurt Bittel und wird alle zwei Jahre von der Stadt Heidenheim an der Brenz vergeben. Bittel leitete von 1931 bis 1977 die Ausgrabungen in der ehemaligen Hauptstadt der Hethiter, Ḫattuša, in der türkischen Provinz Çorum nahe der Ortschaft Boğazkale. Er erforschte auch das Leben der Kelten und Römer in Mitteleuropa. Von 1960 bis 1972 war er zudem Präsident des Deutschen Archäologischen Instituts.

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