Christine Sommer ist durch Auftritte in Serien wie „Kommissar Rex“, „Bettys Diagnose“ oder „Alisa – Folge deinem Herzen“ sowie Kinofilmen wie „Harms“ oder „Frauen“ einem breiteren Publikum bekannt geworden. Die gebürtige Wienerin mit der großen Leidenschaft fürs Schauspiel und einer noch größeren Hingabe für Literatur durfte sich an der Seite ihres Ehemanns Martin Brambach ausleben, der an diesem Abend den kongenialen Gegenpart bildete.
Brambach ist bekannt für ambigue Rollen, die er mit ungemein vielfältigen Charaktereigenschaften füllt – jederzeit eloquent, gekreuzt mit subtilen, manchmal bösen und teils vertrackten Untertönen. In Filmadaptionen wie „Der Fall Barschel“, „Wellness für Paare“ oder „Das Leben der Anderen“ brillierte er und seit 2016 ist er im Tatort Dresden als Kommissariatsleiter Peter Michael Schnabel zu sehen, der sich äußerst eigenbrötlerisch gegen moderne Klischees zu wehren versucht (Motto: Frauen sind dazu geeignet, eher Kaffee zu kochen denn Ermittlungsarbeit nachzugehen). Kurzum: ein schauspielerisches Chamäleon, das Ekelpaket und Prince Charming mühelos unter einen Hut bringt und dabei jederzeit polarisiert.
Lust, Leidenschaft und Hingabe über den Tod hinaus
An diesem überaus vergnüglichen und tiefenentspannten Abend kam also die romantische Ader von Christine Sommer und Martin Brambach zum Vorschein. Die Bühne in ein malerisches, sinnliches Rot getaucht, Kerzenlicht so weit das Auge reicht, rote Rosen und der betörende Duft eines umgarnenden Parfüms - so jedenfalls präsentierte sich der Lokschuppen an diesem Abend nicht: eher dezente Klassenzimmerromantik mit Schultisch, Leselampe und zwei etwas in die Jahre gekommenen Stühlen.
Schnell sollte sich herausstellen, dass Liebesbriefe nicht immer nur romantische Liebeserklärungen beinhalten, sondern der ein oder andere lyrische Ansatz das genaue Gegenteil bewirkt.
Napoleon Bonaparte richtete einen von Eifersucht überschäumenden Brief an seine Frau Joséphine de Beauharnais, mit überaus fordernden Ansprüche. Der deutsche Dichter Gottfried August von Bürger musste hingegen erkennen, dass er nicht seine Frau Dorothea liebte, sondern deren Schwester Augusta Maria Wilhelmine Eva Leonart. Nach dem Tod von Dorothea ehelichte er Augusta, die allerdings kurze Zeit später ebenfalls verstarb. Dreiecksbeziehungen können aber auch sowas von kompliziert sein.
Da darf man eine Lobeshymne auf den früheren britischen Premierminister Winston Churchill anstimmen. Seine Clementine wurde als „der helle Glücksstrahl des Lichts bezeichnet“. Das klingt schon eher nach Lagerfeuerromantik. Und der deutsche Schriftsteller Kurt Tucholsky erläuterte seine Gefühle bei einem Spaziergang im Nebel.
In Erinnerung dürfte auch die signifikante Aussage von Virginia Woolf bleiben, die ihrem „Traumprinzen“ gestand, dass sie Angst vor der Ehe hätte und ein Kuss von ihm sich anfühlt wie der von einem Stein. Klingt nach perfekten Voraussetzungen für eine lang andauernde, harmonische Partnerschaft. In Johann Wolfgang von Goethe Liebesbrief floss dessen philosophische Ader ein, während es Marlene Dietrich in ihrem Liebeskummer nach Leberwurstbroten dürstete – getreu des Mottos: Wer isst, vergisst. Interessant war auch der innige und rege Briefwechsel zwischen der Schauspielerin Olga Leonardowna Knipper und dem Schriftsteller Anton Pawlowitsch Tschechow, der weit über den Tod hinaus ging. Martin Brambach hatte seine Gitarre dabei, und immer wieder streuten die beiden Songs ein, darunter den Titel „Somethin‘ Stupid“, welchen Frank Sinatra mit seiner Tochter Nancy zu einem Klassiker machte. Vor allem Christine Sommer fiel während der musikalischen Intermezzos mit ihrem stimmgewaltigen Timbre auf.
Liebe bedarf keiner großen Worte
Die knapp 250 Besucher jedenfalls wurden im Lokschuppen bestens unterhalten. Es gab viel zu Lachen, eine Menge zum Schmunzeln, aber auch zahlreiche Lektüren, die zum Nachdenken animierte. Christine Sommer und Martin Brambach spielten sich gekonnt die Bälle zu. Zudem schafften es die beiden, die Spannung durchweg aufrechtzuerhalten. Häufig wurde nach dem Liebesbrief das Antwortschreiben verlesen, was den Ausführungen eine gewisse Kontinuität verlieh. Nach nicht ganz 120 Minuten hieß es dann: „La poésie est fini“. Wer sich fragte, wie wohl ein Liebesbrief von Martin Brambach an seine Christine inhaltlich aussehen würde, bekam zum Schluss der Veranstaltung die passende Antwort: Hand in Hand verneigten sie sich vor ihrem Publikum und gaben sich einen Kuss. Romantisch und ohne Worte.
Gemeinsame Projekte von Christine Sommer und Martin Brambach
Christine Sommer und Martin Brambach wissen nicht nur als „Liebesbriefbotschafter“ zu überzeugen. In Albert Ramsdell Gurney’s „Love Letters“ erzählen die beiden die Geschichte einer lebenslangen Freundschaft. Beim „Abend für Verlierer“ widmen sich Sommer und Brambach dem deutsch-amerikanischen Dichter und Literaten Charles Bukowski. Die bewegende Filmnovelle „Es wird schon nicht so schlimm“ von Hans Schweikart gehört ebenso in die Vita wie der Kinderklassiker „Karlsson auf dem Dach“ von Astrid Lindgren. Der „Ruhrgebietsabend“ bietet allerlei Geschichten aus dem Pott (die beiden wohnen in Recklinghausen) und knisternd geht es beim „Erotischen Frühlingsabend“ und „Das erotische Kochbuch“ zu.
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