Verlagerung nach Österreich

Voith will Hydro-Produktion in Heidenheim schließen

Voith hat am Mittwochnachmittag bekannt gegeben, dass die Produktion im Konzernbereich Hydro von Heidenheim nach St. Pölten in Österreich verlagert werden soll. Betroffen sind rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Voith kündigte am Mittwochnachmittag an, die Fertigung im Konzernbereich Hydro in Heidenheim schließen und an den Standort St. Pölten in Österreich verlagern zu wollen. Betroffen davon sind rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Fertigung. „Betriebsbedingte Kündigungen werden nicht erfolgen“, heißt es in der Pressemitteilung des Unternehmens. So weit möglich sollen den Betroffenen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten bei Voith Hydro oder in anderen Konzernbereichen angeboten werden.

Das finanzielle Sorgenkind

Voith beschäftigt derzeit insgesamt rund 4000 Mitarbeitende am Standort Heidenheim in den Konzernbereichen Hydro (Wasserkraft), Paper (Papiermaschinen) und Turbo (Antriebe). Die Konzernsparte Hydro bezeichnete Dr. Toralf Haag, Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung, bei der Vorstellung der Bilanz 2022/23 als Sorgenkind des Unternehmens, was die Gewinne angeht: „Hydro ist in der Profitabilität noch unbefriedigend“, so Haag im Dezember.

Im Zusammenhang mit der Verbesserung der Ergebnissituation seien bei Voith Hydro nun die weltweiten Produktionsstandorte genauer analysiert worden, darunter auch die Fertigungen in Heidenheim und in St. Pölten. Das Ergebnis laut Mitteilung des Unternehmens: Die Verlagerung der Produktion aus Heidenheim nach St. Pölten sei „die wirtschaftlichste und zukunftsfähigste Option für Voith Hydro“. Der Standort Heidenheim soll sich künftig auf das Service-Geschäft fokussieren. Auf HZ-Nachfrage erläutert die Pressestelle des Konzerns, dass die Produktionskapazitäten durch die Bündelung von zwei Werken angepasst – sprich verringert – würden. Für den Standort St. Pölten sprechen laut Voith „Kostenstruktur, Qualitätshistorie, Investitionsbedarf, aber auch Produktivitätsbetrachtungen.“

Heidenheim bleibt Hauptsitz

Nichtsdestotrotz bleibe Heidenheim weiterhin Hauptsitz des Konzernbereichs Hydro, an dem ein erheblicher Teil der Wertschöpfung erbracht werde, wird in der Pressemitteilung betont. Neben dem globalen Forschungs- und Entwicklungszentrum, in dessen Erweiterung das Unternehmen erst kürzlich investierte, seien Vertrieb, Engineering, Einkauf, Projektmanagement, Logistik, Qualität, Field Service und weitere Schlüsselfunktionen in Heidenheim angesiedelt und würden projektbezogen ausgebaut. Außerdem sei geplant, in Heidenheim weiterhin einen Teil der Wartungs- und Reparaturarbeiten sowie verschiedene Support-Leistungen für europäische Anlagen anzubieten.

„Wir werden alle von der beabsichtigten Verlagerung der Fertigung betroffenen Kolleginnen und Kollegen eng begleiten und bestmöglich unterstützen“, so Andreas Wellmann, Geschäftsführer von Voith Hydro EMEA. „Wir sind nach reiflicher Überlegung zu der festen Überzeugung gelangt, dass die Zusammenlegung der Fertigungsaktivitäten in St. Pölten und die Fokussierung des Standortes Heidenheim auf Service die richtigen Schritte sind, um beide Standorte zukunftssicher aufzustellen.“ Die Fertigung findet derzeit noch in einer Produktionshalle auf dem Heidenheimer Werksgelände statt. Was mit dem Gebäude in Zukunft passieren soll, werde „in verschiedenen Szenarien und Vorschlägen geprüft.“

Wertschöpfung vor Ort erhalten

Bei den Vertretern der Arbeitnehmer, IG-Metall-Geschäftsführer Tobias Bucher und Konzernbetriebsratsvorsitzender Alexander Schlotz, stellt sich die Situation anders dar: „Es geht darum, die industrielle Wertschöpfung in Heidenheim zu erhalten“, so Gewerkschafter Bucher. Sei eine Produktion vor Ort erst einmal verloren, komme sie in der Regel auch nicht wieder. Bei der Information der Betroffenen, die am Mittwochmittag erfolgte, seien viele enttäuschte Gesichter zu sehen gewesen. „Unsere Sorge als Gewerkschaft ist in diesen Zeiten auch: Inwieweit bleibt das Vertrauen in Voith als Arbeitgeber bestehen?“, so Bucher.

Auch Betriebsratsvorsitzender Alexander Schlotz glaubt nicht daran, dass die Produktion nach einer Verlagerung ins Ausland noch einmal zurückkomme, „dazu wären die Investitionen zu groß.“ An diesen habe es wohl in der Vergangenheit am Standort Heidenheim gemangelt, weshalb die Verlagerung an den moderneren Produktionsstandort St. Pölten wirtschaftlicher sei. Die Mitteilung über die geplante Verlagerung sei für Betriebsrat und Gewerkschaft völlig überraschend gekommen, sagen Bucher und Schlotz. Allerdings sei auch dem Betriebsrat klar gewesen, dass auf die Kostensituation in Deutschland Druck entstanden sei, so Schlotz. Man habe aber andere Maßnahmen erwartet als eine Produktionsverlagerung. Nun hat die Arbeitnehmerseite Zeit, ihrerseits Gutachten über das geplante Vorgehen erstellen zu lassen und mit der Arbeitgeberseite in Verhandlungen zu treten. Dies kann mehrere Monate dauern, erst danach kann die geplante Verlagerung beginnen.

Für Donnerstag hat der Betriebsrat eine außerordentliche Betriebsversammlung für alle Beschäftigten von Voith in Heidenheim einberufen. Sie findet um 12.30 Uhr auf dem Betriebsgelände von Voith vor der Kantine im Freien statt.

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