Meisterkonzert

Mit welcher Mischung das Signum-Quartett das Publikum in der Heidenheimer Waldorfschule aufhorchen ließ

„Unerwartete Vielfalt“ in der Waldorfschule: Das Signum-Quartett ließ Lerchen und Publikum schweben

Ein großes Kompliment bekam das Publikum am Dienstag in der Waldorfschule: „Es macht immer besonders viel Freude, wenn man spürt, dass gut zugehört wird“, attestierte Violinist Florian Donderer den Zuhörern. Und die hatten das auch verdient: Denn höchst aufmerksam wurde dem Konzert des Signum-Quartetts aus Bremen und der „Unerwarteten Vielfalt“ – so der Titel des Programms – gelauscht.

Und das sei gleich mal vorneweg geschickt: Schwer war das nicht, während des Konzerts ganz Ohr zu sein. Denn Violinistin Annette Walther, Xandi van Dijk an der Viola, Thomas Schmitz am Violoncello und eben Florian Donderer an der Violine spielten so meisterlich und intensiv, dass das Publikum förmlich in den Sog hineingezogen wurde.

Mit Lerchen schweben

Besonders leicht war das bei Haydns Lerchenquartett. Der muntere Lerchenruf begleitet all die Kontraste, die in der Komposition stecken. Die schwungvollen Flügelschläge im Allegro, das kuschelige Nestchen, das da im Adagio cantabile musikalisch bereitet wird, das Menuetto Allegretto, das zu leichtfüßigen Tänzen einlädt und schließlich das Finale, in dem die Lerchen in besonders hohem Tempo zu schwirren scheinen, das alles war schon ein sehr köstlicher Einstieg in das Konzert, ein Genuss für Ohr und alle anderen Sinne, den das Quartett auch mit scheinbar müheloser Leichtigkeit servierte. Die Leichtigkeit erfasste auch die Zuhörer, die quasi mit der Lerche schweben konnten, ohne dabei ein Gefühl dafür zu verlieren, welche Virtuosität bei Künstlern vorhanden sein muss, damit diese musikalische Schwerelosigkeit entsteht, vor allem, weil die Lerchen hier doch über ganz schön tückische Hürden geschickt werden.

Dem Haydn an Leichtigkeit und Genuss nichts nach stand Brahms‘ Streichquartett c-Moll op. 51, 1. Statt heiterer Grundstimmung wie bei Haydn ist es bei Brahms die Melancholie, die in allen vier Sätzen immer wieder durchscheint. Und doch sind da immer wieder üppige Passagen, die gleichermaßen packend wie aufwühlend sind. Da kann der Zuhörer gar nicht anders, als von den vielen Wirbeln erfasst zu werden, die es den Künstlern in der Umsetzung gar nicht so leicht machen.

Fremd und doch vertraut

Und zwischen Haydn und Brahms steckte die „Unerwartete Vielfalt“: Da nämlich kamen Werke afrikanischer Komponisten zum Vortrag, und die ließen wahrlich aufhorchen. Impulsive Wechsel, Anleihen im Jazz, außergewöhnliche Spielweisen und Harmonien, Fußstampfen, Klopfen und Tupfen – da war für das Ohr schon ganz schön was geboten. Die drei aufgeführten Werke waren Auftragsarbeiten für das Signum-Quartett – Xandi van Dijk stammt aus Kapstadt, wie er das Publikum wissen ließ – und die Instrumentierung für Streicher sorgen dafür, dass die fremden Weisen doch vertraut wirken.  Es wäre interessant zu hören, wie sich diese Kompositionen über Treffen unter einem mythischen großen Baum, den Traum von mehr weiblicher Kraft in der Gesellschaft und über den Tod eines Großvaters mit afrikanischen Instrumenten wie Mundbogen und dem perkussiven Musikbogen anhören. Aber auch in der Streichervariante zeigte sich der ganze Reiz der Vielfalt, der sich in den einzelnen afrikanischen Weisen durchaus auch unerwartet einstellt.

Die Mischung macht’s – das zeigte sich an diesem Abend wieder einmal mehr. Denn gerade die Musik aus Afrika wird man so selten live hören. Die CD des Signum-Quartetts, auf der neben afrikanischer Musik auch Zeitgenössisches zu finden ist, lässt zumindest ein Wiederhören zu. Und das Talent des guten Zuhörens wurde dem Publikum ja bereits bescheinigt.

Neue Nachhaltigkeit

Das Programmheft bei den Meisterkonzerten gehört der Vergangenheit an. Stattdessen wurde auf eine schlichte Karte umgestellt, die die Ausführenden des Konzerts und das Programm aufführt. Dies nicht vorrangig aus Kostengründen, sondern mehr aus Gründen der Nachhaltigkeit, wie zu hören war. Denn die Programmhefte wanderten in die Tonne, und die war dann oft gut gefüllt. Jetzt also die kostenlose Begleitkarte mit den wichtigsten Angaben. Auf weitergehende Informationen zum Programm und den Künstlern muss dennoch nicht verzichtet werden: Der QR-Code führt direkt zur Website der Opernfestspiele und damit zu den einzelnen Beschreibungen.

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