Mord an einem Gießer, Schillers Glocke und alles bislang Ungesehene
Die ältesten noch erhaltenen Kirchenglocken im Landkreis haben wir in den vergangenen Wochen im Rahmen einer Serie betrachtet, die nun heute endet, und zwar unter anderem mit einem kleinen Exkurs zu denjenigen Glocken, die später als 1700 gegossen wurden. Auch diese sind selbstverständlich von großem historischen Wert und haben nur deshalb keine spezielle Berücksichtigung gefunden, weil dreizehn weitere Folgen schlicht den Rahmen der Serie gesprengt hätten.
Trotzdem sollen diese Glocken nicht unerwähnt bleiben. In welcher Kirche sie zu finden sind, wann und vom wem sie gegossen wurden, verraten wir in den folgenden Zeilen: Auernheim, St. Georg, 1729 von Alexander Arnoldt in Dinkelsbühl gegossen; Bissingen, St. Georg und Martin, 1789 von Thomas Frauenlob, Ulm; Brenz, St. Gallus, 1711 von Christian Ginther, Königsbronn; Dischingen, St. Johannes Baptist, 1718 von Theodosius Ernst, Ulm; Eglingen, St. Martin, 1802 von Peter Michael Maderhoffer, Lauingen; Hausen ob Lontal, 1728 von Gottlieb Korn und Leonhard Ernst, Ulm; Sontheim/Brenz, St. Georg, 1755 von Christian Ludwig Neubert, Stuttgart; Giengen, Spitalkirche, 1715 von Christian Ginther, Königsbronn; Gussenstadt, St. Michael, 1792 von Carl Friedrich Blüher, Stuttgart; Stetten ob Lontal, Wallfahrtskirche, 1851 von Philipp Jacob Wieland, Ulm; Hürben, St. Veronika, 1869 von Philipp Jacob Wieland, Ulm; Sontbergen, Jakobuskirche, 1769 von Carl Christoph Frauenlob, Ulm; Iggenhausen, katholische Pfarrkirche, 1760 von Franz Joseph Wenga, Lauingen.
Nur relativ knapp nicht mehr im Landkreis Heidenheim hingegen liegt Weidenstetten auf der Ulmer Alb. Weshalb wir trotzdem die dort im Kirchturm hängende Glocke aus dem Jahr 1420 erwähnen, hat einen sehr schaurigen Grund, von dem uns dankenswerterweise unser Giengener Leser Adolf Enderlin in Kenntnis gesetzt hat.
Es geht um einen Mord. Und zwar um einen Mord an einem Glockengießer, der im Jahr 1439 vor den Toren Giengens verübt wurde. Das Opfer war Ulricus Glockengisser aus Nürnberg. Und eines von dessen frühesten Werken ist die eingangs erwähnte Glocke in Weidenstetten.
Bald 20 Jahre nach dem Guss der Weidenstettener Glocke hatte Glockengisser dann wieder einmal geschäftlich in Ulm zu tun gehabt und befand sich auf der Heimreise nach Nürnberg, als er, fast in Sichtweite der Giengener Stadtmauern, überfallen wurde. Schwer verwundet konnte er sich noch nach Giengen schleppen, wo er aber bald darauf im Spital seinen Verletzungen erlag.
Der Täter konnte ermittelt werden. Es handelte sich um Fritz von Grafeneck, einen adligen Heckenreiter in Diensten des Grafen Johann von Öttingen. Und dem Diener eines solch mächtigen Mannes war in jenen Tagen nur schwer beizukommen. Immerhin versuchte der Rat der Stadt Nürnberg, der die Interessen der Witwe und der Kinder von Ulricus Glockengisser vertrat, sein bestes.
Welche Strafe aber letztendlich Grafeneck auferlegt wurde, weiß man leider nicht. Aber so schlimm konnte sie nicht gewesen sein, denn nur zwei Jahre später ermordete Fritz von Grafeneck einen Fritz von Westerstetten, dessen Herrschaft offenbar mit den Öttingern im Zwist lag. In diesem Falle nun ist die Sühne bekannt. Der Mörder wurde unter anderem zur Aufstellung eines steinernen Sühnekreuzes und zu einer Romfahrt „verdonnert“. Letztere war zwar nicht ungefährlich, musste aber übrigens nicht unbedingt selber unternommen werden. Dafür gab’s nämlich Profis. Und wer es sich leisten konnte, schickte, das war legitim, einen bezahlten Stellvertreter.
Bim oder Bam
Da wir unsere Serie nicht mit Mord und Totschlag beenden wollen, soll den Schluss eine wirklich sehr lustige Frage unseres Lesers Reinhard Mosch zieren. Der nämlich wollte wissen, welcher von unseren beiden Glöcknern denn der Bim und wer der Bam sei. Die Antwort ist: Manfred Kubiak und Arthur Penk haben nach langem und reiflichem Überlegen beschlossen, das für sich zu behalten. Nicht verschweigen wollen wir bei dieser Gelegenheit allerdings auch unsere Freude über all die anderen vielen, vielen Anfragen und Anregungen aus der Leserschaft und im World Wide Web. Die Anteilnahme an unserer Serie war und ist enorm. Und gefragt wurde zum Beispiel auch, weshalb keine Expedition in das mehrfach im Laufe der Serie erwähnte Glockenschweißwerk Lachemeyer ins ja nicht unbedingt ferne Nördlingen unternommen wurde. Die Antwort ist einfach: Weil man dort so ausgelastet ist mit Aufträgen aus aller Welt, dass man, so die Auskunft, um die Arbeitsabläufe nicht immer wieder unterbrechen zu müssen, grundsätzlich keine Betriebsführungen mehr anbietet und auch keine Filmteams mehr empfängt.
Der Ritterschlag
Gewissermaßen der Ritterschlag ereilte unsere Glockentester allerdings in Form eines Schreibens aus der Feder von Claus Huber, dem Glockensachverständigen der Evangelischen Landeskirche, der höchstes Lob für die Glockenserie parat hatte und unter anderem schrieb: „Ich bin wahrhaft begeistert und völlig überrascht, wie gut Sie über die Glocken informiert sind, fachlich und historisch, und wie spannend und auch dem Laien verständlich Sie die Geheimnisse um die Glocken weitergeben können. Da steckt nicht nur große Forschungsarbeit dahinter, sondern einfach Können. Was Sie an Kompetentem in der Glockenmaterie zusammenstellen, habe ich in Zeitungsartikeln noch nicht erlebt. Es ist einfach phantastisch, welche Glockengeschichten, vielmehr noch, bislang unbekannte Glocken Sie entdecken. Vieles wissen wir auch im Glockenamt nicht und können uns so unsere Kenntnisse erheblich erweitern. Die Wiederentdeckung zuletzt der zweiten Kastner-Glocke von Schnaitheim in Steinheim ist schon ein Hammer!“
Bisher unveröffentlichte Szenen
In der Filmreportage zur heutigen letzten Folge der Serie lassen sich Manfred Kubiak und Arthur Penk in bislang unveröffentlichten Szenen und scheinbar unbeobachteten Momenten ertappen; sogar dabei, wie ihnen auf ihren Expeditionen in die Welt der Glocken so manches misslingt.