Das hätte sich Helmut Weigel wohl auch nicht träumen lassen, dass der 60. Geburtstag „seiner“ Opernfestspiele mit einem DJ gefeiert werden würde. Und auch die Gründer des Förderkreises Kunstmuseum hätten sicher auch nicht geahnt, dass Nixen zu den Gästen seines 40. Geburtstags gehören würden. Gerade das Ausbleiben von Nixen und Wassersportlern hatte zur Diskussion über die Schließung des Volksbades und über die künftige Nutzung als Museum geführt. Doch genauso kam es: Am Samstag wurden die beiden Geburtstage bei „OH! Late Night“ im Kunstmuseum feierlich begangen, mit DJ und Nixen, mit Witz und Würze, mit Tapas und Tanz, und als verheißungsvoller Auftakt für die Opernfestspiele.
Die „Nixen“ jedenfalls waren auch gar nicht zum Baden angereist, sondern sorgten vielmehr für ein Bad der besonderen Art für das Publikum. Sanfte Wellen, stürmische Wogen, und immer sprühend spritzige Ideen, bekannte Weisen originell zu verknüpfen, vertraut erklingen zu lassen und doch anders als gewohnt, und das in einer vor Virtuosität und Einfallsreichtum strotzenden Umsetzung und Inszenierung: Das ist das Erfolgsrezept des nach den mystischen Wasserwesen benannten Streichquartetts. Das blieb nicht ohne Wirkung: Begeistert ließ sich das Publikum mitreißen von der Passacaglia, die plötzlich in Michael Jackson mündete, ein bisschen Britney Spears, ein spannungsgeladener „Cocktail 007“ mit dem berühmten James-Bond-Theme, einem Spritzer „Goldeneye“. Aufgefüllt wurde mit „Live and let die“ und einem guten Schuss „Skyfall“, das Ganze geschüttelt, nicht gerührt, oder in diesem Fall besser gestrichen und formvollendet vollführt, das ergab eine äußerst süffige Mischung, die das Publikum angeregt genoss.
Bach, Brenz und Wasser im Juwel
Kristina Menzel-Labitzke an der Viola, Cellistin Nikola Spingler und die Violinistinnen Rahel Rilling und Katharina Wildhagen, die im Übrigen Marcus Bosch noch aus ihren Zeiten beim Landesjugendorchester kennen und sich an ihn als „begnadeten Kontrabassisten“ erinnern, mögen zwar im jetzigen Kunstmuseum auf dem Trockenen gelandet sein, gaben aber an, auch auf die Brenz ausweichen zu können. Und notfalls haben sie ja ihren Bach dabei, den Johann Sebastian, den Ur-Vater der Musik, der hier in Gesellschaft von Popstar Sting genossen werden durfte.
Vielleicht haben die „Nixen“ aber auch von Petra Lange, der Nachfolgerin von Gabriele Rogowski im Amt der Vorsitzenden des Förderkreises Kunstmuseum, den Tipp erhalten, dass aufgrund von Ablaufproblemen Wasser ins Gebäude dringt. Langes Grußwort an diesem Abend enthielt jedenfalls die über einen Geburtstagswunsch hinausgehende Bitte an die Stadtverwaltung, sich um die Substanz des Gebäudes zu kümmern, damit das „Juwel und eines der schönsten Gebäude der Stadt“ erhalten werden könne.
„Emotionales Schwergewicht“
Oberbürgermeister Michael Salomo wird das sicher mit ins Rathaus genommen haben. An diesem Abend hinterließ er vor allem seinen Dank an die beiden Geburtstagskinder: an Helmut Weigel, Marco Maria Canonica und Marcus Bosch, die die Opernfestspiele initiiert, weiterentwickelt und im Falle Boschs zur „internationalen Strahlkraft“ geführt haben. Gabriele Rogowski war zwar an diesem Abend nicht anwesend, ihre unermüdliche Tätigkeit für den Förderkreis Kunstmuseum blieb jedoch nicht unerwähnt und Salomo zollte auch ihr großen Dank. Diesen richtete er auch an alle Förderer und Sponsoren beider Einrichtungen, die möglich machen, dass die beiden „herausragenden Kulturinstitutionen Heidenheims“ ihren festen Platz und die Möglichkeit zu Aufbruch und Wandel haben. Dem Chef der Heidenheimer Museen Marco Hompes sei es gelungen, mit seinen Ausstellungen zu begeistern und damit die Arbeit Dr. René Hirners weiterzuführen.
„Wir haben viel mehr erreicht, als auf der Wunschliste stand.“
Festspielleiter Markus Bosch
Festspielleiter Marcus Bosch teilte Erinnerungen mit dem Publikum, einerseits jene an den Schwimmunterricht, den er noch im heutigen Kunstmuseum genossen hatte, andererseits jene an den Wunschzettel, den er für sich bei Antritt der Stelle vor vierzehn Jahren erstellt hatte: „Wir haben viel mehr erreicht als auf der Wunschliste stand.“ Das sei durch die „riesige Eigenfinanzierungsquote“ möglich und durch Sponsoren sowie das Kuratorium unter der rührigen Leitung von Britta Fünfstück, aber eben auch durch die Stadt. „Weltklasse“ nannte er deren Unterstützung mit einer Million Euro angesichts der Größe der Stadt: „Ich kenne keine Stadt, in der das in dieser Relation existiert.“ Auch weiterhin sei das Ziel, keine elitären Veranstaltungen zu schaffen, sondern ein emotionales Schwergewicht zu bleiben. Er sei überzeugt davon, dass das analoge Erleben immer größeren Wert besitzen werde.
Lust auf den Opernsommer
Das zu glauben, fiel angesichts der musikalischen Darbietungen alles andere als schwer: Olga Busuioc, die die Titelrolle in „Madama Butterfly“ geben wird, hatte mit ihrer enorm voluminösen Stimme bereits Marcus Bosch „geflasht“, nun tat sie eben dies mit dem Publikum. Héctor Sandoval kennt man in Heidenheim bereits bestens, er wird als Pinkerton zu erleben sein und machte mit seiner Kostprobe hieraus ebenfalls ordentlich Lust auf den Opernsommer. Und beide zusammen verwöhnten das Publikum mit sehr humorvoller Darbietung von „O sole mio“ und „Besame mucho“. Get-together und Imbiss von „La Tapa“ wurden musikalisch umrahmt von Jazz im Quartett rund um Posaunist Lukas Jochner, Martin Sörös, Florian Dohrmann und Martin Schrack, und schließlich gab es ja auch noch den DJ. Yannek Maunz sorgte mit seinen Lounge-Beats dafür, dass die „Late Night“ tanzbar und auch sehr spät werden konnte. Es war tatsächlich der „sehr coole Abend“ geworden, den Petra Lange gewünscht hatte.
Götterfunken zur Eröffnung
Offiziell eröffnet werden die Opernfestspiele 2024 am Montag, 10. Juni, mit dem Konzert „Götterfunken“. Auf dem Programm stehen Haydn und Mozart und im Anschluss daran die Party zum Start der Saison. Beginn ist um 20 Uhr im Rittersaal oder je nach Witterung im Festspielhaus, das verraten wie immer die Fahne im Rittersaal oder das Wettertelefon unter 07321.3274220.