Druckkunst von Romina Ferrarotti

Neue Ausstellung im Kunstmuseum Heidenheim: was ein Frosch-Innenohr mit dem menschlichen Eileiter gemeinsam hat

Lauschende Uteri, Vulkane, die schrumpfen, und Kunst, die ätzt: In der neuen Ausstellung des Heidenheimer Kunstmuseums dreht sich alles um die Druckkunst von Romina Ferrarotti und zwei Gastkünstlern aus Argentinien.

Frosch-Innenohr und menschlicher Eileiter. Zwei Organe, die gänzlich unterschiedliche Funktionen innehaben und deren Formen dennoch erstaunliche Parallelen aufweisen. Findet zumindest Romina Ferrarotti, ihres Zeichens Heidenheimer Künstlerin mit einem eindeutigen Schwerpunkt auf Druckkunst. Unter genau diesem Motto steht auch die neue Schau des Kunstmuseums im kleinen Wechselausstellungssaal.

Nachdem die ersten beiden Ausgaben der Kunstmuseumsreihe „#vonhier“ lokale Malerei und Fotografie in den Fokus gestellt hatten, soll es nun primär um druckgrafische Techniken von gleich drei verschiedenen Kunstschaffenden gehen. Neben der gebürtigen Argentinierin Romina Ferrarotti sind das ihre Landsleute Ana Noya und Patricio Bosch. Zustande gekommen ist dieses Trio auf Wunsch von Ferrarotti selbst – „auch wenn ich die Ausstellung alleine definitiv hätte füllen können“, sagt die Künstlerin selbst mit Blick auf den Umfang ihres bisherigen Gesamtwerks. In erster Linie soll dadurch die Vielfalt druckgrafischer Techniken präsentiert werden. Drei Kunstschaffende, drei unterschiedliche Stile.

Romina Ferrarotti: lauschender Uterus

Weiblichkeit. Diese Thematik dominiert die ausgestellten Werke von Romina Ferrarotti. Womit wir wieder beim Frosch-Innenohr und dem menschlichen Eileiter wären. Den Anfang macht eine Reihe von vage menschlich anmutenden Silhouetten, auf deren Bauch- und Unterleibsbereiche organisch gewundene Formen gedruckt sind. Auf den ersten Blick mögen diese wie weibliche Geschlechtsorgane wirken, tatsächlich handelt es sich dabei allerdings um Gehörgange tierischen Ursprungs. Fröschischen Ursprungs zum Beispiel.

Auf den ersten Blick erinnern sie an weibliche Geschlechtsorgane, tatsächlich handelt es sich bei den Formen allerdings um Gehörorgane verschiedener Tierarten. Foto: Rudi Penk

Farblich passend zu den Organen hängen Garne an den Silhouetten herab. „Diese sollen unterschiedliche Assoziationen hervorrufen“, erklärt Kunstmuseumsleiter Marco Hompes. So könnten die Garne für Haare stehen, für Wurzeln oder auch für Menstruation. Stets präsent: die Verbindung von Natur, Weiblichkeit und dem Prinzip des Kreislaufs.

Weitergedacht hat Ferrarotti dieses Prinzip mit einer Installation aus leicht transparenten Origami-Figuren, welche die Form von Kleidern haben. Origami? Was hat das denn mit Druckkunst zu tun, möchte man da fragen. „Bei diesen Arbeiten kommt zwar kein Druckverfahren zum Einsatz, für mich ist das aber trotzdem Grafik“, argumentiert Ferrarotti. Denn die Wiederholung der kleinsten Form sei für sie nichts anderes als die Essenz von Druckkunst.

Ana Noya: schrumpfende Vulkane

Erstmals werden im Zuge der Ausstellung Werke der argentinischen Künstlerin Ana Noya in Europa zu sehen sein. „Sie beschäftigt sich schon lange mit dem Thema Frau und arbeitet sich oftmals an einem Motiv ab“, erklärt Marco Hompes. Zum Beispiel am Vulkan. Der besitzt in Noyas Arbeiten eine starke und mehrdeutige Symbolkraft.

Die Blankopostkarten von Ana Noya fügen sich zu einer Installation zusammen. Foto: Rudi Penk

Noyas Vulkane erscheinen oft dunkel und bedrohlich, dann wieder zusammengeschrumpft, klein genug, um sie in einem Koffer verstauen zu können. Sie lassen sich in beliebig viele Richtungen interpretieren. Ihren Schaffensprozess beginnt Noya mit einer Zeichnung, die sie dann digitalisiert und anschließend per Druck reproduziert. Für ihre neueste Serie zeichnet und druckt Ana Noya Motive auf Blankopostkarten, die erst zusammengefügt das volle Bild ergeben und somit vor allem als Installation funktionieren.

Patricio Bosch: ätzende Kunst

Der Dritte im Bunde ist Patricio Bosch. Früher war er für Romina Ferrarotti ein Lehrer und Mentor, heute ein Freund. Acht Arbeiten aus der Reihe „En lo profundo de las sombras te encontraras“ („In den Tiefen der Schatten wirst du dich finden“) greifen das Prinzip Natur in der Druckkunst erneut auf. Ausgangspunkt sind mehrere organisch geformte PVC-Zuschnitte, die Bosch als Druckplatten dienen. Nacheinander presst er diese auf dunkles Papier, das Ergebnis sind organisch-pflanzliche Konstrukte, immer als Paar angeordnet.

Für seine Arbeiten nutzt Patricio Bosch die alte Drucktechnik der Ätzradierung. Foto: Rudi Penk

Gelegentlich wird es bei Bosch ätzend. Für die Reihe „Retratos de la memoria“ („Bildnisse der Erinnerung“) hat Bosch die alte Technik der Ätzradierung aufgegriffen, invertiert jedoch das Verfahren. Am Ende entstehen dabei malerisch anmutende Grauschattierungen, die – ähnlich seinen Schattenarbeiten – ebenso träumerisch wie bedrohlich wirken.

Umfangreiches Begleitprogramm zur Ausstellung

Eröffnet wird die Ausstellung am Donnerstag, 12. September, ab 19 Uhr mit einer Vernissage. Anschließend ist „#vonhier 3“ bis 27. Oktober zu sehen.

Zur Ausstellung gibt es ein umfangreiches Begleitprogramm: Am 25. September findet ab 18 Uhr ein Künstlerinnengespräch statt. Anlässlich der Museumsnacht am 12. Oktober wartet das Kunstmuseum mit Wortkunst, dem Art-Rad sowie einer offenen Kiku-Werkstatt auf. Unter dem Titel „Female Attraction“ gibt es am 23. Oktober ab 18 Uhr eine Veranstaltung nur für Frauen.

Weitere Kurse in Verbindung mit der Ausstellung befassen sich mit Schablonendruck (6. Oktober), Stempeldruck (18., 25. September, 2. Oktober), Collagrafie (18., 25. Oktober, 8. November) sowie Glitzerfeen und Funkelwesen (19., 26. Oktober).

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