Knapp drei Wochen nach der Kommunalwahl haben sich die Fraktionen im neuen Kreistag zusammengefunden und ihre Vorsitzenden gewählt. Daraus hat sich eine Konstellation ergeben, die eng mit der Lokalpolitik auf Gemeindeebene verknüpft ist: Der Giengener Oberbürgermeister Dieter Henle führt die Fraktion der Freien Wähler an, der Heidenheimer Oberbürgermeister Michael Salomo die SPD-Fraktion. An der Spitze der CDU/FDP-Fraktion steht Bernhard Ilg, der Vorgänger von Michael Salomo im Amt des Heidenheimer Oberbürgermeister. Er ist seit August 2021 im Ruhestand.
Grüne mit der ÖDP
Für die Fraktion Grüne und Unabhängige/ÖDP haben die Grünen den neuen Kreisrat Jürgen Trittler (ÖDP) mit in ihre Reihen aufgenommen. Als neue fünfte Fraktion ist die AfD vertreten, an deren Spitze steht Heiko Röllig. Er und Michael Sautter sind die einzigen Fraktionsvorsitzenden, die nicht aus der Verwaltung kommen: Michael Sautter ist Lehrer im Ruhestand, Heiko Röllig arbeitet als Fertigungsplaner bei einem Automobilzulieferbetrieb.
Die CDU-/FDP-Fraktion ist nicht nur die stärkste Fraktion im Kreistag, sondern kann auch mit den meisten Bürgermeistern und einer Bürgermeisterin aufwarten: Insgesamt hat die Fraktion 14 Mitglieder, darunter die neu gewählte FDP-Kreisrätin Klara Sanwald. Acht Fraktionsmitglieder sind oder waren an der Spitze einer Stadt- oder Gemeindeverwaltung.
Dies sind Simone Maiwald (Heidenheim), Jürgen Mailänder (Hermaringen), Norbert Bereska (Nattheim), Marcus Bremer (Niederstotzingen) und Daniel Vogt (Herbrechtingen), dazu Alfons Jakl, Bürgermeister im Ruhestand von Dischingen, der zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde. Neu in der Fraktion ist außerdem Rainer Domberg, der frühere Bürgermeister der Stadt Heidenheim, der zuvor Fraktionschef der SPD im Kreistag war.
„Wir haben uns eingebracht, Themen gesetzt, und unserer Kontrollpflicht, beispielsweise bei geplanten Gebührenerhöhungen, Rechnung getragen“, sagt der Fraktionsvorsitzende Bernhard Ilg. Nach Jahren mit Verlusten zeige sich deshalb für die CDU ein verändertes Bild, mit Stimmengewinnen und einem zusätzlichen Sitz im Kreistag.
Wichtig bleiben, so die Meinung der Fraktion, die anstehenden Projekte bei Kliniken, Schulen und Infrastruktur voranzutreiben. Dabei wolle man auch auf die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen bauen. Bei zurückgehenden Kommunalfinanzen gelte der Kreisumlage ein besonderes Augenmerk.
Die Fraktion der Grünen musste bei der Kommunalwahl die stärksten Verluste hinnehmen. Statt zuvor mit neun Sitzen ist sie nur noch mit fünf Kreistagsmitgliedern vertreten. Auch die bisherige Fraktionsvorsitzende Margit Stumpp wurde nicht mehr gewählt, sodass es einen Wechsel auf dieser Position geben musste. Frank Schied, der bereits Fraktionsvorsitzender war, ist beruflich sehr stark eingebunden, sodass er nur für den Posten als stellvertretender Fraktionsvorsitzender zur Verfügung steht. Dadurch kommt es zum Comeback von Michael Sautter, der in dieser schwierigen Situation den Fraktionsvorsitz mit sehr viel kommunalpolitischer Erfahrung übernimmt. Durch die Fraktionsbildung mit der ÖDP hat die Fraktion Grüne/ÖDP einen Sitz mehr im Kreistag als die AfD.
AfD will bei Sozialausgaben sparen
Bislang war die AfD mit zwei Kreisräten vertreten, nach der Wahl sind es fünf. „Die Fraktion möchte sich schnell in die Kommunalpolitik einarbeiten“, erklärt Heiko Röllig. „Anfangs ist uns wichtig, gleich zu analysieren, wohin die Gelder fließen, trotz Rekordeinnahmen sind die Kommunen in den roten Zahlen.“ Dazu wolle die AfD entsprechende Anfragen in den Ausschüssen stellen. „Gerade die sozialen Ausgaben sind der größte Ausgabenposten in den kommunalen Haushalten. Hier sehen die Kreisräte der AfD das größte Einsparpotenzial“, meint Röllig. Somit würden Gelder frei für bessere Bildung, Erneuerung der Infrastruktur und Erhöhung der Sicherheit sowie Senkung der Kosten für Kinderbetreuung.
Die SPD-Kreistagsfraktion hat sich für die kommende Wahlperiode ebenfalls neu aufgestellt. Der neue Fraktionsvorsitzende Michael Salomo ist erstmals im Kreistag vertreten. Stellvertreter ist Reiner Lindenmayer aus Sontheim/Brenz.
Der Wechsel an der Fraktionsspitze war notwendig geworden, nachdem zunächst der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende Rainer Domberg der CDU-/FDP-Fraktion beigetreten und sein Nachfolger Walter Macher bei der Wahl nicht mehr angetreten war. Zur SPD-Fraktion gehört auch Norbert Fandrich, Kreisrat für Die Linke, womit sich die Zahl der Sitze der SPD-Fraktion auf neun erhöht.
Wichtig ist der SPD eine gute Patientenversorgung im Landkreis, Unterstützung in den Bereichen Kinder, Jugend und Senioren sowie die Optimierung der Mobilität. Die berufliche Bildung vor Ort zusammen mit guten Bedingungen für Wirtschaft und Gewerbe sei sehr bedeutsam, ebenso der Zugang zum Arbeitsmarkt für Menschen mit Handicap. „Unsere Heimat soll gepflegt und die Kultur bewahrt bleiben, verbunden mit Umwelt, Klima- und Tierschutz“, teilt die SPD-Fraktion mit.
Wie schon bisher haben sich die gewählten Kreisräte der Freien Wähler im Landkreis mit denen des Ortsverbandes Heidenheim zusammengetan, um eine gemeinsame Fraktion der Freien Wähler zu bilden. Damit haben sie insgesamt zehn Sitze. Nachdem der bisherige Fraktionschef Matthias Kraut nicht mehr gewählt wurde, folgt ihm Dieter Henle nach, Stellvertreter ist Gussenstadter Ortsvorsteher Werner Häcker.
Freie Wähler für Ökonomie und Ökologie in Balance
„Die Fraktion der Freien Wähler freut sich darauf, die Kreispolitik fünf weitere Jahre parteiunabhängig und nachhaltig überzeugend mitzugestalten“, so das erste Statement von Dieter Henle. Zu den wichtigsten Themen gehörten Daseinsvorsorge und medizinische Versorgung, attraktive berufliche Bildung, Bürgernähe und Bürokratieabbau, vernetzte Mobilität, die gezielte Förderung aller Altersgruppen, die Balance von Ökologie und Ökonomie sowie solide Kreisfinanzen.
Von den insgesamt 44 Kreistagsmitgliedern sind neun weiblich, was einem Frauenanteil von rund 20 Prozent entspricht. Im Fraktionsvorsitz spiegelt sich dieser Frauenanteil nicht wider, unter den zehn Fraktionsvorsitzenden und deren Stellvertretern ist keine einzige Frau. Zwei Fraktionen hätten gar keine Frau an die Fraktionsspitze wählen können: Die AfD hatte gar keine Kandidatin auf der Liste, von den grünen Frauen wurde keine gewählt, sodass sowohl die AfD- als auch die Grünen-ÖDP-Fraktion keine Kreisrätin stellen. In den Reihen der SPD-Fraktion ist eine Frau, die CDU/FDP-Fraktion stellt vier Kreisrätinnen und auch bei der Fraktion der Freien Wähler sind vier Frauen vertreten.
Konstituierende Sitzung am 22. Juli
Der Kreistag tritt am Montag, 8. Juli, in Gerstetten noch einmal in der bisherigen Besetzung zusammen. Dabei werden die Kreistagsmitglieder, die aus dem Gremium ausscheiden, verabschiedet. Im Anschluss findet das Sommerfest des Kreistags ebenfalls mit den bisherigen Kreistagsmitgliedern statt. Die konstituierende Sitzung des neuen Gremiums findet am Montag, 22. Juli, in Dettingen statt. Da die AfD im neuen Kreistag Fraktionsstatus hat, wird sie in den Ausschüssen nach Auskunft des Landkreises voraussichtlich mit jeweils zwei Sitzen vertreten sein. Bislang war nur ein AfD-Vertreter in den Ausschüssen.