Die Details zu den Vorkommnissen in einer Heidenheimer Obdachlosenunterkunft im Februar dieses Jahres konnte das Heidenheimer Amtsgericht auch bei der Fortsetzung der am 6. November unterbrochenen Verhandlung nicht eindeutig klären. Bei allen Beteiligten war sehr viel Alkohol im Spiel und die Erinnerungen entsprechend lückenhaft. Am Ende war sich das Gericht aber sicher, dass der Angeklagte an diesem Abend seinem Mitbewohner mit einer Holzlatte auf den Kopf schlug und ihm einen Heizlüfter ins Gesicht schleuderte.
Das passierte genau drei Tage, nachdem der 39-Jährige unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe verurteilt worden war. Gemeinsam mit einem anderen Täter hatte er einen Mann verprügelt und gewürgt sowie ihm eine Bierflasche ins Gesicht geschlagen. Für diese Tat sitzt der Angeklagte bereits seit September im Gefängnis, jetzt wurde er zusätzlich zu einer Haftstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt.
Bereits mehrere Verurteilungen wegen Körperverletzung
Dabei hatte der Mann im jetzigen Prozess bis zuletzt seine Unschuld beteuert. „Ich bin kein Unschuldslamm, aber ich habe daraus gelernt“, sagte er. Neun Einträge im Bundeszentralregister, davon mehrere Verurteilungen wegen Körperverletzungsdelikten, ließen daran allerdings Zweifel aufkommen.
Doch der Angeklagte blieb dabei, dass nicht er, sondern ein anderer Mitbewohner für die Verletzungen des Opfers verantwortlich sei. Dieser hätte eigentlich ebenfalls auf der Anklagebank sitzen sollen, war aber bereits zu Tag eins der Verhandlung nicht erschienen und wird deshalb per Haftbefehl gesucht.
Alkohol machte Vernehmung unmöglich
Das Gericht machte sich die Suche nach der Wahrheit nicht einfach und hatte zur Fortsetzung des Prozesses nochmals weitere Zeugen geladen. So auch die beiden Polizeibeamten, die erste Ermittlungen vor Ort aufnahmen. Eine Bekannte, die das Opfer blutend und leblos auf seinem Bett vorgefunden hatte, hatte die Polizei alarmiert. Beide Beamte berichteten, dass es in der gesamten Wohnung schlimm ausgesehen habe und die gesamte Situation für sie undurchsichtig gewesen sei. Aufgrund der starken Alkoholisierung und der Sprachbarriere sei eine Vernehmung des Opfers nicht möglich gewesen.
Zur Sicherheit habe man den Rettungsdienst gerufen, der den Mann mit ins Klinikum genommen habe. Einige Stunden später sei die Bekannte des Opfers aufs Polizeirevier gekommen und habe die Holzlatte mit Blutspuren gebracht. Sie habe berichtet, dass das Opfer damit geschlagen worden sei und der Heizlüfter den Mann im Gesicht getroffen habe, was einen Nasenbeinbruch verursachte. Als Täter habe der Geschädigte ihr den Angeklagten genannt. Sowohl die Frau als auch das Opfer hatten das so auch am ersten Verhandlungstag vor Gericht ausgesagt.
Besucher nennt anderen Täter
Als weiterer Zeuge wurde in der Fortsetzungsverhandlung ein Mann gehört, der damals in einer anderen Wohnung an der Härtsfeldstraße gewohnt hatte, am Tatabend aber beim Angeklagten zu Besuch war. Er wurde ebenso wie der Angeklagte direkt aus dem Gefängnis vorgeführt. Laut seiner Aussage habe nicht sein Kumpel, sondern der andere Mitbewohner zur Holzlatte gegriffen. Zwischen den beiden Männern, die sich ein Zimmer teilten, habe es ständig Stress gegeben. Mit der zeitlichen Einordnung tat sich der Zeuge allerdings schwer und auch er gab zu, dem Alkohol reichlich zugesprochen zu haben.
Angesichts der Umstände sei es nicht gerade einfach, die Wahrheit herauszufinden, stellte schließlich der Staatsanwalt fest. Die Aussage des Opfers, in der ganz eindeutig der Angeklagte als Schläger genannt worden sei, halte er aber für schlüssig. Das Opfer habe sich zudem nicht als „belastungseifrig“ erwiesen. Die ganze Angelegenheit sei nur ans Licht gekommen, weil die Polizei die Rettung verständigt habe. Für ihn sei klar, dass der Angeklagte sich der gefährlichen Körperverletzung mit gefährlichen Werkzeugen schuldig gemacht habe. Er forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und acht Monaten.
Verteidiger fordert Freispruch
Ganz anders sah das der Verteidiger des 39-Jährigen. Das Opfer sei geschlagen worden, aber es sei nicht klar, wann und von wem. Es könne durchaus sein, dass es der andere Mitbewohner gewesen sei, wie sein Mandant und der Zeuge übereinstimmend ausgesagt hätten. Für eine Verurteilung reiche das nicht, so der Verteidiger, der deshalb einen Freispruch für seinen Mandanten forderte.
Richter Dr. Christoph Edler hatte keinen Zweifel an der Schuld des Angeklagten. An diesem Abend sei es zu einer Gewaltorgie in der Wohnung gekommen, und der Angeklagte habe mit der Holzlatte auf das Opfer eingeprügelt. Es gebe keinen Grund, warum das Opfer nicht hätte sagen sollen, wenn es der andere Mitbewohner gewesen wäre. Mit diesem kam es aber laut Angaben des Opfers erst am nächsten Tag zu einer Auseinandersetzung, bei denen der Mann erneut erhebliche Verletzungen davontrug.