Kultur

Olympia-Attentat: Wie ein Fernsehteam am 5. September 1972 in München Geschichte schrieb

Der Film „September 5“ zeichnet die tödliche Geiselnahme bei den Olympischen Spielen 1972 in München nach. In einer Nebenrolle: ein früherer HZ-Redakteur.

Die Anschläge vom 11. September 2001 konnten sich auch deshalb ins kollektive Gedächtnis der Menschen einbrennen, weil die Terroristen wussten, dass weite Teile ihrer Tat live in aller Welt zu sehen sein würden. Die mediale Wirkung des monströsen Verbrechens war so bereits in die Planung der Taten eingepreist.
 
Aber 9/11 war nicht der erste Terrorakt, der live auf den Bildschirmen zu sehen war: Am 5. September 1972 überfiel ein Kommando der palästinensischen Organisation „Schwarzer September“ während der Olympischen Spiele in München einen Großteil der israelischen Mannschaft in ihren Unterkünften. Am Ende stand ein katastrophal misslungener Einsatz der Sicherheitskräfte und die traurige Bilanz von elf toten Sportlern und einem erschossenen Polizisten.

Attentat statt Boxkampf

Der Film „September 5“ zeichnet die Geschehnisse dieses dramatischen Tages nun nach, aber nicht als lautes Action-Spektakel, sondern vielmehr als Kammerspiel, das sich fast ausschließlich in dem engen, dunklen und verrauchten Regieraum des Journalisten-Teams des US-Senders ABC abspielt.
An jenem Morgen im September 1972 bereiten sich die Sportreporter und ihre Techniker auf einen mäßig spannenden Wettkampftag vor, als sie sich unversehens im weltpolitischen Geschehen wiederfinden - Schüsse fallen, erste Gerüchte verbreiten sich.
 
Anstatt einen Boxkampf zu kommentieren, muss das Team nicht nur die technischen Hürden jener Frühzeit der Live-Berichterstattung überwinden, sondern auch versuchen, im um sich greifenden Chaos die eingehenden Meldungen zu verifizieren. Und weil die digitale Technik noch in den Kinderschuhen steckt, müssen sie bisweilen zum Lötkolben greifen, um ihre Aufgabe zu erfüllen

Der frühere HZ-Redakteur Hans „Johnny“ Klein (1931-1996) war zur Zeit der Olympischen Spiele von 1972 Pressesprecher. HZ-Archiv

 
In „September 5“ wird hauptsächlich telefoniert – und das ist atemberaubend spannend anzusehen, weil sich die Reporter und Regisseure unter höchstem Stress mit politischen und ethischen Fragen auseinandersetzen müssen. Welche Bilder kann man dem Publikum zumuten, und ab welchem Punkt werden Medien zu Erfüllungsgehilfen von Verbrechern? Damit kommt das vom deutschen Regisseur Tim Fehlbaum inszenierte Werk just zu einem Zeitpunkt in die Kinos, in dem Teile der (soziale) Medien mehr und mehr zu Stützen sinistrer Staatenlenker und Moguln werden.

Früherer HZ-Redakteur war Sprecher der Spiele von München

In einer dokumentarischen Nebenrolle ist auch Hans „Johnny“ Klein (Miguel Abrantes Ostrowski) zu sehen. Der 1931 im heutigen Tschechien Geborene war damals Pressechef der Olympische Spiele. Zuvor war Klein unter anderem Volontär und Redakteur der Heidenheimer Zeitung gewesen. Nach seiner journalistischen Karriere wechselte Klein in die Bundespolitik, war unter Kanzler Helmut Kohl Minister und bis zu seinem Tod 1996 Bundestagsvizepräsident

Zu sehen im Kino-Center Heidenheim (ab 12 Jahren).

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