Wie der erste Wettkampf im Frauentragen in Oggenhausen ablief
Petrus kann ja manchmal ein Scherzkeks sein: Hatte er am Vortag noch sommerliche Temperaturen beschert, so ließ er es am Samstag regnen. Und das ausgerechnet dann, wenn das erste Frauentragen in Oggenhausen angesagt war. Und das auch noch so knapp davor, dass an eine Absage nicht mehr zu denken war. „Wir ziehen das durch“, so Carolin Peichl, eine der Initiatoren und Veranstalterin dieses sehr ungewöhnlichen Wettbewerbs. Und wild entschlossen zeigten sich auch die Oggenhauser, die sich schon geraume Zeit vor Startschuss mit Wetterjacke und Regenschirm positioniert hatten, um das Spektakel ja nicht zu verpassen.
Bunte Vielfalt an Namen und Tragetechnik
Allen voran natürlich die Wettkampfteilnehmer, die sich ebenfalls nicht durch das Wetter abschrecken ließen. Elf Paare waren es an der Zahl, die sich von der Idee des Frauentragens in Oggenhausen offenbar so inspiriert gefühlt haben, dass sie sich gleich angemeldet hatten. Und nicht nur das: Sie hatten sich auch sehr originelle Teamnamen überlegt: So gab es beispielsweise das Team „Spätzles-Tango“ oder auch Team „Sofa“ und Team „Kriegs zum Laufen“. Und man mag sich vorstellen, wie wohl die letzten Abende in deren Oggenhauser Wohnungen – und nicht nur da, Anmeldungen gab es auch aus Staufen, Schnaitheim und Heidenheim – ausgesehen haben mögen: Ob da wohl die richtige Tragetechnik ausprobiert wurde? Zu sehen gab da nämlich einige: Die estnische Technik war vertreten, bei der die Oberschenkel der zu Tragenden um den Hals des Trägers gehen und der Oberkörper der zu Tragenden über den Rücken des Trägers nach unten hängt. Zu sehen waren aber auch Damen die ihren Körper um den Hals des Trägers wanden, damit dieser sowohl Füße und Hände festhalten konnte. Und es gab auch die gute alte Huckepack-Technik, die meist auf dem Rücken, in einem Fall aber auch auf der Vorderseite des Trägers angewandt wurde. Das könnte ja durchaus dauern, bis man da im Vorfeld die optimale Haltung herausgefunden hat – und das wiederum könnte sehr spaßig verlaufen.
Parcours rund um Kräuterspirale
Was freilich nicht geprobt werden konnte, das waren die witterungsbedingten Platzbedingungen. Fritz-Walter-Wetter mag für manchen Fußballprofi eine gute Voraussetzung sein, auch war zu hören, dass der Regen bestes Jogging-Wetter sei. Für das Frauentragen auch? Man weiß nicht so recht, denn schließlich gibt es kaum Erfahrungswerte, auf die zurückgegriffen werden kann. Fest steht jedenfalls, dass der Regen den Grasflächen des Parcours auf der Dorfoase rund um Kräuterspirale, Bank und Zielgerade eine gewisse Rutschigkeit verlieh, die wohl berücksichtigt werden wollte. Für die Teams galt es also, ein Gespür für das richtige Tempo zu entwickeln: nicht zu schnell, um nicht auszugleiten, aber auch nicht zu langsam, um möglichst schnell das Zielglöckchen klingen zu lassen.
Geschwindigkeit und nasses Gras
Für die Zuschauer war es ein Heidenspaß, die Teilnehmer und ihre ganz eigene Herangehensweise zu beobachten und sie wurden nicht müde, sie anzufeuern. Moderator Rolf Goisser tat sein Übriges, die Stimmung trotz Regens nicht abkühlen zu lassen. Und alle Paare – jung, nicht mehr so jung, schnell, langsam – kamen schließlich wohlbehalten ins Ziel. Was in zwei Fällen für große Erleichterung sorgte, denn die Mischung Geschwindigkeit und nasses Gras sorgte für zwei Stürze, die jedoch glimpflich ausgingen, so dass auch die beiden Teams gesund ins Ziel kamen.
Wie bei den Finnen
Am Ende siegte das Team „Mucki“ mit Melina und Peter Peichl, die den rund 100 Meter langen Parcours in 26,56 Sekunden zurücklegten und auf dem Siegertreppchen - eine umfunktionierte Trittleiter - ihren handgewundenen Siegerkranz entgegennehmen durften. Auf dem zweiten Platz landete das Team „Schäfle“ mit Lisa Bosch und Rladh Boullagui mit 29,11 Sekunden. Nur sechs Zehntel Sekunden mehr brauchte das Team „Hoppe-Mahlich-Reiter“ mit Jana Mahlich und Felix Reiter, die damit den dritten Platz erzielten. Der erste Preis wurde von der Firma Königsbräu gestiftet: Wie bei den Finnen, die diese Sportart erfunden haben, gab es für den Sieger das Gewicht der zu Tragenden in Litern Bier. Und einen Trostpreis erhielt das Team „Gemütlich“ aus Mitveranstalterin Silke Frey und Dieter Staud: Ganz im Geiste ihres Teamnamens dauerte ihr Lauf durch den Parcours am längsten. Sehr zur Freude der Zuschauer hatten sie ihren Lauf nämlich als Spaziergang absolviert.
Voll ins Schwarze getroffen
Gewonnen hat aber letztlich die Dorfoasen-Gemeinschaft, die mit dieser skurrilen und abenteuerlichen Idee voll ins Schwarze getroffen und für ordentlich Belebung an der Dorfoase gesorgt hat. Und das wohlgemerkt bei unwirtlichem Regenwetter. Und gezeigt hat, dass es nicht unbedingt großer Mittel bedarf, um etwas Attraktives auf die Beine zu stellen. Freilich braucht es, was viele nicht haben: Ideen und Leute, die sie ausführen. Und daran mangelt es der Dorfoasen-Gemeinschaft nicht: „Wir machen auf jeden Fall wieder was. Ideen gibt’s genug“, so Carolin Peichl. Ob das dann ein zweites Frauentragen sein wird, das wird sich zeigen. Vorsorglich könnten die Teilnehmer und auch Neuzugänge einfach weiter trainieren, um sich, wenn es gilt, in Höchstform zu präsentieren. Entweder an der Dorfoase. Oder bei der Weltmeisterschaft in Finnland.