Dr. Hans Peter Schiffer hört auf

Rainer Jooß ist der neue Vorsitzende des Kunstvereins Heidenheim

Der Kunstverein Heidenheim hat einen neuen Vorsitzenden: Rainer Jooß folgt auf Dr. Hans Peter Schiffer. Künftig sucht der Verein vermehrt die Nähe eines jungen Publikums – und die der Whild Stage.

Der eine? Geht. Vielleicht sogar ein bisschen erleichtert. Der andere? Ist schon da. Wenn auch etwas widerwillig. Dieser eine, das ist Dr. Hans Peter Schiffer. Dieser andere: Rainer Jooß. Sechs Jahre lang war Ersterer das Gesicht des Heidenheimer Kunstvereins als dessen Vorsitzender. Nun beerbt ihn Zweiterer. Bei der jüngsten Mitgliederversammlung des Vereins wurde Jooß einstimmig zum Nachfolger gewählt.

Warum der Wechsel? „Weil ich 80 werde und es Zeit ist, das Amt weiterzugeben“, antwortet Schiffer da lapidar – und holt doch ein wenig weiter aus: „2019 war ich eigentlich auch schon zu alt dafür, aber ich habe den Vorsitz aus Respekt vor Franklin Pühn übernommen.“ Pühn gehörte zu den Gründern des Kunstvereins und war fast drei Jahrzehnte lang dessen Vorsitzender. Eine Bürde sieht Schiffer in diesem Amt keinesfalls. Vielmehr habe er Spaß daran gefunden, nicht zuletzt Spaß an den Veränderungen, die er in den vergangenen sechs Jahren innerhalb des Kunstvereins angeregt hatte.

Kunst auf Bäumen in Heidenheim

Dazu gehörte in erster Linie, ab und an die vertrauten Räume zu verlassen. „So schön das Türmle auch ist, wir müssen dorthin gehen, wo die Leute sind“, war und ist Schiffer nach wie vor überzeugt. Und tatsächlich hat sich der Kunstverein in den vergangenen Jahren immer wieder nach draußen gewagt. In die Natur, zum Beispiel. Zwischen Zweigen und Ästen auf dem Schlossberg gab der Verein 2021 sein erstes Lebenszeichen nach der Corona-Isolation von sich. Auf einmal war da Kunst auf Bäumen.

Gerade die Pandemie zwang den Kunstverein, seine Künstlerinnen und Künstler dorthin zu schicken, wo er sie bisweilen eh gerne haben wollte. Am Bauzaun der Elmar-Doch-Haus-Baustelle, oder in Form mehrerer Skulpturen in der Innenstadt verteilt. Alles im Sinne der Sichtbarkeit.

Gut sichtbar, weil direkt hinter übergroßen Fensterscheiben, war zudem 2021 die Erstauflage des „Preises für Kunst und Technik“, den der Kunstverein bereits zweimal gemeinsam mit der Firma Voith und der Hanns-Voith-Stiftung ausgelobt hat.

Wir machen sehr schöne Ausstellungen, aber nach der Vernissage kommen nur noch wenige Menschen.

Dr. Hans Peter Schiffer, ehemaliger Vorsitzender des Kunstvereins

Warum das alles? „Wir machen sehr schöne Ausstellungen, aber nach der Vernissage kommen nur noch wenige Menschen“, erklärt Hans Peter Schiffer. Bescheidene Besucher- und altersbedingt schwindende Mitgliederzahlen stellen den Kunstverein vor Probleme. Der Aufwand, Ausstellungen im Türmle zu organisieren, stehe in keinem Verhältnis zur Resonanz. Die Lösung liegt für den Verein auf der Hand: Mehr Besucher müssen her, mehr jüngere Besucher. Und hier kommt Rainer Jooß ins Spiel.

Als selbsternannter „Opa der hiesigen Techno-Szene“ verfügt Jooß über Kontakte zu vielen jungen Menschen, darunter zur Whild Stage. „Dieser junge Verein bringt viele Leute und Kreativität mit“, erzählt Jooß. Sie sollen fortan stärker in den Kunstverein eingebunden werden, etwa mit zwei Sitzen im Beirat.

Junge Menschen sollen den Kunstverein Heidenheim beleben

Darüber hinaus plant der Kunstverein, unter dem Titel „Young Artists in Residence“ jungen Menschen das Türmle über die Sommermonate zur Verfügung zu stellen. Dieses soll ihnen als Atelier und anschließend als Ausstellungsraum dienen; während dieser Zeit sollen ihnen drei Beraterinnen und Berater zur Seite stehen.

Junge Kunstschaffende bringen ein junges Publikum, ihre eigene Gefolgschaft. So der Gedanke und die Hoffnung des Kunstvereins. Es wird das erste große Projekt Rainer Jooß’ als neuer Vorsitzender sein – ein Amt, das man dem Heidenheimer fast schon aufdrängen musste. „Ich habe mich gewehrt, wie ich nur konnte.“ Ohne Erfolg, wenn man so will. Denn ohne neuen Vorsitzenden hätte sich der Kunstverein wohl auflösen müssen. „Es sind große Fußstapfen, in die ich trete – genau wie Hans Peter Schiffer damals vor sechs Jahren.“ Die Tatsache, dass er bei der jüngsten Mitgliederversammlung einstimmig gewählt wurde, habe Jooß gleichermaßen gerührt und ihm ein gewisses Maß an Verpflichtung spüren lassen.

Ich habe mich gewehrt, wie ich nur konnte.

Rainer Jooß, neuer Vorsitzender des Kunstvereins

Es sind ambitionierte Pläne, die sich der Kunstverein da vorgenommen hat. Nicht alle Veränderungen waren in der Vergangenheit laut Hans Peter Schiffer immer so leicht mit den älteren Vereinsmitgliedern zu vereinbaren gewesen. Auch die kurz aufgekommene Idee, das Türmle gar in den Besitz der Stadt Heidenheim zurückzugeben, sei – nicht ganz unverständlich – auf Widerstand gestoßen.

Die Übergabe im Vorsitz soll eine verzahnte sein. „Nach mir soll es keine Sintflut geben“, versichert Schiffer, der sich innerhalb des Kunstvereins weiterhin um alle Voith-Angelegenheiten kümmern wird. Und Jooß will diesen Rückenwind nutzen, um „den Testballon“ steigen zu lassen.

Kunstausstellungen in der DHBW Heidenheim

„Dass es mitten in der Stadt kreatives Leben gibt, muss sich unter jungen Menschen erst noch rumsprechen“, ist sich Jooß sicher. Mitten in der Stadt, und eben auch an anderen Orten, an denen sich die Jugend tummelt und die der Kunstverein künftig bespielen will. Dazu gehört etwa die DHBW, von der nur wenige wissen, dass diese frei zugänglich ist. Sogar zum Kunstgucken.

Radikal das Heizen im Türmle eingestellt

Neben zwei Ausstellungen im Jahr mit regionalen Künstlern plant der Kunstverein, künftig einmal im Jahr die DHBW als Ausstellungsort zu bespielen sowie abwechselnd im Türmle und auf Schloss Hellenstein seine Mitgliederversammlung abzuhalten. Auch der „Preis für Kunst und Technik“, der alle zwei Jahre vergeben wird, steht, wenn alles nach Plan verläuft, dieses Jahr wieder an.

Künftig kann der Kunstverein auf ein etwas dickeres finanzielles Polster bauen, als das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist. Die Förderung durch die Stadt Heidenheim, die bislang 1350 Euro betrug, wurde inzwischen auf 3000 Euro angehoben – ein Verdienst von Bürgermeisterin Simone Maiwald, wie Rainer Jooß betont. Im Rahmen der Innenstadtförderung wird der Kunstverein ebenfalls mit einer einmaligen Förderung bedacht.

Ohne sparen geht es jedoch nicht: „Wir haben zum Beispiel radikal mit dem Heizen aufgehört“, berichtet Hans Peter Schiffer. Nur noch zu Vernissagen und Führungen wird aufgedreht. Ziel ist es laut Schiffer, jährlich 5000 Euro durch Mitgliederbeiträge sowie 5000 Euro durch Spenden, Sponsoren und Förderungen zusammenzubekommen.

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