Politisch motivierte Straftaten

Rechte Taten verdoppelt, Antisemitismus nimmt zu im Landkreis Heidenheim

Straftaten mit politischem Hintergrund werden bundesweit mehr, da macht auch der Landkreis Heidenheim keine Ausnahme, worauf die Fallzahlen bei Polizei und Staatsanwaltschaft hinweisen.

Ob Beschimpfungen, Hass-Postings oder Angriffe: Noch nie gab es in Deutschland so viele politisch motivierte Straftaten wie im vorigen Jahr. Die statistische Auswertung präsentierten Vertreter des Bundeskriminalamts diesen Monat gemeinsam mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Die Statistik umfasst alle Straftaten, die einen politischen Hintergrund haben und sich explizit gegen das gesellschaftliche Zusammenleben richten. Auffallend dabei ist, dass die Hälfte der Straftaten auf das Konto rechtsgesinnter Täterinnen und Täter geht. Auch der Gaza-Krieg hat Spuren hinterlassen: Straftaten mit antisemitischem Hintergrund wurden mehr. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Verfassungsschutz, der diese Woche eine Analyse zu Judenhass in Deutschland veröffentlichte: Seit Beginn des Gaza-Krieges haben sich Fälle von Hasskriminalität mit antisemitischem Hintergrund in Deutschland verdoppelt.

Corona-Proteste im Landkreis Heidenheim landeten in der Statistik

Ähnliche Tendenzen zeichnen sich auch im Landkreis Heidenheim ab, was eine Auswertung der Polizeidirektion Ulm zeigt. Ausländische Ideologie und Taten mit rechtsextremem Hintergrund nehmen zu. Die Statistik hat allerdings einen entscheidenden Unterschied: Die Zahl der politisch motivierten Straftaten, eingeteilt in rechte, linke, ausländische und religiöse Ideologie sowie Sonstiges, ist 2023 im Vergleich zum Vorjahr um ein Drittel gesunken, von 116 auf 77.

Das liegt daran, dass es sehr viele Taten im Bereich Sonstiges gibt und diese von 2022 auf 2023 massiv eingebrochen sind. Der Grund: 2022 wurden noch viele der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen dieser Kategorie zugeordnet, wie Polizeisprecher Sven Vrancken mitteilt. Diese Fallzahl ist von 106 auf 57 gefallen, also um 46 Prozent. Die Taten, die die Polizei also weder rechts noch links, noch religiöser oder ausländischer Ideologie zuordnen kann, machen weiterhin zwei Drittel aller politisch motivierten Straftaten aus.

Verdoppelt haben sich die Straftaten im Landkreis mit einem rechtsgesinnten Hintergrund, wenn auch auf niedrigem Niveau von 7 auf 14. Betrachtet man das gesamte Zuständigkeitsgebiet des Polizeipräsidiums, stiegen diese rechten Straftaten um 7,2 Prozent von 125 auf 134. Ausländischer Ideologie ordnete die Polizei im Landkreis Heidenheim vier Taten zu, im Jahr davor waren es drei. Straftaten vor einem linksextremen Hintergrund waren es zwei, im Jahr 2022 gab es davon keine. Welche Art von Taten hinter diesen Zahlen stehen, dazu konnte Vrancken keine Angaben machen, mit dem Hinweis auf laufende Verfahren.

Wie sich die Hasskriminalität im Landkreis Heidenheim entwickelt hat

Bei der Staatsanwaltschaft Ellwangen werden die Fälle unter dem Begriff der Hasskriminalität erfasst, wobei die Merkmale nicht deckungsgleich seien mit den politisch motivierten Straftaten, so der Hinweis von Presse-Staatsanwalt Maximilian Adis. Im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Ellwangen seien die Verfahren im Jahresvergleich von 63 auf 86 im Jahr 2023 gestiegen. Davon hätten 25 einen antisemitischen und 15 einen fremdenfeindlichen Hintergrund.

Haftstrafe für Mann aus dem Reichsbürger-Milieu

Ein Beispiel für einen der Fälle, die in der Statistik erfasst werden, ist das Verfahren gegen einen 41-jährigen Elektriker aus Giengen, der dem Reichsbürger-Milieu zugerechnet wird. Das Amtsgericht verurteilte den Mann im Herbst 2022 zu einer zweijährigen Haftstrafe ohne Bewährung wegen versuchter Erpressung und vieler anderer Delikte wie Stromdiebstahl, Drohbriefe an Finanzamt und Krankenkasse, Tankbetrug, unerlaubter Besitz von Waffen und Chemikalien, mit denen Sprengstoff hätte hergestellt werden können. Dazu kommen Verstoß gegen das Urheberrecht, Tankbetrug oder eben Unterschlagung von Sozialabgaben sowie Sprengen eines Briefkastens und Verschließen einer Haustüre mittels Metallkette.

Der Mann soll Briefe ans Finanzamt geschickt haben, mit der Forderung, ihm seine Steuern zurückzuzahlen. Er schrieb darin über die BRD als rechtsfreien Raum, um ein Volk, das betrogen werde, um die „Firma BRD“, die Besatzungsmacht USA.

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