Schnaitheimer Flammerie: Warum Beate Kassel ihren Betrieb übergeben hat
Flammkuchen geht immer. Knuspriger Boden, leckerer Belag, schnell gemacht. Längst hat das aus dem Elsass stammende Gericht auch hierzulande die Küchen erobert – und vor allem die Märkte und Feste. Kaum noch ein Weihnachtsmarkt oder Stadtfest, auf dem nicht irgendwo Flammkuchen angeboten wird. Geschieht das hier in der Region, steckt nicht selten die Flammerie in Schnaitheim dahinter. Und damit auch Beate Kassel, die ihr kleines Unternehmen vor 20 Jahren gegründet hat. Nun fand die 65-Jährige, dass es Zeit sei, den Betrieb in jüngere Hände abzugeben. Und zwar in die ihrer Schwiegertochter Rebecca.
Flammerie in Schnaitheim: Entstanden aus Zukunftsängsten
Angefangen hatte alles 2003. Eine Zeit, an die Beate Kassel eigentlich gar nicht gerne zurückdenkt: Ihren Mann, angestellt bei Zeiss in Oberkochen, plagten Zukunftssorgen. „Dem Unternehmen ging es damals nicht so gut und wir hatten Sorge, dass mein Mann seinen Arbeitsplatz verlieren könnte.“ Heutzutage bei Zeiss eigentlich unvorstellbar. Doch die beiden beschlossen, sich sicherheitshalber ein zweites Standbein aufzubauen. Beate Kassel stammt ursprünglich aus der Pfalz – aus der Grenznähe zum Elsass. Flammkuchen gehören da dazu.
Und so entstand die Idee zur Flammerie, die Kassel gemeinsam mit ihrem Mann neben ihrem Hauptberuf als Erzieherin in der Heidenheimer Kindertagesstätte Villa Kunterbunt langsam aufbaute. „Wir haben mit zwei Öfen und ein paar Brettern angefangen“, erinnert sich Kassel. „Am Anfang lief alles ein wenig wie bei Tupperpartys, nur eben mit Flammkuchen.“ Nach und nach kamen dann die Vereine, die die Öfen für ihre Feste ausleihen wollten. Die Flammerie präsentierte sich auf Festen, auf Märkten, gehörte auch über Jahre zum kulinarischen Angebot auf dem Heidenheimer Küferfest. Die Wochenenden wurden voller, die Freizeit wurde weniger. „Man unterschätzt das gerne mal, wenn es sich nur um ein kleines Unternehmen handelt“, sagt Beate Kassel. „Aber es steckt eine Menge Arbeit dahinter.“
2020 dann kam der große Einschnitt: Corona. Und während etliche Gastronomen und auch Caterer um ihre Existenz bangen mussten, brachte der Lockdown für Beate Kassel eine Erkenntnis: „Plötzlich habe ich wieder gemerkt, was ein Wochenende ist und was Freizeit bedeutet.“ Seit mittlerweile mehr als einem Jahr weiß sie zudem, was Ruhestand bedeutet. Und so war klar, dass auch die Flammerie langsam an die nächste Generation weitergegeben werden sollte.
Rebecca Kassel: Von der Hundetrainerin zur Flammerie-Chefin
Diese wiederum hat einen Namen: Rebecca Kassel, Beate Kassels Schwiegertochter. Zuletzt hatte sie im Unternehmen mitgeholfen, während sie sich gleichzeitig eine Existenz als selbstständige Hundetrainerin aufbauen wollte. Doch alles kam anders. Die 27-Jährige erinnert sich noch genau an den Moment, in dem sie zur potenziellen Nachfolgerin der Flammerie-Chefin wurde: „Ich stand mit meiner Schwiegermutter in der Küche und wir haben Kaffee getrunken. Da sagt sie plötzlich: ,Jetzt überlegst du dir halt, ob du das Unternehmen übernehmen möchtest.'“
Rebecca Kassel überlegte – und sie sagte zu. Rückwirkend zum 1. Januar 2023 hat sie nun den Betrieb übernommen. „Sie ist viel kreativer als ich“, sagt Beate Kassel über ihre Schwiegertochter. Und damit meint sie nicht nur die zusätzlichen vegetarischen Flammkuchensorten (mittlerweile gibt es zehn anstatt vier verschiedene zur Auswahl) oder die Cocktails, die es jetzt auch im Angebot gibt, sondern auch die neue Homepage, die neuen Prospekte, die EC-Kartenzahlung, die QR-Codes und das komplett neue Rechnungsprogramm. „Sie steht mir nach wie vor mit Rat und Tat zur Seite“, sagt Rebecca Kassel über die ehemalige Chefin. Fällt es der wiederum nicht schwer, sich ansonsten aus dem ehemals eigenen Betrieb herauszuhalten? „Überhaupt nicht“, sagt die 65-Jährige. „Ich habe 45 Jahre lang gearbeitet und zwei Kinder großgezogen. Es hat mir also gar nichts ausgemacht, Verantwortung abzugeben.“
Die Flammerie in Schnaitheim
Bei der Flammerie in Schnaitheim kann man entweder ein "Rundum-sorglos-Paket" buchen, bei dem ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin die Flammkuchen zubereiten oder man leiht einfach Ofen und Teiglinge aus und backt die Gerichte selbst. Die Teiglinge für die Flammkuchen stammen aus Beate Kassels Heimat in der Nähe des Elsass.
Die Flammerie ist telefonisch erreichbar unter Tel. 07321.6609933, per Email unter info@flammerie-sevice.de oder auf www.flammerie-service.de.