Metallgeruch schlägt einem entgegen, wenn man die Werkstatt der Firma Smejkal in Mergelstetten betritt. Jasmin Widmann wuchtet ein körpergroßes Alublech auf eine Maschine, das sie im Kundenauftrag millimetergenau zuschneidet. Ein lautes „klack“ und der überflüssige Alustreifen ist weg.
Arbeiten wie diese sind Routine für die junge Frau, die sich seit einigen Wochen Klempnermeisterin nennen darf. Ihr drittes Kind war ein Jahr alt, als sie sich entschied, die Meisterausbildung zu machen – berufsbegleitend zum Teilzeitjob als Klempnerin und als Mutter. Um das zu meistern, muss das Zeitmanagement hervorragend sein. „Ohne meinen Mann, die Oma und Freunde hätte ich das nicht geschafft“, sagt Jasmin Widmann. Und ohne eine gewisse Disziplin auch nicht. Es gab Tage, da stand sie morgens um 4 Uhr auf, um sich zum Lernen an den Schreibtisch zu setzten, bevor die Kinder wach wurden.
Arbeit auf der Baustelle ist Jasmin Widmanns Ding
Doch warum ausgerechnet Klempnerin? Arbeiten in schwindelnder Höhe, auf Hausdächern und auf Gerüsten, im Freien bei Wind und Wetter, in der Werkstatt. Es gibt leichtere Jobs. Doch genau das sind die Dinge, die Jasmin Widmann an ihrem Job liebt. „Es ist ein kreativer Beruf. Es geht um Dichtigkeit an Gebäuden, aber auch darum, dass die Arbeit gestalterisch und optisch schön wird.“
Aber dann gibt es auch den Sonnenaufgang, den Ausblick, die Umgebung, was Menschen im Büro nicht so erleben wie die Menschen auf der Baustelle. Und ein bisschen liebt Jasmin Widmann auch die Herausforderungen. Man müsse schon schwindelfrei sein und aufpassen, wenn man Dach- oder Fassadenverkleidungen oder Fallrohre und Regenrinnen anbringt.
Wie die Schnaitheimerin den Klempnerberuf für sich entdeckte
Schon als Mädchen hat Jasmin Widmann Berührung zum Klempnerberuf. Der Stiefvater nimmt sie mit auf Baustellen und sie darf auch mal mitarbeiten. Dass sie „irgendwas am Bau oder mit Gebäude“ machen möchte, das war ihr danach klar. Nach dem Abitur am Schiller-Gymnasium macht sie ein Praktikum in einem Architekturbüro. „Das war mir zu viel Büroarbeit.“ Deshalb versucht sie es mit einem Praktikum bei einer Zimmerei. „Aber das Blech als Werkstoff hat mich nicht losgelassen.“ Schließlich stellt sie sich bei der Flaschnerei Smejkal in Mergelstetten vor. Dort wurde sie erst gefragt, ob sie ins Büro wolle. „Nein, eigentlich will ich raus auf die Baustelle“, so ihre Antwort.
Nach der Lehre geht sie für ein Jahr in die Schweiz in eine Flaschnerei. In dieser Zeit lernt sie ihren künftigen Mann, ein Heidenheimer, kennen. „Es war klar, dass ich wieder zurückkomme.“ 2012 fängt sie wieder bei ihrem Lehrbetrieb an, diesmal als Gesellin. Zwei Jahre später kommt ihr erster Sohn zu Welt. Nach kurzen Mutterschutz- und Kinderpausen steigt sie immer wieder in den Job ein – in Teilzeit. „Ich bin dankbar, dass die Firma so flexibel ist und mir das ermöglicht hat.“
Wie Jasmin Widmann Meisterausbildung neben Beruf und Familie gemanagt bekommt
Die Meisterausbildung zu machen, damit hadert sie zunächst. „Anfangs konnte ich mir das nicht vorstellen, so viel Verantwortung zu übernehmen.“ Doch als dann das dritte Kind auf dem Weg ist und auch die Junior- und Seniorchefs immer wieder nachbohren, trifft sie die Entscheidung. Sie nutzt die Zeit der Elternpause, pendelt nach Ulm in die Meisterschule und lernt den kaufmännischen Part. In den zwei Wochen Weihnachtsferien absolviert sie die Ausbildereignungsprüfung. „Das ging gut, weil mein Mann da Urlaub hatte und auf die Kinder aufpassen konnte.“
Im Oktober 2023, sie arbeitet schon längst wieder im Betrieb, nimmt sie die letzten beiden fachbezogenen Module in Angriff. Wieder beginnt der Spagat. Es gibt Tage, an denen sie schnell von Ulm nach Hause fahren muss, weil die Schule früher als geplant aus ist. „Ich war schon oft hin- und hergerissen, hätte gerne mehr Zeit mit den Kindern verbracht. Doch Organisation ist alles.“ Im April ist ihr Meisterstück fertig. Der aus verschiedenfarbigem Kupfer gefertigte Tisch steht heute im Empfangsbüro in Sichtweite ihres Schreibtisches.
„Es ist schön, nach so vielen Jahren eine neue Herausforderung zu haben“, sagt sie und freut sich auf die Aufgaben, die als Meisterin auf sie zukommen. Fünf Meister arbeiten insgesamt im Betrieb mit den mehr als 30 Beschäftigten. Zuständig sein wird sie voraussichtlich für Reparaturen und deren Planung. Sie führe Gespräche mit den Kunden, den Hausbesitzern oder Architekten. „Es ist die perfekte Mischung und ich werde nicht ganz weg von den Baustellen sein.“
Dass die Arbeit kräftezehrend ist, räumt sie ein. Aber vieles werde auch durch moderne Technik erleichtert. Und wenn nicht, dann sei man auf der Baustelle ein gutes Team, das einander hilft. „Eine Dachrinne wiegt schon was“, sagt sie lachend und fügt hinzu: „Aber es macht mir auch Spaß, an die Grenzen zu gehen.“
Klempner-Handwerk ein Exotenberuf
In den vergangenen zehn Jahren hat nur eine Frau im Klempner-Handwerk die Meisterprüfung abgelegt, teilt die Handwerkskammer Ulm für ihren Zuständigkeitsbereich mit. Und das war Jasmin Widmann.
Auch in der Ausbildung zum Klempner gibt es wenig Zulauf. Im gesamten Bezirk begannen im vorigen Jahr nur 18 junge Männer mit der Klempnerausbildung. Die Jahre zuvor sah es nicht viel besser aus, die Zahlen schwanken zwischen 18 und 23. Frauen sind die Ausnahme: In den vergangenen fünf Jahren hat nur 2021 eine Frau die Lehre als Klempnerin gestartet neben 21 Männern.
Dr. Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm, sagt: „Viele Handwerksberufe tun sich schwer in der Nachwuchsgewinnung, weil sie wenig bekannt sind oder junge Menschen falsche Vorstellungen davon haben.“ Ein solches Beispiel sei der Ausbildungsberuf Klempner. „Viele Jugendliche wissen gar nicht, was man in diesem Beruf überhaupt macht. Die meisten denken sicherlich an einen Handwerker mit Rohrzange. Dabei entwirft ein Klempner moderne Dachentwässerungssysteme aus Blech oder baut beeindruckende Fassadenverkleidungen.“