Ende Oktober letzter Ausschank

Schwarz Coffee-Shop stellt Cafébetrieb ein, nicht jedoch den Kaffeegenuss

Ferdinand und Karin Hajduk schließen Ende Oktober ihr Café Schwarz in der Hinteren Gasse in Heidenheim, allerdings nicht ganz: Der Coffee-Shop und Rösterei bleiben bestehen.

Es ist ein Teilrückzug, zu dem sich Ferdinand und Karin Hajduk schweren Herzens entschieden haben, mit dem die Gastro-Landschaft in Heidenheim um ein Angebot kleiner wird. Sie hätten es sich sehr gut überlegt, vor allem auch, wegen der vielen Stammgäste im Café, die fast schon wie eine Familie zusammengewachsen ist. Deshalb sei der Schritt nicht einfach.  „Aber wir müssen die Reißleine ziehen“, sagt Karin Hajduk, „etwas kürzertreten“, fügt ihr Mann hinzu und trägt zwei Eimer mit frisch gerösteten Kaffee in den Laden. Früher trug er vier auf einmal. Doch heute ist ihm klar: Er muss seine Kräfte besser einteilen. Beide sind 67 beziehungsweise 66 Jahre alt, im besten Rentenalter – doch ganz aufhören wollen sie noch nicht. Es sei denn, es fände sich ein Nachfolger. Jemand, der mit der gleichen Liebe zum Kaffee weitermachen würde.

So wie Ferdinand Hajduk 2007 ins kalte Wasser sprang und den Coffee-Shop samt kleinem Café von seinem Vorgänger und Firmengründer Josef Helf übernahm. Er war einer der Café-Kunden der ersten Stunde, der früher gar kein großer Kaffeeliebhaber war, sondern vor allem der Atmosphäre des Ladens verfallen war. „Es war eine Alternative zu Mainstream, das hat mir gut gefallen.“ Nach und nach freundete er sich mit dem Kaffee an. Irgendwann nahm ihn dann Josef Helf mit in die Rösterei, die bis heute im Industriegebiet zwischen Aufhausen und Schnaitheim angesiedelt ist.

Vom Mechaniker zum Heidenheimer Barista

Und da war es um den Mann geschehen, der als gelernter Mechaniker bei den Schwäbischen Hüttenwerken arbeitete. Die Welt des Kaffees packte ihn und gleichermaßen auch seine Frau, die in den ersten Jahren nach der Übernahme zwar die Buchhaltung schulterte und mitarbeitete, aber weiterhin auch ihrem Beruf als Industriekauffrau nachging. Das war das finanzielle Sicherheitsnetz, erzählen die beiden.

Es war zwar ein mutiger Schritt, im Alter von 50 Jahren etwas ganz Neues zu wagen, den Schritt vom Angestellten in die Selbstständigkeit. „Wir haben alles in die Waagschale geworfen und es nie bereut“, sagt Ferdinand Hajduk. „Wenn ich heute nochmal 30 wäre, mit dem Wissen von heute, dann würde ich diesen Schritt wieder machen und viel früher.“ Er würde noch mehr in die Welt des Kaffees eintauchen, öfter noch in die Anbaugebiete am Äquatorgürtel reisen, wie er es einmal gemacht hat, mit einer Reise nach Guatemala. Der Kontakt besteht bis heute.

Wie die Heidenheimer Kaffeespezialitäten entstanden

Café und Rösterei haben sich verändert, anfangs wenig, mit der Zeit wurde Ferdinand Hajduk mutiger. „Als ich angefangen habe, war ich viel zu aufgeregt, um irgendetwas zu verändern“, lacht er heute. Schließlich geht es um Nuancen, um den richtigen Zeitpunkt, die Temperatur, die Röstdauer, ob ein Kaffee gut ist oder seine Aromen einbüßt. Doch mit der Zeit wurde er mutiger und fing an, in der Rösterei zu experimentieren. Entstanden sind neue Röstungen und Mischungen, eine davon, das „Brenzgold“, wurde von der Zeitschrift „Feinschmecker“ prämiert. „Für mich war es immer wichtig, dass der Kaffee seinen Charakter behält“.

Noch bis Ende Oktober läuft der Cafébetrieb in der Hinteren Gasse in Heidenheim. Rudi Penk

Auch im Café in der Hinteren Gasse wurden Dinge verändert, das Gesicht des Ladens, die heimelige Atmosphäre im Fachwerkgebälk, ging jedoch nie verloren. Zum Kaffee kamen Kaffeezubereitungsutensilien, Schokolade, Gebäck und Snacks und auch feines Geschirr dazu. Das „Nebenan“ wurde dazu gemietet und Café durch einen weiteren Raum um eine Zone erweitert, in der es etwas ruhiger zuging als im Café selbst.

Was ist das Geheimnis der guten Kaffeezubereitung?

Die Hajduks haben ein Gespür für guten Kaffee. Vielleicht, so die Überlegung von Ferdinand Hajduk, bietet er einmal Kaffee-Kurse an. Denn die Bohne ist das eine, das andere ist die richtige Zubereitung. „Einen schlechten Kaffee kann man nicht gut machen, einen guten Kaffee jedoch schlecht“, sagt Karin Hajduk. „Wenn Kaffee auch kalt noch gut schmeckt, dann ist es ein guter Kaffee.“ Doch die meisten wollen den Kaffee heiß. Was ist das Geheimnis, die Geling-Garantie? „Guter Kaffee braucht Zeit“, sagt Ferdinand Hajduk. Er nimmt sich privat morgens eine Dreiviertelstunde für die Zubereitung. Die Bohnen werden frisch gemahlen und der Kaffee mit dem Handfilter gebraut. Seine Frau bevorzugt den „Brasil Lagoa“, einen weichen, nussigen Kaffee, den Ferdinand Hajduk scherzhaft „Mädchenkaffee“ nennt. Er selbst trinkt morgens einen kräftigen Ristretto aus der Bohne „Marco Polo“, aufgegossen wie ein Cappucchino.

Auch wenn die beiden ab November den Café-Betrieb einstellen, werden sie am Laden nichts verändern. Das Mobiliar bleibt, die große Kaffeemaschine auch, wenn sie auch nicht mehr eingeschaltet wird. Weiterhin werden sie täglich mit dem E-Bike von ihrem Zuhause in Königsbronn nach Heidenheim in die Hintere Gasse radeln. Denn hier befindet sich das Lager, und auch der Laden wird von Mittwoch bis Samstag geöffnet. Die Öffnungstage reduziert hatten die Hajduks nach Corona, und auch schon vorher hatten sie die Öffnungszeiten gedrosselt. Sonst wäre alles – Rösterei, Online-Shop, Verkauf, Buchhaltung, Warenwirtschaft – schon viel früher nicht mehr leistbar gewesen, vor allem auch angesichts des fehlenden Personals. Einen Service werden sie aber weiterhin beibehalten: Stammkunden liefern sie die Kaffeebestellung per Fahrrad aus.

Ausreise aus der DDR nach Heidenheim

Mutige Entscheidungen prägen das Leben der Hajduks. Vielleicht noch ein größerer Einschnitt als die Übernahme des Cafés war die Entscheidung, nach Heidenheim zu ziehen. Beide haben ihre Wurzeln in Jena, lebten in der Osthälfte des damals noch geteilten Deutschlands. Doch das Paar wollte raus aus der DDR, stellten einen Ausreiseantrag, der 1984 endlich bewilligt wurde. Die beiden Kinder waren noch im Kindergartenalter, als sie das alte Leben hinter sich ließen und in Heidenheim einen Neuanfang starteten, wo ein Teil der Verwandtschaft lebte. Ferdinand Hajduk fand eine Stelle als Mechaniker, Karin Hajduk war in der DDR Krankenschwester und lernte im Westen um zur Industriekauffrau.

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