Klassenbesuch

Selfie mit Aladin: wie EGR-Schüler Filmstar Mido Kotaini trafen

Mido Kotaini ist derzeit im Kino an der Seite von Jella Haase in „Chantal im Märchenland“ zu sehen. Der syrische Schauspieler, der als unbegleiteter Flüchtling nach Deutschland kam, berichtete Schülerinnen und Schülern der Heidenheimer Eugen-Gaus-Realschule von seinem Lebensweg.

Einen Filmstar treffen, ihm Fragen stellen und mit ihm Selfies machen – das ist für viele Teenies ein Traum, der sich leider nie erfüllt. Rund 60 Schülerinnen und Schüler der Eugen-Gaus-Realschule (EGR) in Heidenheim hatten am Donnerstag diese Chance: Mido Kotaini, aktuell in der Kino-Komödie „Chantal im Märchenland“ in der Rolle des Aladin zu sehen, kam eigens nach Heidenheim, um sich mit den Siebt- und Achtklässlern über seinen Lebensweg zu unterhalten.

Bei Mido Kotainis Geschichte geht es aber um mehr als die Frage, wie es ist, berühmt zu sein, wie man Schauspieler wird, und wie er sich mit Chantal-Darstellerin Jella Haase versteht. Der 22-jährige Kotaini flüchtete als 14-Jähriger vor dem Krieg in Syrien nach Deutschland. Er wuchs als unbegleiteter Flüchtling in einem Kinderheim auf. Das war so nicht geplant: „Ich hatte mit 14 keinen Bock, alleine zu leben“, so der Schauspieler. Eigentlich wollte die Mutter auch nach Deutschland kommen. „Dann hatte meine Schwester einen schweren Autounfall und meine Mutter musste sich um sie kümmern“, erzählte Mido Kotaini. Bis heute lebt die Familie in Syrien und auf die Frage, was er an seinem Heimatland vermisse, war die Antwort: „meine Familie“.

„Habt keine Angst zu träumen“

Der 22-Jährige hatte für die EGR-Schülerinnen und -Schüler ganz klare Botschaften dabei: „Das Leben ist nicht einfach und man kann nicht immer nur lachend durchs Leben gehen.“ Aber auch: „Habt keine Angst zu träumen.“ Sprache und Bildung seien der Schlüssel, so Kotaini. Anfangs habe er in Deutschland nicht zur Schule gehen dürfen, weil er keine Papiere hatte. „Ich habe zwei Jahre lang zu Hause gelernt, jeden Tag acht Stunden.“ Dann besuchte er zunächst eine Gesamtschule, danach das Gymnasium. Vor zwei Jahren schaffte der junge Syrer, der akzentfrei Deutsch spricht, das Abitur.

Großes Interesse hatten die Schülerinnen und Schüler auch daran, wie ihr Gast zur Schauspielerei kam. Er sei schon immer der Klassenclown gewesen und habe ein großes Interesse an Filmen gehabt. „Ich habe mir eine Figur aus einem Film ausgesucht und die dann zu Hause gespielt“, erzählte er. Das sei für seine Mutter wohl sehr anstrengend gewesen, vermutet er heute. Mit 16 habe er in Deutschland einen Theaterworkshop besucht, aber da seien seine Sprachkenntnisse noch zu gering gewesen, sodass er nicht mehr hinging. Zwei Jahre später erinnerte sich die Theaterlehrerin an ihn und vermittelte ein Casting. „Man braucht auch ein gewisses Glück, aber am Ende zählt die harte Arbeit“, so Kotaini.

Kontakt über den Bruder von Lehrerin Kerstin Endreß

„Chantal im Märchenland“, eine deutsche Komödie mit einer Figur aus den „Fack ju Göhte“-Filmen im Mittelpunkt, wurde in München und Prag gedreht, berichtete Mido Kotaini. Zwölf bis 13 Stunden pro Tag wurde gedreht, eine anstrengende und intensive Zeit für ihn. „Manchmal dauert es zwei Tage, bis eine Szene fertig ist“, erzählte der Schauspieler den Schülern. Drei Monate habe er sich auf die Rolle vorbereitet, musste neun Kilo zunehmen und hatte einen Schauspiel-, Fitness- und Sprachcoach.
Der Kontakt zur Heidenheimer Realschule entstand über Lehrerin Kerstin Endreß. Deren Bruder Christian hatte Mido Kotaini in Düsseldorf kennengelernt. Sie habe mit der Klasse das Buch „Löcher“ gelesen und über die Frage gesprochen, was man aus seinem Leben machen kann, und dass es nicht immer ganz einfach sei. „Dann habe ich die Geschichte von Mido erzählt und die Schülerinnen und Schüler haben gesagt, sie würden ihn gerne kennenlernen“, erinnert sich Kerstin Endreß. Sie erzählte ihrem Bruder von diesem Wunsch und zwei Stunden später habe dieser die Antwort geschickt: „Sie dürfen Mido kennenlernen“.

Klassenfoto mit Mido: Der Schauspieler bekam als Dank für seinen Besuch ein FCH-Trikot geschenkt. Lehrerin Kerstin Endreß (Zweite von links, stehend) hat die Begegnung organisiert. Foto: Rudi Penk

Der 22-Jährige kam – zwischen zwei Drehtagen für einen neuen Film – extra für die Begegnung mit den beiden Schulklassen nach Heidenheim. „Ich bin froh, hier zu sein, aber auch ein wenig aufgeregt“, so Mido Kotaini. Ihm sei es wichtig, seine Geschichte zu erzählen, gerade auch, um Jugendlichen mit Migrationshintergrund Mut zu machen. Die Schülerinnen und Schüler wiederum hatten sich mit Kerstin Endreß gut auf den Besuch vorbereitet und zahlreiche Fragen aufgeschrieben, die die Jugendlichen in lockerer Runde stellen konnten. Dabei ging es um ganz simple Dinge wie das Lieblingsessen (Lasagne) oder den Lieblingsfußballverein (Kotaini gab die richtige Antwort: „Heidenheim“), aber auch um die Frage, ob er schon einmal Rassismus erlebt habe. In Blankenburg im Harz (Sachen-Anhalt), wo er die ersten sechs Monate in Deutschland erlebt habe, sei es schwierig gewesen und er habe die Menschen als unfreundlich erlebt, erinnerte er sich. In Düsseldorf und Berlin, wo er sich heute viel aufhalte, sei das ganz anders, so Kotaini.

Was ihm an Deutschland am besten gefalle, wollte eine Schülerin wissen. „Dass es in Deutschland so viele Möglichkeiten gibt, was man aus sich machen kann“, war die Antwort des 22-Jährigen. Und auch die Flucht aus Syrien war ein Thema, mit dem Kotaini dann endgültig die Brücke zu den Jugendlichen schlagen konnte: Ein Schüler, selbst gebürtiger Syrer, berichtete aus der eigenen Familiengeschichte, was alle Anwesenden stark beeindruckte.

„Tatort“ und Tom Tykwer

Der junge Schauspieler Mido Kotaini wurde in Damaskus (Syrien) geboren. Seine erste Rolle hatte er in der ARD-Comedy-Serie „Almania“, in der es um den Schulalltag an einer sogenannten Problemschule geht. 2023 hatte er Rollen in den Filmreihen „Tatort“ und „Kommissarin Lucas“, seit März ist er im Kinofilm „Chantal im Märchenland“ zu sehen. Außerdem spielt er auch im neuen Tom-Tykwer-Film „Das Licht“ mit.

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