Das ist fürwahr schwere kommunalpolitische Kost, mit der sich die Mitglieder des neugewählten Gemeinderats in nächster Zeit auseinandersetzen müssen: Die finanziellen Spielräume der Stadt schwinden derart, „dass sich die aktuell noch vorhandene Liquidität bis zum Ende des Jahres 2027 weiter in Richtung des gesetzlich vorgegebenen Mindestwerts bewegen wird“.
Bemerkenswert: Das Zitat entstammt keiner dem Verwaltungshandeln gegenüber kritisch eingestellten Quelle, sondern einem seitens des Rathauses formulierten Papier, über das die Stadträtinnen und Stadträte unlängst zu befinden hatten. Konkret ging es um den Beschluss eines Nachtragshaushalts. Dieser Schritt war nötig geworden, weil sich seit der am 18. Dezember vergangenen Jahres mit der Mehrheit der Stimmen im Gemeinderat erfolgten Verabschiedung des aktuellen Haushaltsplans erhebliche Abweichungen ergeben hatten.
Verpflichtungsermächtigungen steigen stark
Die wesentlichen erläuterte Ulli Edelmann, im Rathaus Leiter des Geschäftsbereichs Finanzverwaltung. So stieg der Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen um knapp sieben auf 60,1 Millionen Euro. Verbunden ist damit die Möglichkeit, Aufträge für Investitionsvorhaben zu vergeben, die erst in künftigen Haushaltsjahren zu Ausgaben führen. Darunter fallen beispielsweise der Umbau des Elmar-Doch-Hauses, die Sanierung der Karl-Rau-Halle und der Neubau eines Jugendhauses im Mittelrain.
Um 200.000 Euro höhere Einnahmen sind bei den „sonstigen ordentlichen Erträgen“ zu erwarten, hinter denen sich unter anderem höhere Verwarnungsgelder verbergen. Zusätzlich 189.000 Euro gehen mit der wachsenden Nachfrage nach Integrationskursen einher. Gleichzeitig muss die Stadt bei der Kreisumlage 933.000 Euro weniger einplanen, und auch bei den Kreditzinsen fallen die Aufwendungen geringer aus als veranschlagt.
Ergebnis des Haushalts bleibt im Minus
Unterm Strich verbessert sich aufgrund der genannten und weiterer Veränderungen das Ergebnis des Haushalts um 1,96 Millionen auf -4,4 Millionen Euro. Das negative Vorzeichen signalisiert allerdings, dass die Situation prekär bleibt. Auch in den kommenden Jahren ist der Verwaltung zufolge mit Ergebnissen zu rechnen, die deutlich im Minus liegen.
„Damit wird das Ziel, einen generationengerechten Haushalt aufzustellen, weiterhin nicht erreicht“, heißt es in einer von Oberbürgermeister Michael Salomo unterzeichneten Bewertung. Das strukturelle Defizit des laufenden Haushalts bestehe fort und werde durch die aktuellen Entwicklungen weiter verstärkt. Konkret bedeutet das: Es müssen fortlaufend Kredite aufgenommen werden. Nach aktuellem Stand sind es in diesem Jahr 22,3 Millionen Euro, von 2025 bis 2027 dann voraussichtlich 20,5, 21,95 bzw. 11,65 Millionen Euro.
Schulden wachsen deutlich
Der Schuldenstand wächst währenddessen von 56,1 Millionen Ende des laufenden Jahres über 69,3 und 78,9 bis auf 84,5 Millionen Euro Ende 2027. Demgegenüber sinken die liquiden Mittel von 67 Millionen Ende 2024 über 57 und 38,9 auf 17,2 Millionen Ende 2027.
„Wir haben als Stadt gewaltige Hausaufgaben vor der Brust“, fasste OB Salomo die Aussichten zusammen. Gleichzeitig legte er Wert auf die Aussage, millionenschwere Vorhaben wie die Sanierung des Rathauses und der Kläranlage in Mergelstetten seien schon vor Beginn seiner Amtszeit begonnen worden „und deshalb vom vorherigen Gemeinderat und meinem Vorgänger als OB zu verantworten“. Gleiches gelte für das Elmar-Doch-Haus. Immerhin stehe der Haushalt jetzt deutlich besser da als vor einem Jahr.
Konzentration auf Pflichtaufgaben
Dr. Waltraud Bretzger, die Vorsitzende der CDU/FDP-Fraktion, erinnerte an die Vorgabe des Regierungspräsidiums, Pflichtaufgaben zeitlich zu strecken. Das geschehe auch, allerdings stelle sich die Frage, ob bereits 2025 die Liquidität noch in ausreichendem Maße gegeben sei. Die Einsparungen bei der Kreisumlage seien jedenfalls nicht mehr als ein Strohfeuer.
Sie mahnte nachhaltiges und generationengerechtes Handeln an und gab bei der Aufzählung verschiedener Vorhaben von einem Neubau der Städtischen Betriebe bis zu den Lehrschwimmbecken zu bedenken, dass es sich bei dem „Gastro-Event, das wir uns im Elmar-Doch-Haus leisten“, nicht um eine Pflichtaufgabe handele. Ihr Fraktionskollege Michael Rieck bemängelte, für einen Teilabbruch des Café Sonnleitner sei eine halbe Million Euro vorgesehen, gleichwohl noch kein Pächter präsentiert worden. Fabian Rieck (Freie Wähler) sprach sich dafür aus, durch den Verkauf von Grundstücken Geld einzunehmen. Vor diesem Hintergrund könne er nicht verstehen, weshalb das geplante Baugebiet am Hardtwald noch immer auf sich warten lasse.
Am Ende votierte der Gemeinderat bei fünf Gegenstimmen und drei Enthaltungen für den Nachtragshaushalt.
Wann gibt es einen Nachtragshaushalt?
Paragraf 82 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg bestimmt, in welchen denkbaren Fällen ein Nachtragshaushalt zu erlassen ist: Ein erheblicher Fehlbetrag entsteht bzw. vergrößert sich, bisher nicht veranschlagte Investitionen müssen eingeplant werden, der Gesamtbetrag der Verpflichtungsermächtigungen erhöht sich.