Wer in der Nähe des Schlossbergs wohnt, hat sich in den vergangenen Wochen zwangsläufig an den Anblick sowie das Geräusch diverser Feuerwerkskörper gewöhnt. Immer freitags und samstags erleuchteten sie pünktlich zum Höhepunkt der „Annie“-Aufführungen im Naturtheater den Heidenheimer Nachthimmel. Nun hat es sich ausgeböllert, die Sommerspielzeit ist vorbei. Und? Wie war’s?
Der Vorsitzende des Vereins, Stefan Benz, zieht vor allem für „Der Räuber Hotzenplotz“ eine positive Bilanz: „Das Kinderstück war rappelvoll. Wir mussten leider regelmäßig Gäste wegschicken, weil die Inszenierungen teilweise einfach schon ausverkauft waren.“ 21.800 Besucherinnen und Besucher verfolgten die Abenteuer von Kasperl und Seppl.
Das Erwachsenenstück „Annie“ lockte 18.100 Menschen ins Naturtheater – eine gute Zahl, sogar eine tolle Zahl, wie Benz findet. Und doch: „Das Stück selbst und das Engagement der Vereinsmitglieder hätte mehr verdient gehabt.“ Zwei Gründe sieht der Vorsitzende für dieses Resultat.
Zum einen ist da das Wetter. Dieses habe dem Ensemble vor allem zu Beginn der Spielzeit echte Schwierigkeiten bereitet, nicht zuletzt aufgrund seiner Unbeständigkeit. Sogar die eine oder andere regenbedingte Unterbrechung musste „Annie“ hinnehmen – ein Umstand, den es laut Benz in den vergangenen Jahrzehnten praktisch nie gegeben hat.
Das Naturtheater und die „liebevolle Eigenart“ der Heidenheimer
Zum anderen hat Stefan Benz das fast schon klassische Verhalten des Heidenheimer Publikums auch in dieser Saison beobachtet. „Die Leute sind generell etwas vorsichtiger geworden bei Stücken, die sie noch nicht kennen. Einige Besucher kommen oft schon zu Beginn der Spielzeit aus den umliegenden Kommunen und Landkreisen zu uns. Die Heidenheimer warten scheinbar eher, bis ihre ‚Nachbarn‘ im Stück gewesen sind.“ Es sei eine „liebevolle Eigenart“ der Heidenheimer, die man jedes Jahr aufs Neue beobachten könne.
Grämen muss sich das Naturtheater aufgrund dieser Besucherzahlen jedoch keinesfalls. „Hotzenplotz“ konnte ähnlich gute Zuschauerzahlen verzeichnen, wie die Kinderstücke der beiden vergangenen Jahre („Eine Woche voller Samstage“: 22.000, „Hui Buh – Das Schlossgespenst“: 22.500). „Annie“ übertraf die Erwachsenenstücke von 2022 und 2023 noch einmal spürbar („Der Graf von Monte Christo“: 16.000, „Der Raub der Sabinerinnen“: 14.5000).
Gerade gegen Ende der Spielzeit sollte sich der „Annie“-Spieß noch einmal umdrehen: „Während die Leute am Anfang nicht in der Zahl gekommen sind, wie wir es uns erhofft haben, mussten wir sie am Ende ähnlich wie bei ‚Hotzenplotz‘ zum Teil wieder wegschicken. Das lag natürlich auch am Wetter“, ist sich Stefan Benz sicher. Nach der coronabedingten Zwangspause und dem darauffolgenden eher schwachen Start zurück in die Spielzeit nehmen die Besucherzahlen des Naturtheaters nun also wieder Fahrt auf.
Mit „Annie“ stand erstmals seit „West Side Story“ (2019) wieder ein Musical auf dem Programm. Obwohl sich Musical-Aufführungen im Naturtheater wachsender Beliebtheit erfreuen – inzwischen werden Stimmen innerhalb des Vereins laut, die eine zweite jährliche Musical-Gala anregen – hat sich diese Entwicklung nicht im Vorverkauf von „Annie“ bemerkbar gemacht. „Die Leute konnten mit dem Titel zunächst einfach nichts anfangen“, glaubt Stefan Benz.
Musical-Proben verlangen Naturtheater-Mitgliedern mehr ab
Innerhalb des Vereins habe das Musical den Mitgliedern einiges abverlangt. Da waren natürlich die üblichen Ermüdungserscheinungen gegen Ende der Probenzeit. Bei „Annie“ habe Benz dein Eindruck gehabt, dass das Ensemble etwas probenmüder als sonst war. „So ein Musical fordert einen natürlich nochmal mehr. Neben den szenischen Proben müssen etwa Chorgesang und Choreografie geübt werden.“ Dennoch war die Stimmung innerhalb des Vereins laut Benz so gut wie schon lange nicht mehr. Gute Absprachen, seltene Reibungspunkte – „einfach eine richtig tolle Spielzeit.“
Übrigens: Erst seit 34 Jahren übrigens werden die Besucherstatistiken im Naturtheater archiviert. Mit 47.914 Besuchern verzeichnete die Spielzeit 2016 mit den Stücken „Die Feuerzangenbowle“ und „Die kleine Hexe“ einen neuen Zuschauerrekord. Bis dahin hatte die Bestmarke von 47.463 Zuschauern aus der Spielzeit 2001 („Sister Act“ und „Pünktchen und Anton“) resultiert.
Über 40.000 Besucher zählte man im Naturtheater in diesem Jahrtausend übrigens noch acht weitere Male: 47.375 in der Spielzeit 2012 („Das Wirtshaus im Spessart“ und „Michel aus Lönneberga“), 46.900 in der Spielzeit 2014 („Blues Brothers“ und „Pippi Langstrumpf“), 46.250 in der Spielzeit 2013 („Kohlhiesels Töchter“ und „Robin Hood“), 43.396 Besucher in der Spielzeit 2017 („My Fair Lady“ und „Der Zauberer von Oz“), 43.227 in der Spielzeit 2007 („Don Camillo“ und „Die Biene Maja“), 42.706 in der Spielzeit 2002 („Das Dschungelbuch“ und „Momo“), 41.125 in der Spielzeit 2011 („Ich denke oft an Piroschka“ und „Pinocchio“) sowie 40.301 in der Spielzeit 2003 („Der Glöckner von Notre Dame“ und „Der kleine Vampir“).
In den 20 Jahren zuvor hatte es über 40.000 Besucher lediglich einmal gegeben, und zwar 42.227 in der Spielzeit 1999, als schon einmal „Annie“ und „Der Räuber Hotzenplotz“ gegeben worden waren. Am schlechtesten besucht in den vergangenen 32 Jahren war das Naturtheater in der Spielzeit 2010. Zu „Faust“ und „Bill Bo“ kamen nur 27.593 Besucher.
Naturtheater-Stücke für 2024 und 2025
In diesem Jahr wird es noch drei weitere Naturtheater-Produktionen zu sehen geben: „Wilhelm – Tell Me Your Story“ (Premiere am 20. September), „Krabat“ (4. Oktober) sowie „Als der Weihnachtsmann vom Himmel fiel“ (30. November). Für „Tell“ gibt es noch Tickets, die beiden anderen Stücke sind bereits ausverkauft.
Die Sommerspielzeit 2025 wartet mit den beiden Stücken „Die drei Musketiere“ und „Alice im Wunderland“ auf. Der Vorverkauf dafür startet am 1. Dezember 2024.