Wohnungslosigkeit

So geht es den Heidenheimer Obdachlosen jetzt im Winter

In Heidenheim sorgen mehrere Hilfsangebote dafür, dass Obdachlose ein Dach über den Kopf bekommen.

So geht es den Heidenheimer Obdachlosen jetzt im Winter

Die Corona-Krise scheint weitestgehend überwunden, doch durch den Ukraine-Krieg befinden wir uns mitten in einer Energiekrise. Die Preise für Gas und Strom sind extrem angestiegen. Viele Menschen blicken mit Sorge auf den Winter.

Wirkt sich das auch auf obdachlose Menschen aus? „Ja“, sagt Wolfgang Lohner, Leiter der Wohnungslosenhilfe bei der Caritas Ostwürttemberg: „Die Lebenshaltungskosten, vor allem Lebensmittel, sind generell teurer geworden.“ Beim aktuellen Hartz-IV-Satz von 449 Euro für alleinstehende Erwachsene würden bereits kleinere Preissteigerungen eine große Belastung für die ärmeren Menschen darstellen, so Lohner.

Sechs Personen pro Nacht

Verlust des Jobs, Sucht, Scheidung oder Überschuldung, es gibt viele Gründe die dazu führen können, dass man seine Wohnung verliert. Wenn es zur Wohnungslosigkeit kommt, ist die Kommune gesetzlich dazu verpflichtet, die Betroffenen unterzubringen. In diesem Zuge sind in Heidenheim zurzeit 69 Personen untergebracht. In Giengen sind es 13 und in Herbrechtingen aktuell vier.

Die erste Anlaufstelle für einen Großteil der Obdachlosen, nämlich die alleinstehenden Erwachsenen, ist jedoch die Notübernachtung der Caritas. In Heidenheim befindet sich diese in der Nördlinger Straße, die Aufnahme findet täglich zwischen 17 und 21 Uhr statt. „Im Schnitt übernachteten dieses Jahr täglich sechs Personen in der Notübernachtung“, berichtet Lohner. Diese Zahl sei über die letzten Jahre recht gleichbleibend gewesen.

Einzelzimmer gibt es in der Notunterkunft nicht, die Zimmer sind jedoch nach Geschlecht getrennt. Wer nicht übernachten will, kann dennoch in die sogenannte Wärmestube kommen, um sich aufzuwärmen und für zwei Euro gibt es ein vollwertiges Mittagessen. Außerdem zahlt die Caritas im Auftrag des Jobcenters den Tagessatz Hartz-IV an Wohnungslose aus, so der Leiter der Wohnungslosenhilfe.

Nach zwei bis drei Wochen in der Notübernachtung gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen gibt es die sogenannte ordnungsrechtliche Unterbringung, das bedeutet, dass die Wohnungslosen in Sozialwohnungen, die der Stadt gehören oder von ihr angemietet wurden, untergebracht werden. Zum anderen gibt es die Möglichkeit ins Aufnahmehaus der Caritas, direkt neben der Notübernachtung zu wechseln: „Das Aufnahmehaus hat zehn Plätze. Dort versuchen wir die Menschen mit einem Hilfeplan wieder zu integrieren“, erklärt Lohner. Das Hauptziel ist es jedoch den Menschen eine eigene Wohnung zu vermitteln. Dieses Vorhaben gelinge in zehn bis dreißig Prozent der Fälle. Zudem gibt es 32 Plätze für betreutes Wohnen.

Wohnungsmarkt ist zu

„Der Wohnungsmarkt für unseren Personenkreis ist eigentlich zu“, sagt Lohner. Auf der einen Seite sei dies dem Image der Obdachlosen geschuldet, da Vermieter oft den Obdachlosen andere Menschen vorzögen. Andererseits gebe es in Heidenheim das Problem, dass nur private gewinnorientierte Unternehmen, allen voran die Vonovia, für den Wohnungsbau zuständig sind. Durch die Ukraine-Flüchtlinge sei weitere Konkurrenz auf den sozialen Wohnungsmarkt gekommen, so Lohner.

Unterstützt wird die Caritas vom Heidenheimer Freundeskreis für Wohnungslose. Dieser bietet beispielsweise regelmäßig eine kostenlose Suppenküche an. Außerdem übernimmt die Gruppe aus rund 15 ehrenamtlichen Helfern Krankenhausbesuche, sie kann zinslose Kredite geben und organisiert Freizeitaktionen, wie Grillfeste oder Kegelabende für die Wohnungslosen. „Allerdings konnte kein neuer Vorsitzender für den Freundeskreis gefunden werden, er kann also nicht mehr als eingetragener Verein fortgeführt werden“, so Barbara Walter, die Fachleiterin für Soziale Hilfen bei der Caritas. Nichtsdestotrotz wird die aktive Unterstützung der wohnungslosen Menschen weiterhin fortgeführt. Dabei stelle der Heidenheimer Freundeskreis für Wohnungslose im Vergleich zu vielen anderen Freundeskreisen eine Besonderheit dar, da er nicht nur finanziell unterstützt, sondern auch eine enge Beziehung zu den Menschen pflegt.

Steigender Frauenanteil

In den letzten Jahren habe der Frauenanteil unter den Wohnungslosen zugenommen, aktuell sei etwa ein Viertel der Wohnungslosen weiblich, berichtet Lohner. Auch der Anteil an psychisch erkrankten Personen sei gestiegen, die für diese Menschen zur Verfügung stehenden sieben Plätze seien aktuell überbelegt. Zudem seien knapp ein Drittel der Menschen jünger als 30 Jahre.

Im direkten Umfeld der Caritas-Gebäuden an der Nördlinger Straße befinden sich Sozialwohnungen der Stadt. In den letzten Jahren kam es dort zu mehreren Bränden. Auch ein Zimmer der Caritas habe gebrannt. „Durch die Einführung des Treff Härtsfeldstraße ist es uns gelungen, die angespannte Situation in dem Stadtteil weitestgehend zu befrieden“, so Lohner.

„Mehr soziale Wohnungen“

Angesichts des nahenden Winters zeigt sich Lohner optimistisch: „Durch unsere Angebote wie Notübernachtung, Wärmestube oder Suppenküche denke ich, dass die Menschen gut durchkommen werden.“

Im Rahmen eines Pilotprojektes wurden im vergangenen Winter in Ulm zwei sogenannten Ulmer Nester aufgestellt. Dabei handelt es sich um Schlafkapseln aus Holz, die für Menschen, die nicht in einer Einrichtung wie der Caritas übernachten wollen, in der Innenstadt aufgestellt wurden. Lohner sieht diese Art der Unterbringung skeptisch: „Ich sehe das nur als absolute Notlösung. Der Fokus sollte darauf liegen die Einrichtungen so zu gestalten, dass die Nester nicht gebraucht werden. Bei uns bekommt jeder ein Dach über dem Kopf.“ Er appelliert, den Notruf zu wählen, wenn man in der Öffentlichkeit eine Person sieht, die zu erfrieren droht.