Mikroabenteuer

So ist die ISS von Heidenheim aus zu sehen

Die wenigsten Menschen fliegen einmal ins All. Kein Problem ist es hingegen, die Gedanken zur Internationalen Raumstation (ISS) schweifen zu lassen, während die über unsere Köpfe hinwegrast. So ist sie von Heidenheim aus zu sehen.

So ist die ISS von Heidenheim aus zu sehen

Ferien! Was Kinderherzen heute höherschlagen lässt, sorgt schon seit jeher für strahlende Augen und bestenfalls für Vorfreude auf eine sommerliche Urlaubsreise: endlich Ferien! Allerdings war einst für die meisten bereits im Allgäu, im Schwarzwald oder an den oberösterreichischen Seen Schluss, die Welt noch nicht zum globalen Dorf geschrumpft.

Ein Blick ins mittlerweile von Patina überzogene Familienalbum ruft die Erinnerung an jene Tage wach: Ein Koffer, diverse Tüten und Beutel, eine Kühltasche, das obligatorische Federballspiel, außerdem Mama, Papa, Kind und Kegel wurden auf den eng bemessenen Platz verteilt, und der kleine Prinz – nicht die Hauptperson der Erzählung von Antoine de Saint-Exupéry, sondern der knuffige Kleinstwagen der NSU-Motorenwerke – schnaufte von dannen.

Als die Anreise noch Geduld erforderte

Von nicht einmal drei Dutzend PS mit Ach und Krach in den dreistelligen Tempobereich beschleunigt, erreichte das ohne jeglichen Luxus auskommende Gefährt nach einer gefühlten Ewigkeit seinen Bestimmungsort. Geschenkt. Schließlich war schon der Weg das Ziel, gehörte die alles andere als bequeme Anreise zu einem Abenteuer, auf das sich alle lange gefreut hatten: Urlaub auf dem Bauernhof, Stallausmisten und Traktorfahrt, frisch gemolkene Milch zum Frühstück und Verstecken im Heuschober inklusive.

Eine Flugreise war nicht drin, aber weil sich ohnehin fast niemand eine solche zu leisten vermochte, fehlte sie auch keinem. Irgendwann freilich konnte man in der gleichen Zeit nach Griechenland oder Spanien jetten, die eine unklimatisierte Blechschaukel bis zum Mondsee benötigte. Alsbald sanken zudem die Ticketpreise, und so stiegen mit den Möglichkeiten nach und nach auch die Ansprüche: Kos statt Kempten, Barcelona statt Balderschwang.

Mittlerweile fliegen Touristen ins All

Nicht absehen ließ sich damals, welche Auswüchse die Chance, ehedem unerreichbare Flecken zu sehen, mit sich bringen sollte: Bis ins All hat es die Menschheit mittlerweile zu touristischen Zwecken gebracht. Und Hotels auf dem Mond oder gar dem Mars sind garantiert nur eine Frage der Zeit. Äußerst unwahrscheinlich zwar, dass die eingangs beschriebenen Bauernhofurlauber an dieser Entwicklung noch teilhaben werden. Aber auch ihre Träume kennen keine Grenzen.

Und so steht es selbst den Bodenständigsten offen, sich im Kopf auf eine Reise ins Universum zu begeben. Die berühmte Raumfahrt des kleinen Mannes eben: gedanklich hinein in die Tiefen des Kosmos. Vielleicht gar bis zum Mond. Oder zur Internationalen Raumstation (ISS). Die rast alle eineinhalb Stunden einmal um die Erde und wird allen Interessierten frei Haus geliefert.

Vier deutsche Astronauten waren schon auf der ISS

Was ist dafür zu tun? Ganz einfach: Nach Einbruch der Dunkelheit bequem auf der Terrasse Platz nehmen, den Blick zum richtigen Zeitpunkt nach oben richten – siehe Extra-Artikel –, dem gleichmäßig seine Bahn ziehenden weißen Punkt am Himmel folgen und der Phantasie freien Lauf lassen. Unweigerlich stellt sich dabei die Erinnerung an jene vier deutschen Astronauten ein, die bereits an Bord der ISS waren und ihrerseits von dort auf die Erde herabblickten: Thomas Reiter, Hans Schlegel, Alexander Gerst und Matthias Maurer.

Und dann ist da aus lokalpatriotischer Sicht ja auch noch Gerhard Thiele. Der kreuzte im Februar 2000 an Bord des Space-Shuttle Endeavour zwar „nur“ die Flugbahn der ISS, ist aber immerhin der bislang einzige gebürtige Heidenheimer im Weltraum. Und den inzwischen längst zum Mann gereiften kleinen Jungen, der sich vor vielen Jahren zwischen Federballspiel und Kühltasche auf den Rücksitz zwängte, nimmt er heute noch mit auf eine Gedankenreise: Mondfahrt statt Mondsee.

Überflüge der ISS sekundengenau abrufbar

Die Internationale Raumstation ISS ist ein fliegendes Labor, das in einer Höhe von rund 400 Kilometern die Erde umrundet. Der Aufbau begann 1998. Den Betrieb teilen sich die Raumfahrtagenturen der USA (Nasa), Russlands (Roskosmos), Kanadas (CSA), Japans (JAXA) und Europas (Esa). Das europäische Engagement schließt die Länder Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Italien, Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz, Spanien sowie das Vereinigte Königreich ein. Zwischen Brasilien und den USA gibt es ein eigenständiges Abkommen über die Nutzung der ISS.

Die Stromversorgung der ISS wird über riesige Kollektoren sichergestellt. Fällt Sonnenlicht auf diese Segel, während es auf der Erde dunkel ist, kann die fußballfeldgroße Konstruktion mit bloßem Auge beobachtet werden. Aufgrund ihrer Geschwindigkeit von etwa 28.000 Stundenkilometern ist sie dann bei wolkenlosem Himmel wenige Sekunden bis mehrere Minuten lang zu sehen. Die exakten Daten lassen sich auf verschiedenen Seiten im Internet abrufen. Beispiel: heavens-above.com.

Zunächst muss bei den Einstellungen der Standort des Beobachters eingegeben werden. Anschließend wird unter „Satelliten“ eine Zehn-Tages-Vorschau für die Überflüge der ISS angezeigt, so es aktuell welche gibt. Aufgelistet sind deren Beginn und Ende, die Höhe über dem Horizont und der Verlauf nach Himmelsrichtungen. Wichtig: Die ISS kommt immer aus westlichen Richtungen und über blinkende Positionslichter wie Flugzeuge verfügt sie nicht.

Unklar ist aus heutiger Sicht, wie lange die ISS noch ihre Runden drehen wird. Ursprünglich war geplant, die Raumstation bis 2020 zu betreiben. Später stand das Jahr 2030 im Raum. Kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine kündigte die russische Raumfahrtagentur Roskosmos ihren Ausstieg für die Zeit „nach 2024“ an. Offen blieb bislang, wann er tatsächlich erfolgen soll. Aktuell ist vom Jahr 2028 die Rede.

In der nächsten Folge geht es am Dienstag, 1. August, darum, wie jemand mit Höhenangst eine Ballonfahrt erleben kann.