Sprachlich entstaubt und mit LED-Bildschirmen

So kurz, knackig und modern soll die „Wilhelm Tell“-Version im Naturtheater Heidenheim werden

Das Naturtheater Heidenheim bringt eine modernisierte und sprachlich entstaubte Version von „Wilhelm Tell“ auf die Freilichtbühne. Dafür kommen unter anderem zwei große LED-Leinwände zum Einsatz.

Trudi schickt eine Chat-Nachricht an Stauffi. Klingt zunächst nicht ungewöhnlich, oder? Aussehen tut es das auch nicht. Links die eine Chat-Nachricht, rechts die andere, darunter die bekannten zwei Häkchen. Allerdings handelt es sich bei diesen beiden Chat-Teilnehmern um Werner Stauffacher und seine Gattin Gertrud, ihres Zeichens Landsleute aus Schwyz – und Charaktere aus Schillers Drama „Wilhelm Tell“. Da dieses bekanntlich um 1300 und damit lange vor Whatsapp und Co. spielt, stellt sich zwangsläufig die Frage: Ja, was wird denn hier gespielt?

Die Auflösung folgt zugleich: „Wilhelm – Tell Me Your Story“ wird hier gespielt, und zwar auf der Freilichtbühne des Heidenheimer Naturtheaters. Schon der Titel verrät, dass es sich dabei keinesfalls um die klassische Version des Dramas handelt. Vielmehr steht eine modernisierte, knackig-kurze Adaption auf dem Programm, die auf der Bühne mit zwei überlebensgroßen LED-Bildschirmen aufwartet.

Ob Schweizer Idyll oder Regensturm: Die LED-Leinwände lassen sollen die Handlung unterstützen und kommentieren. Foto: Rudi Penk

Diese haben laut Regisseur Oliver von Fürich zunächst eine ganz simple Funktion: „Die Sommerspielzeit ist gerade erst zu Ende gegangen. Das Bühnenbild innerhalb von zwei Wochen abzubauen, wäre nicht möglich gewesen.“ Von dem sollen die beiden LED-Leinwände schlicht und einfach ablenken. Darüber hinaus sollen die Bildschirme aber noch weitaus mehr sein: nämlich ein integraler Bestandteil der Aufführung, erklärt der Videodramaturg Marco Kreuzer, der eigens für diese „Tell“-Produktion vom Naturtheater angeheuert wurde.

„Die Leinwände werden das ganze Stück über bespielt, da dieser Bereich sonst recht leer aussehen würde“, erklärt Kreuzer. Mal zeigt der größere der beiden Bildschirme – er misst vier mal sieben Meter – das Schweizer Idyll, dann simuliert er stürmischen Regen, wenig später wird dort eine vorgefilmte Szene gezeigt, die quasi nahtlos in das Geschehen auf der Freilichtbühne übergeht. „Wir wollen vor allem Videoszenen und wenig Bilder zeigen. Das Ganze soll die Handlung auf der Bühne unterstützen, begleiten und kommentieren.“

„Sprachlich entstaubte“ Version im Naturtheater Heidenheim

Ein Kommentar? Kann „Wilhelm Tell“ denn nicht für sich alleine stehen und sprechen? Vielleicht nicht, findet Oliver von Fürich. „Für diese Version spricht unser Ensemble das Publikum direkt an und erklärt ihm, was auf sie zukommt. Eigentlich ist es schade, dass man das tun muss. Der ‚Tell‘ ist wohl trotz seiner aktuellen Thematik nicht mehr so sehr in den Köpfen der Menschen“, bedauert von Fürich und stellt dennoch gleichzeitig klar: Das Theater habe eine Vermittlungsaufgabe.

Um den Schiller-Stoff zu vermitteln, wurde eigens für das Naturtheater ein neues, „sprachlich entstaubtes und leichter verständliches“ Textbuch geschrieben. Dieses stammt aus der Feder der Textbuchautorin Marion Schneider-Bast, die sich auf die Modernisierung von Klassikern spezialisiert hat. Der dritte, externe Unterstützer in dieser Hinsicht ist der Aalener Theaterintendant Tonio Kleinknecht, der „Wilhelm – Tell Me Your Story“ zwar nicht als Dramaturg, aber trotzdem professionell im Hintergrund betreut.

Moderne Kriegsszenen auf dem Bildschirm, Freiheitskampf der Urkantone auf der Bühne. Foto: Rudi Penk

Dass dieser „Tell“ nicht nur sprachlich und durch seine auf anderthalb Stunden komprimierte Fassung einen modernen Anstrich bekommt, sondern eben auch durch seine technische Ausstattung, zeigt sich vor allem an der zweiten, kleineren LED-Leinwand. Diese misst vier auf zweieinhalb Meter – und ist hochkant aufgestellt. „Das ist natürlich ein brutaler Fremdkörper vor dieser Waldkulisse des Naturtheaters“, erläutert Marco Kreuzer. Ein Fremdkörper, der bewusst ein solcher sein soll.

Während der Aufführung dient die kleine Leinwand oftmals als genau das, was sie ist: ein Computerbildschirm. Push-Nachrichten über aktuelle Ereignisse aus dem „Tell“-Kosmos oder eben auch Chat-Nachrichten zwischen den Charakteren laufen dort ein. Trudi schreibt Stauffi. „Dieser Bildschirm soll unsere heutigen Sehgewohnheiten ansprechen“, sagt Oliver von Fürich. Der ständige Blick aufs Smartphone – hier auf der Freilichtbühne ist er explizit erwünscht. Und um bei modernen Kommunikationsmitteln zu bleiben. Der Rütlischwur, so viel sei verraten, wird bei dieser „Tell“-Inszenierung per Zoom-Konferenz abgehalten.

Vergünstigte Tickets für „Wilhelm – Tell Me Your Story“

„Wilhelm – Tell Me Your Story“ wird am 20., 21., 27. und 28. September jeweils ab 19.30 Uhr im Naturtheater Heidenheim gespielt. Ab Dienstag, 17. September, gibt es kurzfristig vergünstigte Tickets für das Stück. Diese sind unter anderem im Ticketshop des Pressehauses in Heidenheim sowie online unter laendleevents.de erhältlich.

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