Vor annähernd zwei Jahren begann die Nordfassade des Heidenheimer Rathauses hinter einem Baugerüst zu verschwinden. Den Blicken der Passanten weitgehend entzogen, begann anschließend die Sanierung der Gebäudefront. Teile der Betonelemente wurden entfernt, die alten Fenster gegen neue mit thermischer Trennung und Dreifachverglasung ausgetauscht, Dämmplatten angebracht und Halterungen für die künftige Verkleidung verankert. Wie diese aussieht, zeigt sich jetzt jeden Tag ein bisschen deutlicher: Schrittweise verschwindet in den nächsten Wochen von oben nach unten das Gerüst. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie lange dauert der Abbau des Gerüsts?
Stück für Stück werden seit Ende März die Gerüstteile an der Nord- und der Ostfassade entfernt. Parallel dazu erfolgt die Montage der restlichen Fassadenelemente. Veranschlagt sind dafür rund sieben Wochen. Die Verkleidung zwischen Erdgeschoss und zweitem Obergeschoss wird erst zu einem späteren Zeitpunkt montiert, zuvor sind Abdichtungsarbeiten zur Tiefgarage hin erforderlich.
Weshalb gab es eine Verzögerung?
„Die Rathaussanierung ist hochkomplex, und Verzögerungen sind bei einem solch großen Projekt nicht ungewöhnlich“, sagt Rathaussprecher Stefan Bentele auf Anfrage. Konkret führt er drei Faktoren an. Zum einen stellte sich heraus, dass der Beton hinter den sogenannten Vorsatzschalen schadhafte Stellen aufwies und deshalb punktuell saniert werden musste. Zum anderen lieferten einige Firmen später als zugesagt.
Außerdem zeigte sich während des Winters, dass der neue Dachaufbau nicht komplett dicht war. Ursachensuche und Sanierung „erwiesen sich auch aufgrund der Witterung als sehr schwierig und aufwändig“, so Bentele, zumal die Photovoltaikanlage wieder entfernt und später neu installiert werden musste.
Wann wird das Gerüst an den übrigen Außenwänden entfernt?
Nach Abschluss der Arbeiten an der Süd- und Westseite kann voraussichtlich im Sommer auch dort das Gerüst abgebaut werden. Anschließend sind die Sanierung der Fassaden der Saalanbauten sowie das Sockelgeschoss, einschließlich des Eingangsbereichs an der Reihe. Fertiggestellt sein soll die gesamte Fassade im April 2025.
Woraus besteht die neue Fassade?
Der Entwurf für die neue Fassade wurde dem Gemeinderat im Oktober 2019 vorgestellt. Das Sockelgeschoss wird durch Lisenen gegliedert, vertikal angeordnete und leicht hervortretende Verstärkungen in verschiedenen Grüntönen. Darüber schließen sich Bauteile aus Holzfaserzementwerkstoff sowie Brüstungselemente aus eloxiertem Aluminium an. Ausgewählt wurde der Farbton E6 C31: Leichtbronze.
Woran wird derzeit im Rathaus gearbeitet?
Bereits fertiggestellt sind die Registratur, das Rechenzentrum, der Elektrobereich im Untergeschoss, die Fahrstühle und das Dach samt Photovoltaikanlage. Während die Büros auf der Nordseite des Gebäudes wieder belegt sind, stehen auf der Südseite demnächst weitere Umzüge in Ausweichquartiere an. Die Räume erhalten teilweise neue Zuschnitte, in den einzelnen Etagen entstehen zusätzliche Besprechungszimmer, und im achten Obergeschoss findet ein Sozial- und Aufenthaltsraum für die Beschäftigten Platz.
Aktuell laufen im ersten Obergeschoss die Ausbauarbeiten für das neue Trauzimmer, im Erdgeschoss für die Botenmeisterei und das Bürgeramt. Parallel dazu gehen die Erneuerung der Elektrik und die Installation eines flächendeckenden Wlan-Netzes vonstatten.
Welche Sanierungsschritte folgen?
Mitte April beginnt die Sanierung der Betonsäulen vor dem Haupteingang des Rathauses. „Sie dauert voraussichtlich neun Wochen und geht mit massivem Lärm einher“, prognostiziert Bentele. Möglicherweise stehen währenddessen für den Zutritt ins Gebäude die Tiefgarage und der Eingang auf der Ostseite zur Verfügung. Nach Abschluss der Arbeiten erhält der Bereich zwischen den Säulen Wände, und es entsteht dort das neue Bürgerfoyer.
Was ist aus dem Siegerbeitrag des städtebaulichen Realisierungswettbewerbs geworden?
Die Vorentwurfsplanung wurde Ende 2023 abgeschlossen, jetzt läuft die Entwurfsplanung. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass der Gemeinderat Mitte des Jahres, spätestens aber im Herbst darüber beraten und beschließen kann. Vorgesehen ist, unmittelbar nach der Rathaussanierung im Frühjahr 2025 das Augenmerk auf die Abdeckung der Tiefgarage zu legen. Ab Mitte 2025 soll dann in drei Abschnitten die Umgestaltung des Rathausquartiers folgen.
Zunächst ist die Nordseite des Dr.-Michael-Rogowski-Platzes an der Reihe, dann die Fläche südwestlich des Rathauses, wo eine Grünanlage und ein Spielplatz entstehen könnten. Das heute dort stehende Meeboldhaus wird voraussichtlich im Frühjahr 2025 abgerissen, weshalb die Ausländerbehörde und der Geschäftsbereich Demografie dann ins Rathaus und ins frühere LBBW-Gebäude wechseln.
In den genannten Bereichen soll eine sogenannte Schwammstadt entstehen: Der Untergrund speichert Wasser, das zeitversetzt an Bäume weitergegeben wird, was der Erhitzung der Innenstadt entgegenwirkt. Und schließlich erhält die Westseite der Grabenstraße Grünbeete. Bäume können dort aufgrund des unterirdisch verlaufenden Wedelkanals nicht gepflanzt werden.
Abriss und Neubau wären teurer gewesen
Der Heidenheimer Gemeinderat fasste bereits 2014 den Grundsatzbeschluss, das Rathaus zu sanieren. Überlegungen, das am 3. November 1972 eingeweihte und keine nennenswerte Dämmung aufweisende Gebäude abzureißen und durch einen Neubau zu ersetzen, wurden verworfen. Begründet wurde das seitens der Verwaltung mit der soliden Baustruktur. Außerdem hätten die Kosten die für die Sanierung veranschlagten und wiederholt genannten 33,5 Millionen Euro überstiegen.
Den „Realisierungswettbewerb Rathausquartier, Grabenstraße und Hintere Gasse“, der das Gesicht des Heidenheimer Stadtzentrums deutlich verändern wird, gewann 2022 das Büro „Terra.Nova Landschaftsarchitektur“ aus München. Erklärtes Ziel ist es, zwei Quartiere zusammenzubringen: die mit einem einheitlichen Bodenbelag versehene Altstadt und den östlich der Grabenstraße bis hin zur Pauluskirche gelegenen Bereich. Geplant sind auch Baumreihen. Der erste Bauabschnitt umfasst eine Fläche von gut 13.000 Quadratmetern.